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Corona verstärkt Überbelastung im Fußball

Chuck Penfold
12. November 2020

Die Corona-bedingten Verschiebungen im Fußball-Terminkalender stellt die Trainer vor neue Herausforderungen. DFB-Coach Joachim Löw ermahnt seine Kollegen, mehr denn je darauf zu achten, den Spielern Ruhepausen zu gönnen.

Fussball l DFB-Training, Bundestrainer Joachim Jogi Loew in Leipzig
Bild: Markus Gilliar/GES/picture-alliance

Die neue Fußball-Saison in Europa ist trotz der andauernden COVID-19-Pandemie gut angelaufen, dennoch ist man weit vom "business as usual" entfernt. Nicht nur, dass der komprimierte Zeitplan anfängt, seinen Tribut zu fordern, er bereitet den Trainern der Nationalmannschaften auch zusätzliche Kopfschmerzen.  

Ein Beispiel dafür ist die deutsche Nationalelf: Bundestrainer Joachim Löw stand bei der ersten Trainingseinheit nach dem Testspiel gegen Tschechien und vor den Partien der Nations League gegen die Ukraine und in Spanien mit nur sieben Spielern und einem Torhüter auf dem Platz. Zwölf weiteren Nationalspielern, die bereits im DFB-Quartier in Leipzig angekommen waren, gönnte Löw dagegen einen Tag der Ruhe und Erholung.  

Sieben Profis, die vergangene Woche noch in der Champions League gespielt haben, durften sogar einen Tag später anreisen als der Rest der Mannschaft. Gar nicht dabei waren - wegen positiver COVID-19-Tests - Kai Havertz vom FC Chelsea und Bayern-Verteidiger Niklas Süle. 

45 Minuten Ruhe für Ilkay Gündogan 

Unter den "Ausgeruhten" war auch Manchester Citys Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan, der die vorherige Länderspielpause wegen einer COVID-19-Infektion verpasst hatte. Gündogan stand am Sonntag in der Premier League beim 1:1-Unentschieden gegen den FC Liverpool 90 Minuten lang auf dem Platz. Dennoch stand er auch im DFB-Team gegen die Tschechen in der Startelf, allerdings wechselte Löw den England-Legionär nach der ersten Halbzeit aus und sorgte so für ein wenig Entlastung.

Ilkay Gündogan (l.) stand im Testspiel gegen Tschechien nur 45 Minuten lang auf dem PlatzBild: Sven Sonntag/Picture Point LE/imago images

"Ilkay hat am Sonntagabend ein sehr intensives Spiel absolviert. Er wird für uns am Samstag und Dienstag in der Nations League ein Schlüsselspieler sein", hatte Löw schon vor der Partie gesagt.  

Jürgen Klopp haut auf den Tisch

Gündogans Vereinstrainer Pep Guardiola wird die Fürsorge seines deutschen Kollegen zu schätzen wissen, schließlich argumentiert der Spanier, dass international spielende Profis mehr denn je Gefahr laufen, überbelastet zu werden.  Wie Guardiola fordert auch Liverpools Trainer Jürgen Klopp, dass in der Premier League wieder fünf Auswechslungen zugelassen werden, so wie es in der vergangenen Saison der Fall war, als die Liga nach wochenlanger Corona-Zwangspause fortgesetzt wurde. 

"Wir müssen auf den Tisch hauen", regte sich Klopp darüber auf, dass die Premier League als einzige der großen europäischen Ligen mit nur drei Auswechslungen spielt. Der Liverpool-Coach sieht die Schuld dafür bei Richard Masters, dem Geschäftsführer des Ligaverbandes.

