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Politik

Merkel kämpft für internationalen Schulterschluss

20. Mai 2020

In der Pandemie hat der Nationalismus Konjunktur. Für Politik und Wirtschaft bedeutet das nichts Gutes. Die internationale Zusammenarbeit leidet in allen Bereichen. Auch die Bundeskanzlerin sorgt sich.

Deutschland Berlin | Pressekonferenz Angela Merkel
Bild: Getty Images/O. Messinger

Wann, wo und wie wird der nächste G7-Gipfel stattfinden? Die USA haben derzeit die Präsidentschaft in der Runde der sieben führenden Industrienationen inne und hatten im März erklärt, das Gipfeltreffen werde wegen der Corona-Pandemie erstmals nur als Videokonferenz stattfinden. Ein Tweet von US-Präsident Donald Trump gibt nun Anlass zur Spekulation. Er erwägt, das Treffen nun doch in Camp David, dem Landsitz des US-Präsidenten, abzuhalten. "Das wäre ein großartiges Zeichen an alle - Normalisierung!" - schreibt Trump.

Ob die übrigen Staats- und Regierungschefs das ebenfalls "großartig" fänden und nach Washington reisen würden? Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich dazu nicht äußern. "Warten wir einfach einmal ab", sagte sie auf Nachfrage, lässt aber keinen Zweifel daran, dass ihr die politischen Inhalte weitaus wichtiger sind. "In welcher Form auch immer das G7-Treffen stattfindet, ob als Videokonferenz oder anders, ich werde auf jeden Fall für den Multilateralismus kämpfen, das ist ganz klar - sowohl bei G7 als auch bei G20."

Ausgerechnet Multilateralismus

Jeder weiß, wie kritisch der US-Präsident internationale Zusammenarbeit sieht. Auch im Kreis der G7 sorgt das regelmäßig für Streit. Nun verschärft die Corona-Pandemie die Lage weiter. "Der Multilateralismus stand schon vor der Pandemie vor einer großen Herausforderung, und diese Herausforderung ist nicht kleiner geworden", sagte Merkel in Berlin nach einer Runde mit den Vorsitzenden der fünf großen internationalen Wirtschafts- und Finanzorganisationen.

Einmal pro Jahr tauscht sich Merkel mit den Chefs der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Welthandelsorganisation (WTO), der Weltbank und der Internationalen Arbeitsorganisation ILO im Kanzleramt aus. In diesem Jahr zum zwölften Mal und erstmals in einer Videokonferenz.

So sahen die Treffen vor der Corona-Pandemie ausBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Tiefste Krise seit langem

Man sei sich einig gewesen, dass die Ausbreitung des Corona-Virus die Welt in eine tiefe globale Rezession gestürzt habe. Der sich ausbreitende Nationalismus macht die Lage nicht besser. Viele Länder schotten sich zunehmend auch wirtschaftlich ab. "Die Antwort auf die Pandemie kann mit Sicherheit nicht sein, alle internationalen Lieferketten jetzt zu re-nationalisieren", warnte die Kanzlerin. "Dann würden alle einen sehr hohen Preis zahlen." Die Stärkung des internationalen Handelssystems sei von großer Bedeutung.

Angela Merkel setzt auf internationale Zusammenarbeit in der Corona-PandemieBild: picture-alliance/AP Photo/O. Andersen

"Das heißt nicht, dass wir nicht vielleicht in einigen Bereichen mehr diversifizieren müssen", schränkt Merkel ein, und meint damit beispielsweise die Herstellung von wichtigen Medikamenten oder auch medizinischer Schutzausrüstung, die zu Beginn der Corona-Pandemie in ganz Europa Mangelware war.

Armut und Hunger nehmen zu

WTO-Chef Roberto Azevêdo habe in der Videokonferenz auf die Vielzahl protektionistischer Maßnahmen hingewiesen. Besorgniserregend seien insbesondere Exportbeschränkungen bei Lebensmitteln. "Wir wissen natürlich, dass aus der Arbeitslosigkeit und aus der darauf folgenden Armut dann auch sehr schnell Hunger werden kann. Deshalb ist gerade die Versorgung der Menschheit mit Lebensmitteln in den nächsten Monaten von ganz besonderer Bedeutung", betonte die Kanzlerin.

Rote Flaggen gegen Hunger: Im kolumbianischen Bogota zeigen die Menschen damit an, dass sie dringend Lebensmittel brauchenBild: Getty Images/AFP/R. Arboleda

Der Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Guy Ryder, habe unterstrichen, wie wichtig die Schaffung von Arbeitsplätzen in Entwicklungsländern sei, berichtete die Kanzlerin aus dem Gespräch. Wenn es in entwickelten Ländern weniger Konsum gebe, habe dies dort dramatische Auswirkungen. Die Armutsbekämpfung werde deshalb in den kommenden Jahren wichtig werden - zumal es in wirtschaftlich schwächeren Ländern an finanziellen Möglichkeiten für große Konjunkturprogramme fehle. "Das heißt für Deutschland: keine Entwicklungshilfe kürzen, sondern weiter investieren."

Impfstoff für alle

"Wir waren alle davon überzeugt, dass ein gemeinsames, abgestimmtes Handeln und nicht unilaterales Handeln die richtige Antwort ist", sagte Merkel. Das gelte auch für einen Impfstoff gegen das Virus und gute Behandlungsmöglichkeiten. Diese sollten deshalb als "gemeinschaftliche globale Güter" verstanden werden, müssten also allen zur Verfügung gestellt werden. Deutschland und andere hätten dafür auf einer Geberkonferenz Anfang Mai auch bereits ihren Beitrag dazu geleistet.

Alles in allem drehte sich das Gespräch der Kanzlerin mit den Chefs der Wirtschafts- und Finanzorganisationen um all jene Themen, die so auch auf dem G7-Gipfel auf dem Tisch liegen werden. Wo, wann und wie das Treffen unter US-amerikanischer Präsidentschaft auch immer stattfinden wird.

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