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Politik

Bundeswehr-Ärzte helfen in Portugal

7. Februar 2021

Kein europäisches Land ist aktuell so stark von der Corona-Pandemie betroffen wie Portugal. Seit Mittwoch ist deshalb ein deutsches Sanitätsteam vor Ort. Es bereitet sich im Schnelltempo auf die ersten Patienten vor.

Portugal Corona-Pandemie | Bundeswehr hilft | Einarbeitung
Das Sanitätsteam soll sich erstmal in Abläufe einarbeiten - und auch etwas Portugiesisch lernen Bild: Jan-Philipp Scholz/DW

Es sind Szenen, wie man sie aus Kriegsgebieten kennt oder von Naturkatastrophen: Ein Airbus A400M Transporter landet auf einem abgelegenen Militärflughafen. Wenige Minuten später steigen 26 Mitglieder des Sanitätsdienstes der Bundeswehr - Ärzte, Pfleger und Hygieneexperten - im strammen Schritt aus der Heckklappe des Flugzeugs. Mit im Gepäck: Beatmungsmaschinen, Infusionsgeräte und Krankenhausbetten.

Hilferuf an europäische Partner

Doch dies ist kein Konfliktgebiet. Es ist der militärische Teil des internationalen Flughafens der portugiesischen Hauptstadt Lissabon - unweit des Terminals, wo noch vor wenigen Monaten im Minutentakt Billigflieger Wochenend-Touristen in der malerischen Hafenstadt absetzten.

Seit Mitte Januar ist das südeuropäische Land in einem kompletten Lockdown, der zivile Terminal von Lissabons Flughafen wie ausgestorben. Trotzdem gehen die Corona-Infektionszahlen kaum zurück. Noch vor wenigen Tagen hatte Portugal mit fast 900 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner die höchste 7-Tage-Inzidenz weltweit, die Intensivstationen des Landes sind komplett belegt.

Heiß ersehnte Ankunft des Bundeswehr-Sanitätsteams am Flughafen in LissabonBild: Jan-Philipp Scholz/DW

Portugals Regierung entschied sich, ihre europäischen Partner um Hilfe zu bitten. Die Deutschen waren die ersten, die reagierten. Umgehend schickten sie medizinisches Personal und Hilfsgüter auf den Weg. Und die Portugiesen zeigen sich hierfür mehr als dankbar.

Noch auf dem Rollfeld werden die 26 deutschen Soldatinnen und Soldaten persönlich von Portugals Verteidigungsminister Joao Gomes Cravinho in Empfang genommen. "Ich habe meiner deutschen Amtskollegin schon eine Nachricht geschickt, um mich zu bedanken", erzählt der sichtlich bewegte Minister. Annegret Kramp-Karrenbauer habe auch bereits geantwortet. "Dafür sind Freunde da, hat sie mir zurückgeschrieben."

Einsatzbeginn in Luxus-Klinik 

Einen Tag nach ihrer Ankunft sind die deutschen Bundeswehr-Ärzte und -Pfleger bereits bei der Arbeit. Erst einmal geht es darum, sich einzuarbeiten, Abläufe zu proben, die portugiesischen Namen der Medikamente zu lernen. Danach soll das Team dann acht besonders schwer betroffene COVID-19-Patienten intensivmedizinisch behandeln.

"Glücklicherweise hatten wir vor dem Abflug in Deutschland bereits zwei Tage Zeit, um uns abzusprechen und einzuspielen", berichtet Ärztin Katrin Thinnes. Normalerweise arbeitet die Anästhesistin im deutschen Militärkrankenhaus in Koblenz. "Ich kann es gar nicht oft genug wiederholen: Das A und O ist, dass wir unsere Schutzausrüstung immer korrekt angezogen haben. Es hilft den Patienten ja in keiner Weise, wenn sich jemand von uns infiziert."

