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Politik

Fleischindustrie unter Druck

18. Mai 2020

Die hohe Zahl von Corona-Infektionen unter Beschäftigten von Schlachthöfen zeigt, dass hier einiges im Argen liegt. Die Politik will das ändern, weiß aber noch nicht, wie. Die für heute angesetzte Beratung wurde vertagt.

Schlachthof Symbolbild Schweine
Bild: picture-alliance/dpa/M. Assanimoghaddam

Das Corona-Kabinett der Bundesregierung hat seine Beratungen zur in Verruf geratenen Fleischindustrie auf Mittwoch vertragt. Es gebe noch "Beratungsbedarf", hieß es dazu aus Regierungskreisen in Berlin. Klar ist aber: Der Druck auf die Politik ist am Wochenende weiter gewachsen, denn in einem norddeutschen Schlachtbetrieb hat es einen weiteren, geballten Corona-Ausbruch gegeben.

92 Mitarbeiter eines Schlachthofs im niedersächsischen Dissen wurden positiv getestet, wie der Landkreis Osnabrück am Sonntagabend mitteilte. Viele der Infizierten seien über Subunternehmen beschäftigt und wohnten in Sammelunterkünften, hieß es. Die Produktion in dem Schlachthof wurde ausgesetzt, Betroffene und ihre Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt. Der Landkreis Osnabrück und das Bundesland Niedersachsen wollen am Montag über weitere Maßnahmen beraten.

"Dubiose Billigfirmen"

Bereits zuvor hatten sich Sammelunterkünfte anderer Schlachthäuser in mehreren Bundesländern als Brutstätten des Coronavirus erwiesen. In Nordrhein-Westfalen werden in allen 85 Schlachthöfen insgesamt rund 20.000 Beschäftigte auf Sars-CoV-2 getestet - bislang waren 370 Tests positiv und knapp 9000 negativ. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) forderte eine "grundlegende Reform" der Fleischindustrie. Die Betriebe dürften das Schlachten nicht mehr "an dubiose Billigfirmen vergeben und damit die Verantwortung auslagern", sagte NGG-Vizechef Freddy Adjan den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Konzerne hätten "skrupellos die Gesundheit von zehntausenden Menschen gefährdet".

Arbeitsminister Heil und Agrarministerin Julia Klöckner gemeinsam mit ihren Kollegen Spahn, Giffey und Maas (v.l.n.r.)Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Über das Wochenende hatte eine Debatte über die in Deutschland sehr niedrigen Fleischpreise an Fahrt aufgenommen. Grünen-Chef Robert Habeck forderte eine grundlegende Reform der Fleischproduktion und einen Mindestpreis, um bessere Haltungsbedingungen für die Tiere und eine "korrekte Entlohnung" der Mitarbeiter sicherzustellen.

Minister uneins über Maßnahmen

Die ursprünglich für Montag geplanten Beratungen über die Zustände in den Betrieben wurden kurzfristig auf Mittwoch verschoben. Es gebe noch Beratungsbedarf, zitiert die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) strebt Berichten zufolge ein weitgehendes Verbot von Werkverträgen in Schlachthöfen an und will dafür das Arbeitsschutzgesetz ändern. Das würde die Bedingungen für Leiharbeitsfirmen, die häufig billige Arbeitskräfte aus EU-Ländern mit niedrigem Lohnniveau unter widrigen Bedingungen in die Fabriken entsenden, erschweren.

Seine für Landwirtschaft und Verbraucherschutz zuständige Kabinettskollegin Julia Klöckner (CDU) sah hingegen am Freitag noch zuvorderst die Unternehmen in der Pflicht. Die Branche müsse Konzepte entwickeln, wie der Betrieb unter den strengen Auflagen des Arbeitsschutzes und Gesundheitsschutzes weiter gehen könne, sagte Klöckner,

ehl/bru (dpa, afp, rtr)

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