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Politik

Masken aus Peking, Geld aus Brüssel

25. März 2020

Helfen alle Italien - außer Europa? Nein: China, Russland, Kuba und Vietnam schicken Schutzmasken, die EU bereitet den größten Rettungsschirm der Geschichte vor. Und Deutschland behandelt Corona-Patienten aus Italien.

Coronavirus | Internationale Hilfe für Italien
Auf dem Plakat in Mailand reicht China Italien die Hand: "Der Feind ist das Virus, nicht die Menschen"Bild: Reuters/F. L. Scalzo

Noch vor wenigen Wochen wurden Chinesen in Italien beschimpft und bespuckt. Sie galten als Sündenböcke für das Coronavirus, das im Land eine nationale Katastrophe ausgelöst hat. Mittlerweile gilt China als Retter in der Not. "Die chinesischen Experten haben sehr viel Erfahrungen gesammelt, die Italien nun dringend braucht", erklärte Marcello de Angelis, Pressesprecher des Italienischen Roten Kreuzes, im Gespräch mit der DW. "In der Epidemiebekämpfung hat China bislang beträchtliche Erfolge erzielt. Daher möchten wir mit den chinesischen Experten auf internationaler Ebene zusammenarbeiten."

Dank an China, Kritik an Europa

Nachdem sich die Ausbreitung des Virus in China verlangsamt hat, unterstützt das Land 82 Staaten mit Testsets, Beatmungsgeräten und Schutzkleidung. Bereits vergangene Woche hatte China 300 Ärzte und tonnenweise medizinisches Material nach Italien geschickt.

Und Europa? Im Vergleich zur Hilfe aus China nimmt sich die Unterstützung von Italiens Nachbarn bescheiden aus - noch. "Am Beginn der Pandemie waren wir ziemlich enttäuscht von der zögerlichen und langsamen Reaktion der EU", erklärt Elisabetta Gualmini, Mitglied der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, gegenüber der DW.

Doch mittlerweile habe sich die Situation rapide verändert. "Die Demontage des Stabilitätspaktes kommt einer Revolution gleich, sie wird die Geschichte des europäischen Integrationsprozesses verändern", prognostiziert Gualmini. Und sie ist sich sicher: "Wenn es darum geht, die dramatischste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg zu überwinden, dann ist es besser, Europa im Rücken zu haben, als auf sich alleine gestellt zu sein."

Hilfe fürs Image

Schon jetzt ist klar: Die politischen Dimensionen der Hilfe für das Corona-Katastrophengebiet Italien gehen weit über die medizinische Notversorgung hinaus. Sie ist zu einem strategischen Instrument der Außenpolitik avanciert. Eine Art Wettlauf um die Gunst der italienischen und internationalen Öffentlichkeit scheint in Gang gekommen zu sein.

Liebesgrüße aus Moskau: From Russia with loveBild: picture-alliance/AP/Russian Defense Ministry Press Service/A. Yereshko

Besonders positiv inszenierte sich Russlands Präsident Wladimir Putin. Am Wochenende zeigte "Swesda", der TV-Sender des russischen Verteidigungsministeriums, wie Lastwagen und Fracht auf einem Militärstützpunkt in große Frachtflugzeuge vergeladen wurden. Mit den LKWs können öffentliche Plätze desinfiziert werden. Die Fahrzeuge sind mit italienischen und russischen Flaggen in Herzform beklebt. Die Botschaft: "From Russia with love".

Auch Kuba schickte Ärzte nach Italien. Am Wochenende trafen in der besonders betroffenen Region Lombardei 52 kubanische Mediziner ein. Kuba hatte schon in China mit seiner Expertise ausgeholfen und sich während aufgrund seines Einsatzes während der Ebola-Krise 2014 in Westafrika weltweit Anerkennung erworben.

Testsets aus Vietnam

Sogar Vietnam, das selbst mit der Coronakrisezu kämpfen hat, zeigte sich solidarisch mit Europa und schickte in der vergangenen Woche Test-Kits. Nach Angaben von "Tuoi Tre/Tuoi Tre News", dem offiziellen Informationsportal der Regierung in Hanoi wurden 50 Einheiten in die Ukraine und weitere 100 Einheiten nach Finnland exportiert. Nach Italien sollen 4000 Einheiten mit jeweils 50 Tests geschickt werden, die zunächst für den internen Gebrauch in Vietnam selbst vorgesehen waren.

Europa und auch Deutschland haben den Sympathie-Wettbewerb vorerst verloren. So landeten am vergangenen Mittwoch und Donnerstag in Rom und Mailand fast unbemerkt zwei Frachtflugzeuge der italienischen Luftwaffe mit rund sieben Tonnen medizinischen Gerätes aus Deutschland, darunter die in Norditalien dringend benötigten Beatmungsgeräte.

"From Germany with love"?

Berichtet wurde darüber nicht. Und auch in den sozialen Medien postete niemand Fotos der Fracht mit dem Kommentar "From Germany with love". Nur der italienische Verteidigungsminister Lorenzo Guerini bedankte sich "bei den deutschen Freunden und Verbündeten für die Unterstützung in diesem Augenblick großer Not".

Deutschland hilft: Die italienische Luftwaffe brachte Corona-Patienten zur Behandlung nach Leipzig (24.03.)Bild: picture-alliance/dpa/P. Endig

In der italienischen Öffentlichkeit dominiert das Bild, von Deutschland in Stich gelassen worden zu sein. Erst am 12. März wurde der zu Zeiten nationaler Notlagen routinemäßig verhängte Exportstopp für medizinisches Material aufgehoben. Er hatte dazu geführt, das von Italien bestellte Schutzmasken beschlagnahmt worden waren.

"Das ist in der Tat ein schlechtes Beispiel. Es zeigt, dass in einer Krise jedes Land zuerst an sich selbst denkt", sagt Sven Biscop im DW-Gespräch. Der Direktor des belgischen Thinktank "The Royal Institute for International Relations Egmont" ist sich allerdings sicher, dass sich dies bald ändern wird. "Alle Länder werden auf die Hilfe der EU angewiesen sei, um die Wirtschaftskrise zu bewältigen", so Biscop.

Derweil arbeitet Deutschland daran, seinen schlechten Ruf wieder aus der Welt zu schaffen. Nach der Ankündigung Sachsens, Corona-Patienten aus Italien aufzunehmen, boten nun auch Bayern und Nordrhein-Westfalen Hilfe an. Nach Nordrhein-Westfalen sollen zehn Patienten von der italienischen Luftwaffe ausgeflogen werden. "Das ist ein kleiner Tropfen", so Ministerpräsident Armin Laschet gegenüber der Presse. "Aber wir wollen signalisieren: Ihr seid nicht allein."

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