Bundeswehr-Ärztin Katja Thinnes: "A und O ist die Schutzausrüstung"Bild: Jan-Philipp Scholz/DW

Allerdings erinnert hier, wo das Sanitätsteam in den nächsten Wochen portugiesische Patienten versorgen soll, gar nichts mehr an ein Krisengebiet. Die portugiesische Regierung hat sich entschieden, die deutschen Ärzte und Pfleger in einer der renommiertesten Privatkliniken des Landes einzusetzen. In normalen Zeiten lassen sich im Hospital da Luz im Zentrum Lissabons Superstars wie Cristiano Ronaldo behandeln, die Architektur erinnert eher an ein 5-Sterne-Hotel als an ein Krankenhaus.

Bundeswehr hilft in Portugal

02:54

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"Hier konnten wir einfach am schnellsten und besten die nötigen Ressourcen im Epizentrum Lissabon bereitstellen", erläutert Joao Gouveia von der Nationalen Notfall-Kommission gegen COVID-19 die Entscheidung. Die Hauptstadt ist eine der am stärksten betroffenen Regionen Portugals und es fehlte der brandneuen Intensivstation der Lissabonner Privatklinik bisher am nötigen Personal. Hinter vorgehaltener Hand berichtet einheimisches Gesundheitspersonal, man habe den ausländischen Gästen sicherlich auch nicht die in die Jahre gekommene Ausstattung der öffentlichen Krankenhäuser präsentieren wollen.

Diskussion um privates Gesundheitssystem

Doch mit der Entscheidung, die deutschen Mediziner in einem privaten Krankenhaus unterzubringen, hat die portugiesische Regierung ungewollt eine neue Debatte angestoßen. Viele Portugiesen sind der Meinung, dass sich das private Gesundheitssystem, welches sich größtenteils durch teure Zusatzversicherungen finanziert, die für die meisten Menschen unerschwinglich sind, zu wenig an der Bekämpfung der dramatischen Corona-Situation im Land beteiligt.

In der Tat irritiert ein Blick in den aktuellen Geschäftsbericht von Luz Saúde, dem Betreiber des Krankenhauses, welcher seit zwei Jahren vom chinesischen Großkonzern Fosun kontrolliert wird. Auch in diesen "außergewöhnlichen Zeiten" wolle man sich weiterhin auf eine Steigerung von Umsatz und Rentabilität konzentrieren, so das Management.

Das Hospital da Luz in Lissabon: Der dortige Einsatz der Bundeswehr stößt auch auf Kritik Bild: Jan-Philipp Scholz/DW

António Messias findet die Kritik an seinem Arbeitgeber nicht gerechtfertigt. Der Chefarzt der Intensivmedizin im Hospital da Luz hilft den deutschen Ärzten zusammen mit seinem Team bei ihrer Einarbeitung und rechnet vor, dass aktuell bereits rund 30 schwer erkrankte COVID-19-Patienten in seiner Klinik intensivmedizinisch betreut würden. "Ja, wir sind ein privates Krankenhaus, aber wir arbeiten doch genauso mit portugiesischen Patienten und wir versuchen, das öffentliche Gesundheitssystem nach Kräften zu unterstützen", so der Mediziner.

Hilfe soll schnell ankommen

Bundeswehr-Ärztin Katja Thinnes hat keine Zeit, sich in politische Diskussionen einzumischen. Für sie ist wichtig, dass ihre Hilfe möglichst schnell bei den schwer erkrankten Menschen ankommt. "Wir behandeln hier natürlich Menschen aus dem ganz normalen Gesundheitssystem", so die Medizinerin. Die Klinik stelle lediglich die Infrastruktur zur Verfügung und böte Unterstützungsleistungen an.

Am Montag wollen ihre Kollegen und sie mit den ersten Behandlungen beginnen. Drei Wochen wird das Bundeswehrteam vorerst in Portugal bleiben, eine Verlängerung nicht ausgeschlossen.

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