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Gesellschaft

Corona-Luftbrücke: "Glück, an Bord zu sein"

23. April 2020

Über 240.000 Deutsche sind wegen der Corona-Krise aus dem Ausland zurückgeholt worden. Pilot Holger Feldberg flog die erste Rückholaktion aus Neuseeland. Erinnerungen an einen außergewöhnlichen Flug.

Lufthansa Crew
Die Crew-Mitglieder der Rückholaktionen arbeiten alle auf freiwilliger BasisBild: Lufthansa

Holger Feldberg ist seit 35 Jahren Lufthansa-Pilot, aber als er Ende März an einem Terminal in Auckland auf seine Passagiere wartet, ist das auch für ihn eine Premiere. Noch nie ist er diesen Flughafen angeflogen - und noch nie hat er auf so viele deutsche Passagiere gewartet.

Einen Tag zuvor hatte Feldberg seine Boeing 747 zum ersten Mal auf dem neuseeländischen Flughafen gelandet, der normalerweise nicht von Lufthansa angesteuert wird. Deshalb konnte der Pilot nicht auf eingespeicherte Navigationsdaten seiner Bordcomputer zurückgreifen. Stattdessen wiesen ihm klassische Landkarten den Weg. "Wir haben vorab geprüft, ob es ein Risiko darstellt, nur mit Kartenmaterial zu landen. Aber das tut es nicht, früher sind wir immer so geflogen", sagt der 56-Jährige der DW.

Es ist der erste Flug mit Ziel Auckland, der Teil einer groß angelegten Rückholaktion deutscher Staatsbürger ist. Ein paar Tage später wird Feldberg einen weiteren Flug aus Lima, Peru, steuern. Als das Coronavirus anfing, sich auf der ganzen Welt auszubreiten, rief der deutsche Außenminister Heiko Maas eine sogenannte Luftbrücke ins Leben, um gestrandete Urlauber nach Deutschland zurückzuholen.

Inzwischen sind mehr als 240.000 Bundesbürger zurück in Deutschland, aber noch immer säßen bis zu 1000 Deutsche im Ausland fest, sagte Maas am vergangenen Wochenende der Zeitung "Bild am Sonntag". Problematisch ist die Situation in Pakistan, wo der internationale Flugverkehr bis Ende des Monats ausgesetzt wurde. Für gestrandete Deutsche wurden bislang zwei Rückflüge organisiert, doch noch immer befinden sich Ausreisewillige in dem Land.

Ungewöhnliche Solidarität untereinander

Die 21-jährige Studentin Ricarda kennt das Gefühl, auf einen Flug nach Deutschland zu warten. Anfang März reist sie mit einer Freundin nach Neuseeland, um ihre ehemaligen Au-pair-Gasteltern zu besuchen. Doch dann kommt auch dort der Corona-Lockdown und ihre Gastfamilie signalisiert ihr, dass sie besser nach Hause fliegen sollte.

Auf dem Rückflug gab es großes Gemeinschaftsgefühl an Bord, erinnert sich Studentin RicardaBild: Privat

Ricarda bemüht sich um einen Rückflug. Kurz vor Mitternacht bekommt sie die erlösende Nachricht von der deutschen Botschaft: Sie könne am nächsten Tag mitfliegen. Sie solle um kurz vor fünf Uhr morgens am Flughafen sein. Es ist Feldbergs Flug.

Schon am Terminal bemerkt Ricarda, dass der Flug besonders sein wird: "Alle waren sehr herzlich. Am Gate war eine Familie, die sehr viel Essen dabei hatte. Das hat sie dann an andere Passagiere verteilt."

Auch Feldberg ist am Gate und hilft dem Bodenpersonal bei der Abfertigung. "Es war ein besonderes Gefühl. Das Maß an Glück, an Bord sein zu dürfen, war schon höher als normalerweise", sagt der Pilot. Bordkarten werden per Hand ausgefüllt, alles muss schnell und unbürokratisch verlaufen.

Die Abfertigung am Flughafen musste fast ganz ohne Technik auskommenBild: Privat

Keinen Passagier zurücklassen

An Bord bemüht sich die Crew, so erzählt es Feldberg, Platz für so viele Passagiere wie möglich zu schaffen. Familien nehmen ihre Kinder auf den Schoß. Die Notsitze, auf denen normalerweise Besatzungsmitglieder sitzen, werden für jüngere Passagiere freigegeben.

Nach der Zwischenlandung in Tokio tauschen einige Gäste ihre Business-Class-Plätze, damit andere Passagiere den zweiten Teil der Reise bequemer sitzen können. "Weder in Lima noch in Auckland mussten wir Fluggäste am Flughafen zurücklassen. In Auckland sind wir vor Abflug noch einmal durch die Reihen gegangen und haben alle Plätze aufgefüllt. Der Flieger war dann bis auf den letzten Platz gefüllt", sagt Feldberg.

Ricarda, seine Passagierin, erinnert sich noch gut an die Durchsagen des Flugkapitäns aus dem Cockpit: "Er hat viel mehr mit uns gesprochen, als das Piloten normalerweise tun. Nach der Landung in Tokio hat er uns gesagt, dass er schon die neue Crew sieht, wie sie näher kommt. Man hatte das Gefühl, alles was die Crew wusste, wussten wir auch." In Tokio übernehmen eine neue Crew und ein neuer Pilot und bringen die über 400 Menschen an Bord nach Frankfurt.

Für Holger Feldberg könnte es jederzeit wieder losgehen. Zurzeit hat er noch Urlaub, aber dann steht er auf der Reserveliste. Was immer anstehe, sagt er, werde er fliegen.

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