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Corona-Gefahr im Hochwassergebiet

Ben Knight phi
22. Juli 2021

Mit mobilen Impfzentren wollen die Behörden im Flutgebiet die Corona-Ausbreitung eindämmen. Denn bei den Aufräumarbeiten herrscht Ansteckungsgefahr. Doch viele Anwohner sagen, sie hätten derzeit andere Probleme.

Deutschland Hochwasser Katastrophe Ahrweiler Coronavirus Impfbus
Schlangestehen am Impfbus in AhrweilerBild: Christian Mang/REUTERS

In den Hochwassergebieten im Westen Deutschlands wird weiter aufgeräumt. In einigen Regionen gibt es immer noch keinen Strom, kein Wasser, Schutt türmt sich meterhoch. Die Betroffenen sollen schnell Hilfsgelder für den Wiederaufbau erhalten. Derweil wächst die Befürchtung, dass die Zahl der Coronavirus-Fälle im Flutgebiet ansteigen könnte. Denn bei den Aufräumarbeiten sind Hygieneregeln oft schwer einzuhalten.

Schlamm, Schutt, Zerstörung: nach dem Hochwasser in Kreuzberg an der AhrBild: Christian Mang/REUTERS

"Das würde eher alles behindern", sagt ein Anwohner im stark zerstörten Ahrtal der DW. "Und es würde die Leute noch mehr frustrieren, wenn sie auch hier bei den Aufräumarbeiten auf Abstände achten müssten." Ein Helfer, der Schutt wegräumt, sieht es ähnlich. "Man hat jetzt schon oft gehört, dass Covid einfach durch diese Flutwelle weggespült wurde."

Viele Menschen auf engstem Raum

Das allerdings sei nicht richtig, sagt Olav Kullak, der die Covid-Impfungen in der Region koordiniert - auch einen Impfbus, der nun im Ahrtal unterwegs ist. "Man muss der Bevölkerung hier auf eine sehr feinfühlige Art und Weise nahe bringen, dass ihnen zwar alles weggeschwommen ist, nur dummerweise dieses Virus nicht", sagt Kullak der DW. Sensibilität dürfte essenziell sein, denn staatliche Behörden sind bei vielen Betroffenen in die Kritik geraten. Sie werfen ihnen unzureichende Warnungen und zögerliche Hilfe vor.

Deutschland: tödliche Flut

02:57

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Doch die Gefahr der Pandemie ist immer noch sehr real. "Derzeit kommen viele Menschen auf engstem Raum zusammen, um die Krise gemeinsam zu bewältigen", sagte David Freichel, ein Sprecher der rheinland-pfälzischen Landesregierung, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wir müssen jetzt aufpassen, dass die Bewältigung der Katastrophe nicht zu einem Superspreader-Event wird."

Geimpft wird im Bus

Auch das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium äußerte sich besorgt und beschrieb, wie viele Menschen in den Notunterkünften auf engstem Raum schlafen müssen. Um neue Corona-Ausbrüche einzudämmen, bemühen sich die Behörden in beiden betroffenen Bundesländern derzeit um eine Not-Gesundheitsvorsorge, einschließlich mobiler Impfzentren. Denn bestehende Impfzentren sind durch das Hochwasser zerstört oder beschädigt.

Fordert zur Impfung auf: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef LaumannBild: Imago Images/Noah Wedel

"Die Menschen in den Katastrophengebieten haben derzeit ganz sicher andere Sorgen als das Coronavirus, das verstehe ich", sagte Karl-Josef Laumann, Gesundheitsminister in Nordrhein-Westfalen (NRW). "Wenn sich die Menschen nun aber insbesondere in den Notunterkünften gegenseitig anstecken, belastet das die angespannten Strukturen vor Ort zusätzlich." Deshalb gebe man so viel Impfstoff in die betroffenen Regionen, wie gebraucht werde.

"Da, wo zudem Hilfe beim Impfen oder Aufbau der mobilen Impfstrukturen nötig ist, werden wir kurzfristig Unterstützung organisieren." Der Minister rief alle Menschen im Land auf, sich impfen zu lassen. In NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands, sind bereits fast neun Millionen Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung, vollständig geimpft.

Helfer aus allen Teilen des Landes

Eine Flutkatastrophe während einer Pandemie - die Situation im Westen Deutschlands könnte nach Ansicht von Experten jedoch noch schlimmer sein. "Natürlich sind das Szenarien, mit denen man im vergangenen Jahr nicht rechnen musste. Ich würde das aber nicht den perfekten Sturm nennen", sagt Daniel Lorenz von der Katastrophenforschungsstelle (KFS) der Freien Universität Berlin der DW. "Man ist sicherlich in der vergleichsweise glücklichen Situation, - wenn man das überhaupt so ausdrücken kann - dass schon viele Personen geimpft sind, und das wir im Sommer sind, so dass nicht so viel in Innenräumen stattfinden muss."

Einer mehr: Ein Mann erhält im Impfbus in Ahrweiler das Vakzin gegen CoronaBild: Christian Mang/REUTERS

Lorenz weist darauf hin, dass Rettungskräfte aus ganz Deutschland anreisten, um in den vom Hochwasser betroffenen Regionen zu helfen. Das erhöhe das Risiko der Ausbreitung des Virus: "Wir haben sehr, sehr viel Dynamik und sehr, sehr viel Fluktuation, was das Personal angeht."

Eine von vielen Gesundheitsgefahren

Nach Naturkatastrophen ist die Gesundheit von Menschen auf vielfältige Art bedroht. Das ist nichts Neues, und Einsatzkräfte und Behörden würden mit solchen Bedrohungen rechnen, sagt Holger Berens, Vorsitzender des Bundesverbandes zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (BSKI), der DW. "Sie müssen sich vorstellen, wenn das Wasser jetzt abläuft: Da haben wir Tierkadaver im Schlamm von Schlachthöfen. Wir haben ausgelaufene Öltanks. Wie haben Chemikalien, die irgendwo gelagert wurden, und die jetzt ins Wasser gelangen. Der Schlamm ist hochgiftig."

Diese Probleme bewertet er als "Priorität eins", also als Gefahr, die vorrangig bekämpft werden muss. "Corona ist auch ein Problem, aber aus meiner Sicht sind diese anderen Sachen die primäre Gesundheitsgefährdung."

Berens berät seit mehr als 25 Jahren Unternehmen und Behörden in Sachen Infrastruktur-Schutz. Über das Ausmaß der Schäden, die das Hochwasser am vergangenen Wochenende angerichtet hat, war auch er überrascht. Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) könnte vom Ausmaß der Katastrophe überrascht worden sein, sagt Berens. Das BKK erstellt Pläne für die Katastrophenhilfe, die unmittelbare Verantwortung für ihre Regionen tragen jedoch die Landesregierungen.

"Die Gesundheitsversorgung steht, aus meiner Sicht - die Pläne sind ja alle da, natürlich nicht zu 100 Prozent, aber sie funktionieren", sagt Berens. Er sei sich zudem sicher, dass diese Flutkatastrophe genutzt werde, um künftige Pläne zu modellieren und anzupassen. Allerdings: Niemand könne genau vorhersagen, wie die nächste Katastrophe aussehe.

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