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PolitikEuropa

Corona-Test für Reisende aus Luxemburg

28. Juli 2020

Einreisen aus der EU nach Deutschland sind möglich? Nicht ganz. Luxemburg ist die große Ausnahme. Das kleine Großherzogtum ist nach deutscher Lesart Pandemie-Risikogebiet. Das hat Folgen. Bernd Riegert berichtet.

Wegweiser Schengen am Ortseingang von Schengen in Luxemburg
Die Gemeinde Schengen, Symbol der kontrollfreien Reisen in der EU, liegt in LuxemburgBild: imago/W. Rothermel

Die Liste der Corona-Risikogebiete, die die Virologen vom deutschen Robert Koch-Institut ausweisen, ist lang. Sie umfasst die große Mehrheit aller Staaten der Welt, von Afghanistan bis zur Zentralafrikanischen Republik. Von Reisen in diese Länder wird abgeraten. Rückkehrer müssen in Quarantäne. Von kommender Woche an müssen Menschen, die aus diesen Ländern nach Deutschland einreisen wollen, sogar einen Corona-Test an der Grenze machen. Diesen Pflicht-Test will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn anordnen.

Ausnahmeland Luxemburg

Für die Staaten der Europäischen Union gelten diese Beschränkungen nicht. Hier herrscht im Prinzip Reisefreiheit ohne Tests und Quarantäne. Einzige Ausnahme: Der Zwergstaat Luxemburg mit rund 600.000 Einwohnern, der an Deutschland, Belgien und Frankreich grenzt. Luxemburg wurde vom Robert Koch-Institut wegen rasant steigender Infektionszahlen vor zwei Wochen zum "Risikogebiet" erklärt. Von nächster Woche an müssten Menschen, die aus dem Großherzogtum Luxemburg nach Deutschland reisen, an der Grenze einen Corona-Test machen. Das empört viele Luxemburger. Allerdings sind Berufs-Pendler und Menschen mit anderen "wichtigen" Reisegründen von dieser Regelung ausgenommen.

Beim Testen weit vorne: Drive-through-Teststation in Luxemburg (Archiv)Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Seco

Viele Infektionen, viele Tests

Der Chef der Pandemie-Bekämpfer in Luxemburg, der Direktor des Gesundheitsinstituts, Ulf Nehrbass, sagte, die Einstufung als "Risikogebiet" machen seinem Land schwer zu schaffen. "Was uns trifft, ist, wie unreflektiert das geschehen ist. Ohne Nachfrage, ohne Diskussion und völlig unvermittelt", kritisierte Nehrbass am Dienstag. Nach Angaben des Luxemburger Gesundheitsinstituts stiegen die Fallzahlen nicht weiter an, sondern stabilisierten sich auf "hohem Niveau". Etwa 60 bis 100 neue Infektionen werden täglich gezählt. Allerdings seien die relativ hohen Zahlen auch auf die umfangreichen Tests zurückzuführen, so Nehrbass. Rund 400.000 Tests bei einer Wohnbevölkerung von rund 600.000 Personen sind durchgeführt worden. In Relation mehr als in jedem anderen EU-Land.

Grenzen sollen offen bleiben

Bislang ist nach Angaben des Innenministeriums in Berlin nicht geplant, an der deutsch-luxemburgischen Grenze erneut Grenzkontrollen an Straßen und Bahnhöfen einzuführen. Das hatte während der Reisebeschränkungen von März bis Juni zu großem Unmut auf beiden Seiten der Grenze geführt. Die Regierungen der an Luxemburg grenzenden Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland hatten sich gegen neue Grenzkontrollen ausgesprochen. Wie ohne Kontrollen dann allerdings der verpflichtende Corona-Test durchgeführt werden soll, ist unklar.

Kontrollen vermeiden: Die Außenminister Asselborn (l.) und Maas bei der Wiederöffnung der Grenzen im MaiBild: picture-alliance/dpa/O. Dietze

Die Luxemburger Zeitungen berichten kritisch über die Zurückweisung von Gästen aus Luxemburg in deutschen Ferienhotels. Ulrike Tischer, die Betreiberin eines Hotels im Schwarzwald, die Gäste zurückgewiesen hat, begründete das mit den sich ständig ändernden Regeln in Deutschland. Sie habe auch Gäste aus "Riskiogebieten" rund um eine Fleischfabrik in Deutschland nicht beherbergen dürfen. Die gleichen Regeln würden auch für das "Risikogebiet" Luxemburg gelten. Es sei denn, die Hotelgästen könnten einen aktuellen, negativen Corona-Test vorweisen. "Gäste aus Luxemburg sind willkommen", schrieb Ulrike Tischer auf "Facebook" - trotz anfänglicher Verwirrung.

Luxemburg ist international bekannt als Sitz des Europäischen Gerichtshofs und anderer EU-InstitutionenBild: picture alliance / imageBROKER

Belgien und Frankreich sind gelassener

Aus Sicht des Luxemburger Pandemie-Experten, Ulf Nehrbass, ist das Infektionsgeschehen in den Nachbarländern Luxemburgs durchaus mit dem im Großherzogtum zu vergleichen. Jedes Land reagiert anders. Belgien, das ebenfalls mit einem starken Anstieg von Fallzahlen zu kämpfen hat, schätzt Luxemburg als "oranges Gebiet" ein. Quarantäne-Maßnahmen seien aber nicht zwingend, nur empfohlen, heißt es auf der Webseite der Föderalregierung. Frankreich hingegen hat mit den Nachbarn in Luxemburg keine Probleme. Ein Einreise aus Luxemburg nach Frankreich ist ohne Einschränkungen möglich.

In den sozialen Medien beschweren sich einige Luxemburger über die "Hexenjagd" auf das zweitkleinste Land der EU. Die Pandemie-Bekämpfer in Luxemburg wollen die Corona-Tests vor allem im Süden des Landes noch einmal ausweiten, um Ansteckungsketten besser verfolgen zu können. Der Luxemburger Premierminister Xavier Bettel ruft seine Landsleute unterdessen auf, noch mehr auf Abstand zu achten als bisher und Masken zu tragen. Die Zahl der Menschen, mit denen man sich in geschlossenen Räumen oder im Freien treffen darf, wurde von 20 auf zehn reduziert.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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