1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Corona-Impfstoff schon im Dezember?

20. November 2020

Kanzlerin Merkel und EU-Kommissionschefin von der Leyen machen Hoffnungen auf eine rasche Zulassung eines Corona-Impfstoffes. In den USA beantragen die Firmen Biontech und Pfizer die Notfallzulassung für ihren Impfstoff.

USA Coronavirus Impfstoff-Test
Eine Spritze mit einem Corona-Impfstoff wird für einen Test vorbereitet Bild: H. Pennink/AP Photo/picture-alliance

Nach Video-Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie rechne schon für den Dezember oder "sehr schnell nach der Jahreswende" mit der Zulassung eines Corona-Impfstoffes in Europa. Von der Leyen sagte, dass die Impfstoffe von Biontech/Pfizer sowie von Moderna der Europäischen Arzneimittel-Agentur zufolge in der zweiten Dezemberhälfte eine bedingte Marktzulassung bekommen könnten - wenn alles problemlos weitergehe.

Das Mainzer Unternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer hatten am Mittwoch mitgeteilt, dass die Wirksamkeit ihres Impfstoffs bei 95 Prozent - und damit noch höher als bis dahin bekannt - liege. Der US-Konzern Moderna hatte zuletzt für sein Präparat eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent errechnet.

China impft bereits im großen Stil

Die Volksrepublik China ist da offenbar schon deutlich weiter. Der Pharmakonzern Sinopharm hat nach eigenen Angaben bereits annähernd eine Million Menschen gegen das Coronavirus in China geimpft. Der Impfstoff wurde laut Firmenchef Liu Jingzhen über ein so genanntes Notfallprogramm verteilt. Es habe dabei keine Berichte von schwerwiegenden Nebenwirkungen gegeben, "nur wenige haben leichte Symptome".

Die Staatsmedien berichten bereits seit Wochen über Impfungen bestimmter Bevölkerungsgruppen - etwa von Militärangehörigen und Klinikpersonal, aber auch von Diplomaten und Angestellten von Staatskonzernen. Ihnen werden Impfstoff-Kandidaten verabreicht, für die die Prüfung in klinischen Studien nicht abgeschlossen ist.

Auf Impf-Skeptiker zugehen

Die EU-Staats- und Regierungschefs alarmiert die steigende Zahl von Menschen, die Impfstoffen grundsätzlich misstrauen. Die Menschen müssten besser über den Wert von Impfungen aufgeklärt werden, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel. Aus EU-Kreisen hieß es, dass es nun gemeinsame Anstrengungen in dem Bereich geben solle.

Mit Blick auf die auch qualitativ sehr unterschiedlichen Antigen-Schnelltests beabsichtigen die EU-Staaten eine gegenseitige Anerkennung der Tests und ihrer Ergebnisse. EU-Kommissionschefin von der Leyen sagte, die Schnelltests müssten mindestens bei vier von fünf Infizierten anschlagen. Die EU-Kommission will eine Bewertung der Tests vornehmen und gemeinsame Standards festlegen.

Wie funktioniert der Corona-Impfstoff?

02:11

This browser does not support the video element.

Furcht vor dritter Welle

Die EU-Spitzen erklärten passend dazu, dass aktuelle Corona-Einschränkungen nur vorsichtig und schrittweise wieder gelockert werden sollten, um keine dritte Corona-Welle zu riskieren. Man habe gelernt, dass zu hastiges Lockern negative Auswirkungen auf die epidemiologische Lage habe, sagte von der Leyen.

Deshalb werde die EU-Kommission einen Vorschlag für einen schrittweisen Ansatz vorlegen. "Das wird sehr wichtig sein, um das Risiko einer weiteren Welle zu vermeiden." Michel sagte: "Wir wollen Ende des Jahres alle die Festtage feiern - aber sicher." Mit Blick auf die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage suchen die EU-Länder eine gemeinsame Linie bei der Handhabe der Anti-Corona-Maßnahmen. Es gebe eine hohe Bereitschaft, sich abzustimmen, sagte Merkel.

Kanzlerin Angela Merkel informiert über die Ergebnisse des EU-GipfelsBild: Andreas Gora/Getty Images

Antrag auf Notfallzulassung in USA

Die Mainzer Firma Biontech und der US-Pharmariese Pfizer beantragten unterdessen bei der US-Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung für ihren Corona-Impfstoff. Das teilten beide Unternehmen in einer gemeinsamen Erklärung mit. Die Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde der Vereinigten Staaten (FDA) ist auch für die Zulassung von Impfstoffen zuständig. US-Gesundheitsminister Alex Azar erklärte in Washington, er gehe davon aus, dass auch das US-Pharmaunternehmen Moderna bald eine Zulassung für seinen Impfstoffkandidaten beantragen werde.

Der Mitgründer des Mainzer Impfstoffentwicklers Biontech, Ugur Sahin, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er halte es für möglich, "dass der Impfstoff noch in diesem Jahr in den USA oder in Europa "oder in beiden Regionen" zugelassen" werde. Sein Team arbeite "fieberhaft" an einer Zulassung, erklärte der Wissenschaftler weiter. Es sei "im Bereich des Möglichen, dass wir noch im Dezember vielleicht den Impfstoff ausliefern können", so Sahin. "Aber da müssen wirklich alle sehr, sehr eng und intensiv zusammenarbeiten."     

Impfstoff gegen Corona: Pandemie unter Kontrolle?

42:36

This browser does not support the video element.

Fauci lobt Impfstoff-Entwicklung

Der renommierte US-Epidemiologe Anthony Fauci nannte die Impfstoffkandidaten von Pfizer-Biontech sowie von Moderna "solide". Das hohe Tempo, in dem die Impfstoffe entwickelt worden seien, habe die Sicherheit der Mittel oder ihre "wissenschaftliche Integrität" nicht beeinträchtigt, betonte Fauci bei einem Briefing im Weißen Haus. Es sei Ausdruck "außerordentlicher wissenschaftlicher Fortschritte", dass die Mittel so schnell hergestellt worden seien. Die von den Unternehmen vorgelegten Daten seien von einem unabhängigen Expertengremium überprüft und für fehlerfrei befunden worden.

Bundesregierung hält Corona-Infektionszahlen noch für viel zu hoch

In Deutschland meldete das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitagmorgen einen neuen Höchststand: Innerhalb eines Tages wurden demnach hierzulande 23.648 neue Corona-Fälle registriert. Die Zahl der Verstorbenen gab das RKI mit insgesamt 13.630 an (Stand: 20.11.2020, 0 Uhr MEZ).

Die Bundesregierung macht den Bürgern wenig Hoffnung auf eine rasche Lockerung der Corona-bedingten Beschränkungen. Die mit dem Teil-Shutdown im November verbundenen Ziele seien bislang nicht erreicht. Die Zahlen seien noch "weit, weit zu hoch", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in der Bundespressekonferenz. "Wir haben im Grunde nur den ersten Schritt bisher geschafft, also den starken, steilen, exponentiellen Anstieg zu stoppen und eine Stabilisierung zu erreichen." Ziel bleibe es, die sogenannte 7-Tages-Inzidenz - die Zahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche - auf 50 zu drücken. Davon sei Deutschland derzeit ein ganzes Stück entfernt.

kle/qu/uh (afp, dpa, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen