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Sauerstoff, verzweifelt gesucht

25. April 2021

Mehr als eine halbe Million COVID-19-Patienten müssen laut WHO täglich mit medizinischem Sauerstoff versorgt werden. Insbesondere in Indien herrscht großer Mangel. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Indien Chennai Coronapandemie Sauerstoffzylinder
Im indischen Chennai werden Sauerstoffzylinder gefülltBild: Arun Sankar/AFP

Was ist Sauerstoff?

Sauerstoff ist ein farb- und geruchloses Gas. Es wird durch die Verflüssigung und Zerlegung von Luft gewonnen. Laut Industriegaseverband (IGV) beschleunigt das Gas Verbrennungsvorgänge in der Stahl- und Chemieindustrie. Es unterstützt außerdem biologische Prozesse wie den Abbau von Schadstoffen in Kläranlagen. In besonders reiner Form wird es als medizinischer Sauerstoff zur Beatmung von Patientinnen und Patienten verwendet.

Wie hoch ist der Bedarf an medizinischem Sauerstoff?

Die WHO stuft Sauerstoff seit 2017 als lebenswichtiges Medikament ein. Allein bei Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen wurde am 25. April 2021 ein täglicher Bedarf in Höhe von 25,5 Millionen Kubikmetern errechnet (siehe Bild), der aufs Jahr gerechnet Kosten in Höhe von 5,6 Milliarden US-Dollar verursachen würde.

In Indien liegt der tägliche Bedarf an Sauerstoff für COVID-Patienten nach Angaben des Berechnungstools "COVID-19 Oxygen Needs Tracker" bei 11,8 Millionen Kubikmeter pro Tag. Neben Indien gehören insbesondere Brasilien, Peru, Mexiko, Ägypten und Nigeria zu den Ländern mit erhöhtem Sauerstoffbedarf.

In Brasilien lag der Bedarf im Februar dieses Jahres bei 2,8 Millionen Kubikmetern täglich und stieg auf über drei Millionen Anfang März. Zum Vergleich: In China lag der tägliche Sauerstoffbedarf im Februar bei 8.000 Kubikmetern, aktuell beläuft sich der Wert auf 1.251 Kubikmeter.

Mit dem Covid-19 Tracker wird der Bedarf an medizinischem Sauerstoff kalkuliertBild: path.org | 2021 PATH

Wie wird der Bedarf  berechnet?

Eines der wichtigsten Instrumente ist der sogenannte "COVID-19 Oxygen Needs Tracker", der auf einer Initiative der internationalen Organisationen PATH, Clinton Health Access Initiative (CHAI) und "Access Challenge" beruht. Mit dem Instrument, das den täglichen Bedarf an Sauerstoff für COVID-19 Patienten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen berechnet, sollen Entscheidungsträger bei der Kalkulation von Bedarf und Beschaffung unterstützt werden. Die Daten stützen sich unter anderem auf Angaben der WHO.

Was kostet Sauerstoff?

Angesichts der steigenden Nachfrage gestaltet sich die Beschaffung von Sauerstoff zunehmend schwieriger. Nach Berichten der "Times of India" gehen auf dem Subkontinent die Preise durch die Decke. In Indien kann ein Zylinder Sauerstoff mittlerweile zwischen 250 und 330 US-Dollar oder sogar mehr kosten. Die Regierung von Premierminister Modi hat laut Presseberichten die Sauerstoff-Hersteller im Land angewiesen, die Produktion von medizinischem Sauerstoff zu priorisieren. In Peru sprangen die Preise laut Presseberichten zeitweise auf über 1000 US-Dollar pro Zylinder. In Deutschland kostet ein Liter Sauerstoff im Internet zurzeit rund 2,6 Euro, der Preis für eine Acht-Liter-Flasche liegt bei rund 20 Euro.

Mangelware: In Lima warten Angehörige von Corona-Patienten auf die Auffüllung der SauerstoffflaschenBild: Ernesto Benavides/AFP/Getty Images

Wer produziert Sauerstoff?

Die beiden größten Hersteller und Weltmarktführer sind der französische Konzern Air Liquide (Umsatz 2017: 20,3 Milliarden Euro) und das Unternehmen Linde (Umsatz 2019: 28,2 Milliarden Euro). Die größte Anlage in Deutschland mit einer Tagesleistung von 2.400 Tonnen steht in Oberhausen. Der Anteil von medizinischem Sauerstoff an der weltweiten Sauerstoff-Produktion liegt zwischen fünf und zehn Prozent.

Wie wird das Gas transportiert?

Bei der Produktion von Sauerstoff wird die Luft auf minus 186 Grad Celsius abgekühlt. Dadurch wird der Sauerstoff kondensiert. Das verflüssigte Gas wird dann in Tankwagen zum Beispiel zu Krankenhäusern transportiert und dort in Verdampfungsanlagen eingespeist, wo es sich wieder erwärmt. Durch die Erwärmung geht es wieder in die Gasform über und wird dann über Leitungen im Krankenhaus zu den Patientinnen und Patienten transportiert.

Falls Krankenhäuser nicht über diese dafür notwendige technische Ausrüstung verfügen, kann der Sauerstoff auch über Druckgasflaschen bereit gestellt werden. Diese sind zwar sperrig zu transportieren, dafür aber flexibel einsetzbar. Sie können zum Beispiel von Angehörigen in Schubkarren geladen werden, wenn diese Erkrankte versorgen müssen, die regelmäßig  Sauerstoff brauchen. Oder ins Krankenhaus mitgebracht werden. Im Vergleich zu den Tanks ist die Zylinder-Variante allerdings teurer.

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