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PolitikEuropa

Corona-Trend: Regionale Hotspots in der EU

12. August 2020

Vergleiche von Corona-Zahlen sind wegen unterschiedlicher Testquoten und Grenzwerte schwierig. Die EU-Seuchenkontrollbehörde versucht es trotzdem - und der Trend ist klar. Bernd Riegert aus Brüssel.

Coronavirus in Brüssel, Belgien: Maskenpflicht
"Manneken Pis"- Brunnen: Zum Wahrzeichen Brüssels nur mit MaskeBild: DW/B. Riegert

Im Großraum Brüssel mit seinen 1,2 Millionen Einwohnern muss seit Mittwochfrüh eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden, jederzeit und überall, es sei denn, man macht Sport. Abgesehen davon, darf man sich in Brüssel, wie im Rest Belgiens, nur mit fünf Personen privat treffen und nur alleine einkaufen gehen. Damit hat Brüssel die schärfsten Auflagen unter den europäischen Hauptstädten. Brüssel gehört jetzt - wie das im Norden Belgiens liegende Antwerpen - zu den Gebieten mit den höchsten Ansteckungsraten in Europa.

Trend in Europa: Fallzahlen nehmen langsam zu

Allerdings ist die Zahl der Neuansteckungen immer noch weit von derjenigen der ersten Welle im März und April entfernt, als in fast ganz Europa Ausgangsbeschränkungen galten. Das lässt sich aus den Statistiken herauslesen, die das Europäische Zentrum für Seuchenkontrolle (ECDC) in Stockholm zusammenträgt. Die Behörde der Europäischen Union sieht in ihren wöchentlichen Berichten einen klaren Trend: Die Infektionen mit dem Coronavirus nehmen in Europa wieder zu, aber noch lassen sich regionale Schwerpunkte ausmachen. Die liegen nach den Erkenntnissen der ECDC vor allem in Luxemburg, Belgien, in einigen nordöstlichen Regionen Spaniens, rund um Lissabon in Portugal, in einigen Regionen Rumäniens und Bulgariens und auf Malta.

Die Trendzahlen des ECDC bilden das Geschehen vor ungefähr 14 Tagen ab. Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin, das für Deutschland Risikogebiete definiert, sieht auch die spanische Hauptstadt Madrid als riskant an, weil es dort in den vergangenen sieben Tagen 80 Infektionen pro 100.000 Einwohner gab - deutlich über dem Grenzwert 50, den das RKI anlegt.

Ein weiterer Trend, den das ECDC-Seuchenzentrum ausweist: Die Zahl der Todesfälle durch COVID-19 steigt nicht so stark an, wie die Menge an Neuinfektionen vermuten ließe. Auch die Zahl der Personen, die im Krankenhaus intensivmedizinisch betreut werden müssen, wächst nicht so schnell an wie die Zahl aller Erkrankten. Das könne daran liegen, vermuten Virologen, dass sich im Moment hauptsächlich Menschen jüngeren Alters infizieren, bei denen die Krankheit nicht so schwer verläuft.

EU-Behörde: Vergleiche bleiben schwierig

Die europäische Seuchenschutzbehörde weist ausdrücklich darauf hin, dass Vergleiche zwischen den einzelnen EU-Staaten äußerst schwierig seien, da die Daten überall anders erhoben würden. Zum Beispiel ist die Anzahl der Tests auf das Coronavirus von Land zu Land sehr unterschiedlich. Das wirke sich natürlich auf die gemeldeten Fallzahlen aus.

So lag Luxemburg mit über 150 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in 14 Tagen lange an der Spitze - aber auch bei den Tests ist Luxemburg einsame Spitze. Inzwischen geht die Zahl neuer Infektionen langsam zurück. Mehr oder weniger die gesamte Bevölkerung von rund 600.000 Personen wurde durchgetestet. In Luxemburg liegt die Testquote bei rund 10.000 pro 100.000 Einwohner in einer Woche. In Deutschland beträgt diese Quote 600. In Kroatien nur 300.

Frankreich und Deutschland warnen

In Frankreich liegt die Rate an Neuinfektionen im Durchschnitt täglich bei 1600. Das führt dazu, dass viele große Städte, darunter vor einigen Tagen auch Paris, angeordnet haben, dass auf vielen öffentlichen Plätzen jetzt eine Maske getragen werden muss. Der französische Ministerpräsident Jean Castex ermahnte seine Landsleute, sich mehr an Abstandsregeln und Corona-Einschränkungen zu halten. Ansonsten drohe ein zweiter Lockdown mit scharfen Ausgangsbeschränkungen. "Das möchte wirklich niemand ein zweites Mal erleben", so Castex in Paris.

Protest gegen Corona-Regeln in Berlin: Ansteckungsrate relativ niedrig in DeutschlandBild: Getty Images/M. Hitij

In Deutschland erreichen die Neuinfektionen mit Schwankungen einen Wert, der bei rund 1000 liegt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nannte den Trend im Deutschlandfunk "besorgniserregend". Man müsse sehr wachsam sein, weil es viele kleinere Ausbrüche im ganzen Land gebe. Dabei steht Deutschland im europäischen Vergleich noch gut da. Hier gab es in den vergangenen 14 Tagen 13 neue Corona-Fälle auf 100.000 Einwohner. Diese sogenannte Inzidenz-Zahl lag in Rumänien bei 80, in Belgien und auf Malta bei 60.

In ihrer wöchentlichen Risikoanalyse schreiben die Experten der EU-Seuchenkontrollbehörde, das Risiko einer weiteren Corona-Ausbreitung sei "moderat" für Staaten, die weiter auf soziale Distanz und lokales Nachvollziehen der Ansteckungsketten setzten. Für Staaten jedoch, in denen sich die Bürger nicht mehr an Distanz- und Hygieneregeln hielten, sei das Risiko einer Eskalation der Epidemie "hoch bis sehr hoch".

Schaut man aus der EU etwa auf außereuropäische Länder, dann sieht man, dass weltweit gerechnet immer noch das exponentielle Wachstum der Fallzahlen anhält. Die Welle wurde nicht - wie in der EU geschehen - abgeflacht. Besonders hoch ist die Zahl der Neuansteckungen nach wie vor in den USA mit 56.000 und Brasilien mit 45.000 pro Tag.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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