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Politik

Corona lässt Europas Wirtschaft leiden

Marina Strauß
13. März 2020

Die EU-Kommission verkündet, dass die COVID-19-Pandemie die Wirtschaft in der EU ins Trudeln bringen könnte. Ursula von der Leyen plädiert für Solidarität: "Wir sind gerade alle Italiener". Aus Brüssel Marina Strauß.

Belgien | Ursula von der Leyen zur aktuellen Lage zum Corona Virus | Brüssel
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen informiert über die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-PandemieBild: picture-alliance/dpa/AA/D. Aydemir

Die letzte Botschaft ihrer Ansprache formuliert sie auf Englisch, wiederholt sie dann erst auf Französisch, danach auf Deutsch: Die Lage werde sich entwickeln und die EU-Kommission sei bereit, mehr zu tun -  "was auch immer notwendig ist, um die europäische Wirtschaft zu unterstützen."

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will bei der Pressekonferenz in Brüssel vor allem eines deutlich machen: Die EU wappnet sich dafür, den Mitgliedsstaaten in jeglicher Form unter die Arme zu greifen, um zu verhindern, dass deren Wirtschaft kollabiert.

Zusammen mit zwei ihrer Vizepräsidenten, Margrethe Vestager, zuständig für Digitales und Wettbewerb, und Valdis Dombrovskis, zuständig für Wirtschaft, stellt von der Leyen an diesem Freitag vor, was die EU-Kommission im Kampf gegen wirtschaftliche Folgen der inzwischen als Pandemie eingestuften Corona-Krise tun will.

"Ein Schock für unsere Wirtschaft"

Das Virus sei nicht mehr länger nur eine Gefahr für unsere Gesundheit, sondern ein "Schock für unsere Wirtschaft", sagt von der Leyen. Sollte die Wirtschaft in der EU einbrechen, zieht die EU-Kommission deshalb in Betracht, die europäischen Haushaltsregeln auszusetzen. Vorerst aber wolle man alle Spielräume des Stabilitäts- und Wachstumspakts ausnutzen, so Dombrovskis. Nach dessen Vorgaben darf sich ein Land mit nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes neuverschulden. Wenn ein EU-Staat dagegen verstößt, drohen ein Defizitverfahren und Strafen. Ausnahmen sind nur möglich, wenn die Umstände außergewöhnlich sind. Etwa bei Naturkatastrophen. Oder wie jetzt bei der COVID-19-Pandemie.

In der gesamten EU schließen viele Schulen wegen des CoronavirusBild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

Auch was die normalerweise verbotenen Staatsbeihilfen angeht, stellt die EU-Kommission Ausnahmen in Aussicht. Man arbeite an einem ähnlichen Rahmen, wie dem, der während der Finanzkrise 2008 verabschiedet worden war, "um die europäische Wirtschaft zu stabilisieren", sagt Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Man habe bereits die Bitte Dänemarks genehmigt, Veranstalter von großen Events zu entschädigen, die wegen des Coronavirus abgesagt werden mussten, so von der Leyen, und man sei bereit, auch bei anderen Staaten schnell zu reagieren.

37 Milliarden für den Kampf gegen Corona

Die EU-Kommissionspräsidentin verkündet auch, die EU wolle 37 Milliarden Euro für den Kampf gegen die Corona-Pandemie bereitstellen, zwölf Milliarden mehr als noch Anfang der Woche angekündigt. Dabei handele es sich um bisher ungenutzte Mittel aus dem EU-Strukturfonds.

Zusätzlich, so Finanzkommissar Valdis Dombrovskis, könnten 100.000 kleinere und mittlere Unternehmen mit Garantien für Kredite von insgesamt bis zu acht Milliarden Euro rechnen, um ihre Liquidität aufrechtzuerhalten.

Das könnte dringend notwendig sein. Denn ein hoher Kommissionbeamter erklärt ebenfalls am Freitag in Brüssel, dass das Wachstum in der EU unter null fallen könne, womöglich sogar erheblich. Eine krasse Wende: Eigentlich war mit 1,4 Prozent Wachstum für 2020 gerechnet worden.

"Wir sind gerade alle Italiener"

Abgesehen von wirtschaftlichen Hilfen betont von der Leyen, wie wichtig jetzt europäische Solidarität sei. "Wir sind gerade alle Italiener", sagt sie im Hinblick auf das besonders von der Epidemie betroffene südeuropäische Land.

Leere Regale in Antwerpen (Belgien) - ab Samstag schließt Belgien Schulen, Cafés und RestaurantsBild: AFP/Belga/D. Waem

Im sowieso schon angeschlagenen Italien leidet die Wirtschaft stark, weil die Regierung dort inzwischen drastische Maßnahmen getroffen hat, um zu verhindern, dass das Virus sich noch schneller ausbreitet. Das Land ist praktisch abgeriegelt. Schulen und Universitäten sind geschlossen, Restaurants ebenso, Straßen und Plätze verwaist. Belgien zieht in der Nacht von Freitag auf Samstag nach. Hier wird es zwar vorerst keine "zona rossa", keine Sperrzone wie in Italien geben, aber das öffentliche Leben wird trotzdem größtenteils zum Erliegen kommen. Auch andere europäische Länder treffen ähnliche Maßnahmen.

Damit steigt auch der Wunsch mancher EU-Mitglieder, sich ebenfalls abzuschotten. Das Thema stand an diesem Freitag auch auf der Tagesordnung der EU-Innenminister in Brüssel. Ylva Johansson, EU-Kommissarin für Inneres, erklärt, es sei möglich, an den Außengrenzen der EU einer Person Zutritt zu verweigern, die bei medizinischen Tests Symptome zeige und damit "eine Gefahr für die Gesundheit der EU-Bürger" darstellen könne. An den Grenzen zwischen EU-Staaten dürfe jedes Mitgliedsland Gesundheitschecks durchführen. Laut Johansson gelten solche Tests nicht als "Grenzkontrolle". 

"Einige Kontrollen könnten berechtigt sein", räumt von der Leyen ein. Einseitige Einreisesperren sähe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) allerdings nicht als wirksamstes Mittel, weil sie sich negativ auf die Wirtschaft und die Gesellschaft innerhalb der EU auswirken könnten. Die Regierungen der Slowakei und Tschechiens hatten am Donnerstag ihre Grenzen für praktisch alle ausländischen Reisenden geschlossen.

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