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PolitikEuropa

Corona-Lage in der EU bessert sich

Bernd Riegert Brüssel
25. Mai 2021

Die Inzidenzen fallen, die Impfzahlen steigen. Die Pandemie ist in Europa noch nicht vorbei, aber es geht aufwärts. Das ist die Botschaft vom EU-Gipfel. 100 Millionen Dosen sollen an ärmere Staaten gehen.

Symbolbild | Coronavirus | Impfstoff EU
Die Anzahl der Impfungen gegen Corona nehmen innerhalb der EU rasant zuBild: Thiago Prudencio/ZUMAPRESS/picture alliance

Die Tendenz ist positiv. Die Anzahl der Corona-Infektionen gehen zurück. Das ist das Wichtige aus der Sicht der EU-Staats- und Regierungschefs. Die Inzidenz, also die Zahl der durch Tests nachgewiesenen Ansteckungen, ist seit Wochen rückläufig.

Die meisten EU-Staaten haben mit einer langsamen Rückkehr zum normalen Leben begonnen: einkaufen, essen, ins Theater gehen, übernachten im Hotel, Schulen offen halten. All das mit sehr unterschiedlichen Regeln für Tests, Uhrzeiten, Ausgangsbeschränkungen oder Maskenpflicht.

Nach Angaben der Europäischen Seuchenschutz-Behörde (ECDC) liegt die Inzidenz für Corona-Ansteckungen in weiten Teilen der EU zwischen 60 und 120. In Frankreich, im Baltikum und in Schweden liegt sie noch doppelt so hoch. Nur Großbritannien, Finnland und Portugal sowie einige Inseln werden auf der Karte in Gelb angezeigt. Das heißt, dort schwankt die Inzidenz zwischen 30 und 60 pro Woche in 100 Einwohnern.

Persönlich, aber mit Maske: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (li.) mit Gipfel-GästenBild: Yves Herman/AP Pictures/picture alliance

Ein einheitliches Vorgehen gibt es in der EU nicht, aber eine gemeinsame Bewertung während des Gipfeltreffens. "Die Geschwindigkeit der Impfungen hat in ganz Europa zugenommen, und das soll so bleiben. Zusammen mit einer besseren epidemiologischen Lage erlaubt uns dies, unsere Gesellschaften wieder zu öffnen. Allerdings müssen wir wachsam bleiben", heißt es in der gemeinsamen Erklärung der 27 Regierungschefinnen und -chefs.

Die Vielfalt der Corona-Strategien in der EU, die mitunter bemängelt wurde, stört den Gipfel nicht mehr. In 16 Monaten Pandemie haben die Staats- und Regierungschefs gelernt, dass Gesundheitspolitik immer noch nationale, vielerorts auch regionale Angelegenheit war und bleibt.

"Die Zahlen deuten in die richtige Richtung, aber die Staaten hatten sehr unterschiedliche Erfahrungen mit der Pandemie", sagte die estnische Premierministerin Kaja Kallas der DW. Man müsse jetzt den Blick nicht nur auf Kranke, sondern auch auf Menschen ohne Jobs und die mentalen Folgen von Corona richten, sagte Kallas.

Premierministerin Kaja Kallas führt Estland durch die PandemieBild: Raul Mee/dpa/picture alliance

Zertifikat soll Reisen erleichtern

Zum Abschluss ihres Gipfeltreffens erklärten die Staatschefs lapidar, dass "die Versuche zur einer weiteren Koordination bis zum Sommer fortgesetzt werden sollen." Gemeint ist hier vor allem das EU-weit geltende "Digitale COVID-Zertifikat", das bis letzte Woche noch "grüner Impfpass" hieß. Dieser Name wurde gestrichen, weil das EU-Parlament die Bezeichnung irreführend fand. Mit dem Zertifikat soll vom 1. Juli an das Reisen für Geimpfte, Genesene und frisch Getestete ohne weitere Quarantäne-Vorschriften oder Einreiseformulare möglich sein.

