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Corona-Maskenaffäre: Grüne fordern Untersuchungsausschuss

5. Juli 2025

Hat die deutsche Bundesregierung zu Beginn der Corona-Pandemie unnötig viel Geld für die Beschaffung von FFP2-Masken ausgegeben? Die Grünen fordern Aufklärung, nachdem ein Untersuchungsbericht nun komplett bekannt ist.

Ein Mitarbeiter mit weißen Handschuhen prüft in einen Werk in Weida frisch hergestellte FFP2-Masken
FFP2-Maskenproduktion in Deutschland (2020)Bild: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

Seit geraumer Zeit diskutiert Deutschland über die sogenannte Masken-Affäre. Konkret geht es um die Frage, ob zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von den konservativen Christdemokraten (CDU) beim Einkauf dringend benötigter Schutzmasken richtig gehandelt hat. Oder hat der deutsche Staat Milliarden Euro übermäßig viel gezahlt, um die virendichten Mund-Nase-Masken zu besorgen, die damals Mangelware waren?

Wegen verschiedener Ungereimtheiten hatte Spahns Nachfolger, der Sozialdemokrat Karl Lauterbach, die unabhängige Sonderermittlerin Margaretha Sudhoff beauftragt, die damaligen Vorgänge im Gesundheitsministerium zu untersuchen. Ihr Bericht wurde erst nach Lauterbachs Ausscheiden aus dem Ministeramt komplett fertig. Die Veröffentlichung lag also in der Hand, der seit Mai amtierenden Bundesgesundheitsministerin Nina Warken von der CDU.

Ex-Minister SpahnBild: dts Nachrichtenagentur/IMAGO

Doch Warken, eine Parteifreundin von Spahn, gab nur eine in weiten Teilen geschwärzte Fassung des Sudhoff-Berichts heraus, was für heftige Kritik bei Opposition und Medien führte. Als Grund für die Schwärzungen hatte das Gesundheitsministerium angegeben, es sollten Persönlichkeitsrechte sowie Dienst- und Firmengeheimnisse geschützt und Prozessrisiken für den Bund gemindert werden.

Analyse des ungeschwärzten Sudhoff-Berichts

Vor wenigen Tagen ist der Rechercheverbund von Westdeutschem und Norddeutschem Rundfunk sowie der "Süddeutschen Zeitung" an ein ungeschwärztes Exemplar gekommen. Die Analyse der drei Medien ergab, dass Warken insbesondere Abschnitte des 170 Seiten langen Berichts hatte unkenntlich machen lassen, in denen es um ihren Parteikollegen, den Ex-Minister Spahn ging, der inzwischen CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag ist.

Wurde der Bericht der Sonderermittlerin Sudhof, aus dem inzwischen weitere Medien zitieren, gezielt geschwärzt, um die Verantwortung von Jens Spahn zu verschleiern? Die Kritik am damaligen Maskendeal und am aktuellen Vorgehen der amtierenden Gesundheitsministerin wird schärfer. Der Gesundheitsexperte der Grünen, Janosch Dahmen, erhebt auf Basis der aktuellen Medienberichte schwere Vorwürfe gegen die CDU-Politiker Spahn und Warken.

Bundesgesundheitsministerin WarkenBild: Bernd Elmenthaler/ESDES.Pictures/IMAGO

Der ungeschwärzte Bericht zeige, dass Warken "an mehreren Stellen gezielt Schwärzungen vorgenommen hat", so Dahmen. Aus Sicht des Grünenpolitikers mit dem "offensichtlichen Ziel", die Verantwortung von Spahn und weiteren Mitgliedern der Unionsparteien CDU und CSU "zu verschleiern". Diese hätten in der Pandemie "Staat und Steuerzahler zur Beute gemacht", meint Dahmen.

Medienrecherchen sorgen für Wirbel

Laut "Süddeutscher Zeitung" zeigen Passagen des ungeschwärzten Sudhoff-Berichts, dass Spahn persönlich in Beschaffungsentscheidungen eingebunden war. Zudem sei der Minister von Ministeriumsexperten vor Risiken bei dem eingeschlagenen Vorgehen gewarnt worden.

Der grüne Gesundheitspolitiker Dahmen sagt dazu: "Pandemie war in ganz Europa. Allen fehlten Masken. Aber nirgendwo sonst wurden in einem so beispiellosen Ausmaß Milliarden an Steuergeld verschleudert - für Masken, die in der überwältigenden Mehrheit nie geliefert wurden oder von so miserabler Qualität waren, dass sie später vernichtet werden mussten."

Grünen-Gesundheitspolitiker Dahmen (Archivbild)Bild: dts Nachrichtenagentur/IMAGO

Die Grünen fordern deshalb die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag. Selber einsetzen können sie ein solches Gremium nicht - auch nicht gemeinsam mit der anderen Oppositionspartei, der Linken. Dazu fehlt den beiden kleinsten Fraktionen die nötige Mindestzahl an Stimmen im Bundestag.

Um nicht ungewollt von der in Teilen rechtsextremen AfD in dieser Sache unterstützt zu werden, wenden sich die Grünen an CDU/CSU oder die SPD. Gemeinsam mit einer der Regierungsfraktionen kämen genug Stimmen zusammen, um den Weg zu einer parlamentarischen Aufarbeitung frei zu machen.

An die Adresse von Gesundheitsministerin Nina Warken appelliert Janosch Dahmen: "Wer sich selbst nichts vorzuwerfen oder zu verbergen hat, würde längst selbst einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern oder eben Verantwortung übernehmen", sagte der Grüne der Nachrichtenagentur Reuters.

Prozessrisiken in Milliardenhöhe

Zu Beginn der Pandemie 2020 waren schützende FFP2-Masken erst gar nicht zu erhalten und dann zunächst knapp. Aufgrund schwelender Rechtsstreitigkeiten mit Unternehmen, die sich vom Gesundheitsministerium bei der Maskenbeschaffung geprellt fühlen, drohen dem Bund noch heute Risiken in Milliardenhöhe. Der Haushaltsausschuss des Bundestages will am Dienstag mit Sonderermittlerin Sudhoff ein "Fachgespräch" führen.

Sie hatte für ihren Bericht auftragsgemäß nur in den Abteilungen des Bundesgesundheitsministeriums recherchiert, aber nicht mit den politischen Verantwortungsträgern persönlich gesprochen - was wiederum für Kritik sorgte. Neben Spahn gehören dazu auch der damalige Finanzminister Olaf Scholz und die zu Pandemiebeginn regierende Bundeskanzlerin Angela Merkel.

AR/pgr (dpa, afp, rtr)

Redaktionsschluss: 17.00 Uhr (MESZ) - dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.

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