Sind sich beim Thema Überbelastung der Spieler einig: Jürgen Klopp (l.) und Pep Guardiola (r.)Bild: Martin Rickett/empics/picture alliance

"Für mich ist das ein Mangel an Führungsstärke", sagte Klopp und bezog sich dabei auf eine Abstimmung vor der Saison, bei der sich die kleineren Premier-League-Klubs durchsetzten, da sie befürchten, fünf Auswechslungen würden eher ihren reicheren Rivalen mit größeren Kadern zugutekommen. "Masters hat das komplett falsch verkauft", schimpfte Klopp: "Fünf Wechsel sind kein Vorteil, sondern eine Notwendigkeit! Überall wird das so gehandhabt."  

"Es ist so anspruchsvoll für die Spieler", pflichtete ihm Guardiola bei. "Ich verstehe nicht, wie die Premier League oder die Verantwortlichen über solche Dinge entscheiden können."

Quarantäne als Drohszenario 

Abgesehen von der Belastung durch den strafferen Zeitplan hat der Anstieg der Coronavirus-Infektionen in ganz Europa die Bereitschaft einiger Teams geschmälert, ihre Spieler überhaupt für Länderspiele abzustellen. Die Bundesligavereine Werder Bremen und Arminia Bielefeld erklärten in der vergangenen Woche, dass sie keinen ihrer Nationalspieler für Partien im Ausland freistellen würden, da die örtlichen Gesundheitsbehörden bei deren Rückkehr einen mehrtägigen Quarantäneaufenthalt verlangten.   

Beide Klubs bewegen sich dabei im Übrigen innerhalb des FIFA-Reglements. Der Fußball-Weltverband hat eine vorübergehende Lockerung der Abstellungspflicht eingeführt, die besagt, dass die Vereine ihre Spieler  nicht für internationale Einsätze freistellen müssen, wenn dies bei ihrer Rückkehr eine Quarantänezeit erfordern würde.  

Doch da in Deutschland das letzte Wort in allen Fragen im Zusammenhang mit dem Coronavirus in den Händen der lokalen Gesundheitsbehörden liegt, gibt es keine einheitliche Vorgehensweise - noch nicht einmal innerhalb der einzelnen Bundesländer.  

Chaos in Italien, Löw warnt 

Italiens Nationalcoach Roberto ManciniBild: picture alliance/dpa/H. Schmidt

Am schlimmsten betroffen ist in dieser Länderspielpause wohl die italienische Squadra Azzurra. Nicht nur, dass Trainer Roberto Mancini wegen einer Corona-Infektion unter häusliche Quarantäne gestellt wurde, auch mehrere Klubs, wie Lazio Rom, AS Rom und AC Florenz befinden sich in Isolation. Und die Gesundheitsbehörden in ihren jeweiligen Regionen verboten den Spielern, zur Nationalmannschaft zu reisen.  Mancini musste seine Mannschaft also aus der Ferne betreuen und für die Spiele am Mittwoch gegen Estland (4:0), sowie die weiteren Partien gegen Polen und Bosnien-Herzegowina eine Art Not-Kader zusammenschustern. 

Da im DFB-Team Corona-bedingt nur Havertz und Süle fehlten, fiel es Joachim Löw leichter, seine Kader zusammenzustellen. Nachdem sein zweiter Test negativ ausfiel, fiel die Entscheidung, Süle gemeinsam mit den anderen Bayern-Spielern am Tag nach dem Tschechien-Spiel anreisen zu lassen. Somit ist in der Nations League am Samstag gegen die Ukraine und am kommenden Dienstag in Spanien eine wichtige Säule in der Abwehr wieder dabei.

Dennoch wird Löw wohl bei seiner Ansicht bleiben, dass wegen des vollgepackten Fußball-Terminkalenders andere Maßstäbe gelten. "Wenn wir Trainer jetzt nicht Vorsicht walten lassen, haben wir nächstes Jahr ein großes Problem. Jeder Trainer muss klug handeln, wenn er im März, April noch frische Spieler haben will", sagte Löw. "So eine Saison hat es noch nie gegeben und hoffentlich wird es sie auch nie wieder geben."

Adaption: Andreas Sten-Ziemons

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