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Corona lässt Zahl der Raucher steigen

Gudrun Heise
27. Dezember 2021

Obwohl mittlerweile die meisten wissen, wie gefährlich das Rauchen ist, kommen viele noch immer nicht vom Glimmstängel weg. Die Zahl der Raucher ist in der Pandemie sogar gestiegen, trotz vieler Rauchverbote.

qualmende Zigarette in einer Hand
Trotz vieler Warnungen ist die Zahl der Raucher gestiegenBild: Imago Images/Sven Simon/F. Hoermann

Es gibt wieder mehr Raucher. Zu diesem Ergebnis kommt die repräsentative Langzeitstudie Debra (Deutsche Befragung zum Rauchverhalten), die jetzt erschienen ist. 

Lag der Anteil an Rauchern Ende 2019 noch bei rund 27 Prozent, ist er seitdem um vier Punkte gestiegen und liegt derzeit bei 31 Prozent. Ausgewertet wurden dabei die Daten von Menschen ab einem Alter von 14 Jahren. Die Studie geht davon aus, dass dazu auch Raucher gehören, die ihre Sucht aufgegeben hatten und während der Corona-Pandemie rückfällig geworden sind. Sie machen offenbar einen entscheidenden Anteil aus.

Die Zahlen waren nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Denn bereits lange vor der Pandemie - wenige Jahre nach der Jahrtausendwende - hatten die Bundesländer beispielsweise in Gaststätten, Restaurants und Kneipen Rauchverbote verhängt. Seitdem begegnen immer mehr Menschen jenen, die dem blauen Dunst nicht den Rücken kehren, mit großem Unverständnis oder Ablehnung.

Die Pandemie wäre mutmaßlich eine gute Chance für Raucher gewesen, sich ein für alle Mal vom Glimmstängel zu verabschieden. Aber die Sucht scheint weitaus stärker zu sein und bereitet Medizinern und Fachleuten nach wie vor große Sorgen. 

Rauchen ist auch eine Frage des Alters

Bereits vor der Corona-Pandemie war die Zahl der Menschen, die bereit waren, mit dem Rauchen aufzuhören, geringer als noch in den Jahren zuvor. Das trifft allerdings vor allem auf Erwachsene zu. Bei Jugendlichen verläuft der Trend anders: Die meisten fangen gar nicht erst mit dem Rauchen an. 

Das mag auch an intensiven Aufklärungskampagnen liegen, die über die Gefahren des Rauchens informieren und potenzielle Raucher abschrecken. Jährlich sterben etwa 125.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. 

Zigaretten sind in Deutschland im europäischen Vergleich relativ billig: In Deutschland muss ein Raucher etwa sieben Euro für eine Packung ausgeben, in England ist es fast das doppelte, nämlich etwa 13 Euro. Aber nicht bei allen ist der Geldbeutel entscheidend oder trägt zumindest dazu bei, ob derjenige mit dem Qualmen aufhören möchte oder nicht. 

Am 1. Januar 2022 tritt ein neues Gesetz mit der sperrigen Bezeichnung "Tabaksteuermodernisierungsgesetz" in Kraft. Es bringt höhere Steuern auf Tabakprodukte und könnte vielleicht doch noch einige dazu bringen, mit dem Rauchen aufzuhören.

Alkohol gehört für viele zum Alltag. Sie sehen ihn nicht als DrogeBild: U. J. Alexander/imago images

Alkoholkonsum zuhause statt in der Kneipe

Am Gesamtalkoholkonsum der Deutschen hat sich seit Beginn der Pandemie kaum etwas geändert. Das gemütliche Beisammensein und Treffen auf ein oder mehrere Gläser Bier oder Wein in der Kneipe um die Ecke war in Zeiten des Lockdowns kaum möglich.

Viele verlegten ihren Alkoholkonsum also in die eigenen vier Wände. Dort tranken die meisten allerdings insgesamt weniger als vor der Pandemie beim Treffen mit Freunden. Eigentlich hätte das einen deutlichen Einfluss auf den allgemeinen Alkoholkonsum haben müssen. 

Der aber sei stabil geblieben, sagte der Suchtmediziner und Ärztliche Direktor Falk Kiefer vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim der Deutschen Presse-Agentur. 

Es gab zwar weniger gesellige Runden, dafür aber haben einige Personengruppen mehr getrunken als ohnehin schon, nämlich Menschen, die bereits vor der Pandemie regelmäßig Alkohol konsumiert hatten, unabhängig davon wo und mit wem, in Gesellschaft oder alleine. 

Laut einer älteren Studie des Zentralinstituts und der Uniklinik Nürnberg hatten 37 Prozent von über 2000 während des ersten Corona-Lockdowns befragten Erwachsenen in einer Selbstauskunft einen höheren Alkoholkonsum angegeben als zuvor, 21 Prozent einen geringeren. Ein ähnliches Bild ergab sich für den Tabakkonsum. Kiefer hält die Zahlen für belastbar. 

Mehr Menschen kämpfen mit psychischen Problemen 

Die Pandemie hat den Menschen viel abverlangt und tut es noch immer. Für viele eine enorme Belastung sind etwa Kinder, die im Home-Schooling sind, oder Erwachsene, die von zuhause arbeiten, anstatt jeden Tag zur Arbeit zu fahren und so eine mögliche Stresssituation in der Familie zu entzerren helfen.

Rückfall in der Pandemie

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Besonders schlimm ist es für diejenigen, die sowieso schon in beengten Verhältnissen leben, wo beispielsweise die Küche zum Büro wird oder zur Schulklasse. Wenn dann Hausaufgaben gemacht werden, während andere Familienmitglieder mit Langeweile zu kämpfen haben, kann das auch Süchte verstärken. 

Das mag dazu geführt haben, dass einige Menschen häufiger zur Flasche gegriffen haben. Auch einige Menschen, die berufliche oder finanzielle Probleme haben, mögen mehr und häufiger Alkohol getrunken haben. Diese Zahl ist nach der Nürnberger Studie eindeutig gestiegen. Bei anderen aber ist der Konsum eben auch gesunken, möglicherweise aus Mangel an Gelegenheiten in Gesellschaft. Und so halten sich erhöhter Alkoholkonsum und gesunkener Alkoholkonsum in etwa die Waage. 

Alkoholkonsum gilt bei vielen nicht als Sucht

In Deutschland sehen viele Alkohol nicht als Droge, sondern als etwas, was zum sozialen Miteinander dazugehört. Gerade Alkohol aber ist oft eine Sucht, also eine ernst zu nehmende Krankheit. Trotzdem wird über Alkoholkonsum kaum offen diskutiert, weder mit Freunden noch mit der Ärztin oder dem Arzt.

Dabei könnten Gespräche helfen, einen etwas objektiveren Blick auf die eigenen Trinkgewohnheiten zu bekommen, unabhängig von der Pandemie. 

 

 

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