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Corona: Jedes Bundesland macht sein Ding

Mark Hallam ch
3. September 2020

Im Kampf gegen COVID-19 gehen die deutschen Bundesländer unterschiedliche Wege. Führt das zu passgenauen Lösungen oder behindert der Föderalismus durchgreifende Maßnahmen in der Pandemie?

Coronavirus Maskenpflicht Ministerpräsidenten kämpfen mit Masken
Bild: picture-alliance/dpa

In Bayern wird gerade eine Maskenpflicht in weiterführenden Schulen eingeführt, in Nordrhein-Westfalen wird sie aufgehoben - deutscher Föderalismus in Zeiten von Corona.

In Bayern gilt die Maskenpflicht im Unterricht für zunächst neun Schultage, Schulbeginn ist der 8. September. Sollte es in einer Region auch danach noch hohe Ansteckungszahlen geben, kann die Maskenpflicht dort verlängert oder neu verhängt werden. Nordrhein-Westfalen, wo die Schule bereits wieder angefangen hat, hat die Maskenpflicht im Unterricht nach 14 Tagen aufgehoben, nachdem die Fallzahlen rückläufig waren. Einzelne Schulen können aber freiwillig an ihr festhalten.

Zum Vergleich: In ganz Frankreich mit seinem zentralisierten System begann für alle Schüler ab elf Jahren der Unterricht nach den Ferien - mit Mund-Nasen-Schutz.

Gegen die Ministerpräsidenten der Bundesländer kann Bundeskanzlerin Angela Merkel nichts durchsetzenBild: picture-alliance/dpa/M. Tantussi

Auch beim Bußgeld für Maskenverweigerer ist die Situation in Deutschland uneinheitlich: Vergangene Woche verständigten sich 15 der 16 Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Einführung eines Bußgelds von 50 Euro bei allgemeinen Verstößen, gültig vom 1. September an. Wer sich weigert, mit Maske öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, dem droht dagegen eine Strafe von mindestens 150 Euro. Schwierig wird es vor allem im "grenzüberschreitenden" öffentlichen Verkehr. Verbraucherorganisationen haben sich beschwert, es könne von den Kunden nicht erwartet werden, über die verschiedenen Bestimmungen in jedem einzelnen Bundesland Bescheid zu wissen.

Ein Land, 17 Regierungen

Ähnlich wie die Bundesstaaten in den USA und in scharfem Gegensatz etwa zu Frankreich haben die 16 deutschen Bundesländer große politische Macht. In Artikel 70 des Grundgesetzes heißt es sogar: "Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht." Grundsätzlich geht die Gesetzgebung also von den Ländern aus.

Das bevölkerungsreichste Land Nordrhein-Westfalen hat 18 Millionen Einwohner, Bremen nur knapp 700.000

In die Zuständigkeit der Länder fallen etwa Bildung, Polizei, Kultur - und eben auch Gesundheit. Und die Länder haben eigene Gerichte. Viele der Anti-Corona-Maßnahmen wurden gerichtlich angefochten. Ein Gerichtsurteil in Nordrhein-Westfalen, nach dem Schulen einen Schüler nicht nach Hause schicken dürfen, wenn er sich weigert, eine Gesichtsmaske zu tragen, könnte bei der Kehrtwende der Landesregierung eine Rolle gespielt haben.

In dem Versuch, eine einheitliche Linie bei den staatlichen Corona-Maßnahmen zu finden, gibt es regelmäßige Treffen zwischen Bundeskanzlerin Merkel und den 16 Länderministerpräsidenten. Für fast alle großen nationalen politischen Vorhaben braucht sie die Zustimmung aller Länderchefs. Und bei den meisten dieser Treffen kam sie mit je mindestens einem Vorhaben nicht durch. Vergangene Woche scheiterte zum Beispiel der Versuch, eine einheitliche Höchstzahl für private Zusammenkünfte zu bestimmen. Je nach Bundesland und abhängig davon, ob das Treffen draußen oder in einem geschlossenen Raum stattfindet, liegt die Grenze jetzt zwischen zehn und mehreren hundert Personen.

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Dünn besiedelte Bundesländer mit nur zwei Millionen oder weniger Einwohnern wie Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt können damit bundesweite Gesetzgebungsvorhaben verhindern. Besonders Rainer Haseloff, der christdemokratische Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, wo es vergleichsweise niedrige Fallzahlen gibt, ist seiner Parteifreundin Angela Merkel immer wieder in die Parade gefahren.

Ein Auge aufs Kanzleramt

Bisherige Versuche, die Macht der Bundesländer zu beschneiden, sind meist im Sande verlaufen, vor allem da die Bundesländer selbst ihrer eigenen Machteinbuße zustimmen müssten. Die Bundesländer mit ihren Landtagen, Landesregierungen und Verwaltungsapparaten sind auch wichtige politische Kaderschmieden. Wer es auf Landesebene politisch an die Spitze geschafft hat, dem bietet sich das Land oft als Sprungbrett für höchste Posten auf Bundesebene.

Markus Söder (CSU) werden gute Chancen eingeräumt, Kanzlerkandidat der Union aus CDU und CSU zu werdenBild: Getty Images/AFP/J. MacDougall

Die früheren Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD) kamen als Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz beziehungsweise Niedersachsen an die Spitze der Bundesregierung. Die jetzigen Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen, der eher konservative CSU-Mann Markus Söder und der liberale CDU-Politiker Armin Laschet, scheinen beide Ambitionen auf die Nachfolge von Angela Merkel nach der Bundestagswahl 2021 zu haben.

Ihr Verhalten in der Corona-Pandemie muss daher auch immer als Versuch gesehen werden, sich als möglicher Kanzler zu positionieren. Wer hier in der Landespolitik eigene Akzente setzt, notfalls gegen Berlin, und dabei Erfolg hat, der dürfte im Rennen um die Kanzlerschaft die Nase vorn haben.

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