Die Regierungen der Mitgliedsstaaten haben erfolgreich durchgesetzt, dass es von diesem Prinzip zahlreiche Ausnahmen geben kann, wenn sie sich wissenschaftlich epidemiologisch belegen lassen. Außerdem kann jeder Staat selbst bestimmen, welche Rechte innerhalb seines Staatsgebietes mit dem EU-Impfpass verbunden sind, also etwa der Eintritt in ein Restaurant, eine Bar, einen Konzertsaal oder der Besuch in einem Altenheim.

Auch hier gibt es keine einheitlichen Regeln in der EU. Klar ist nur, dass die EU die technische Plattform für eine gegenseitige Anerkennung von nationalen Impfnachweisen ans Laufen bringt. "An unserem Konferenztisch waren wir uns untereinander nicht einig, was es für Folgen haben soll, wenn man geimpft ist", räumte die Regierungschefin von Estland, Kaja Kallas, gegenüber der DW ein.

Virus-Varianten einkalkulieren

Außerdem sprechen sich die Staats- und Regierungschefs dafür aus, die Empfehlungen für den Reiseverkehr innerhalb der EU Mitte Juni noch einmal zu überprüfen. Hier geht es auch um Beschränkungen für Gebiete, in denen Varianten des Corona-Virus auftauchen.

"Wir wissen, dass wir hier schneller diskutieren müssen, um schneller reagieren zu können", sagte dazu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch die Regelungen für Einreisen aus Drittländern in die EU sollen überprüft werden. Im Moment gelten für nahezu alle Länder der Welt noch Beschränkungen in beide Richtungen.

Eine Aufhebung der Beschränkungen sowohl für das alltägliche Leben als auch für die Reiseregelungen hängt ganz entscheidend vom Fortschritt bei den Impfungen ab. Da versuchte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute bei ihrem Vortrag vor den 27 Chefinnen und Chefs Erfolge darzustellen. Bis Ende der Woche würden 46 Prozent der Erwachsenen in der Union mindestens einmal geimpft sein. Allerdings gibt es innerhalb der EU noch große Unterschiede. In Bulgarien sind erst 13,2 Prozent der Erwachsenen geimpft. In Malta sind es schon 60 Prozent.

Bundeskanzlerin Merkel in Brüssel: Wachsam bleiben bei den VariantenBild: John MacDougall/Pool Photo via AP/picture alliance

Spenden an Covax

Die Zahl der gelieferten Impfdosen nimmt EU-weit rasant zu. Bis Ende des Jahres werden es etwa 2,6 Milliarden Dosen sein, die man für eine Bevölkerung von 450 Millionen Menschen natürlich nicht alle braucht. Deshalb soll ein Teil davon, nämlich 100 Millionen Dosen der weltweiten Impfkampagne "Covax" gespendet werden.

Die restlichen überschüssigen Dosen soll "Covax" kaufen können, und zwar mit Spendengeldern, die wiederum von den reicheren Industriestaaten stammen. So hatten es die EU-Kommission und die Weltgesundheitsorganisation geplant, als Covax vor rund einem Jahr an den Start ging. Die EU verfolge weiter das Ziel, lokale Produktionsstätten in den ärmeren Staaten aufzubauen, wie das der Weltgesundheitsgipfel erst am vergangenen Samstag beschlossen hatte.

"Covax" liefert Dosen auch aus der EU an ärmere Staaten, hier NordmazedonienBild: Robert Atanasovski/AFP

Die von den USA angeregte zeitweilige Aussetzung von Patenten auf Impfstoffe oder Herstellungsverfahren erwähnen die Staats- und Regierungschefs in ihrer Stellungnahme nicht. Ein solcher Schritt wird vor allem von Frankreich, den Niederlanden und Deutschland abgelehnt. Es gehe vor allem um den schnellen Ausbau von Produktionsstätten, nicht um die Aufgabe geistigen Eigentums.

Ein schwerer Rückschlag für die weltweite Impfkampagne ist der vorläufige Ausfall des indischen "Serum Instituts" zur Belieferung der Covax-Initiative. Der weltgrößter Impfstoffhersteller soll nach dem Willen der indischen Regierung vorläufig nur für den gewaltigen Bedarf in Indien produzieren. Wie die Hunderte Millionen Dosen, die für Covax vorgesehen waren, ersetzt werden könnten, ist unklar.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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