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Politik

Coronavirus: Deutschland versucht, ruhig zu bleiben

26. Februar 2020

In Deutschland gibt es erste Fälle von Infizierten mit dem Coronarvirus. Die Poltik bleibt ruhig. Eine Abriegelung von Orten ist nicht geplant.

Deutschland Symbolbild Schutzmaske für Coronavirus
Bild: picture-alliance/Pressebildagentur ULMER/M. Ulmer

Die Meldungen über Ansteckungen mit dem Coronavirus in Deutschland häufen sich. In Heinsberg in Nordrhein-Westfalen wurden am Mittwoch vorsorglich Schulen und Kindergärten geschlossen, nachdem ein Bürger der Stadt sich infiziert hatte. Gesundheitsminister Jens Spahn rät der Bevölkerung, wenn möglich, selbst Vorsorge zu leisten. Regelmäßiges Waschen der Hände mit Seife etwa eine halbe Minute lang, Händeschütteln möglichst vermeiden, so sein Rat. Auch Steffen Seibert, der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm am Mittwoch Stellung: "Bisher haben wir es in Deutschland ja geschafft, einzelne Infizierte zu isolieren und zu behandeln und eine Ausbreitung des Virus so zu verhindern. Das bleibt auch weiterhin das Ziel. Auch bei den neuen Fällen ist das Dank der sehr guten Arbeit vor Ort sehr schnell geglückt."

Spahn: "Besonnen und gut vorbereitet" 

Wir bleiben aufmerksam, wir bereiten uns auf alles vor, wir regieren aber angemessen: So lässt sich die Haltung der Bundesregierung zur Ausbreitung des Coronavirus zusammenfassen. Auch jetzt, nachdem erste Infektionsfälle auch in Deutschland bekannt geworden sind. Anfang der Woche äußerte sich etwa Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) so: "Ich bin weiterhin fest davon überzeugt, dass wir bestmöglich vorbereitet sind und uns auch vorbereitet haben. Das deutsche Gesundheitswesen ist eines der besten der Welt." Ähnliche Herausforderungen wie jetzt durch das neue Virus meisterten deutsche Ärzte und Krankenhäuser jedes Jahr bei Grippewellen, so Spahn. Aber er gibt auch zu: Der Unterschied ist, dass die Experten noch nicht alles über das neue Virus wüssten, und ein Impfstoff eben nicht vorhanden sei. Das bestätigt auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler: „"Wir müssen realistisch sein: Es wird diesen Impfstoff nicht vor Ende des Jahres geben."

Dennoch ist in Deutschland zunächst nicht an Maßnahmen wie in Italien gedacht, wo komplette Ortschaften abgeriegelt worden sind. Spahn: "Solange es geht, werden wir weiterhin versuchen, Infizierte in Deutschland zu isolieren, klinisch zu behandeln, sowie mögliche Kontaktpersonen engmaschig zu betreuen." Auch am Dienstag, nach einem Treffen mit den Gesundheitsministern der Europäischen Union in Rom, blieb Spahn bei der Linie, besonnen auf die Ausbreitung zu reagieren: „Wir sind gemeinsam der Meinung, dass zu diesem Zeitpunkt, jetzt, Reisebeschränkungen oder gar das Schließen von Grenzen keine angemessene, verhältnismäßige Maßnahme wäre." Die Sprecherin der Berliner Gesundheitsverwaltung, Lena Högemann, meint auf Anfrage der DW, eine Abriegelung von Städten, vor allem der Großstädte, sei auch gar nicht möglich: "Die Einreise nach Berlin für innereuropäische Reisende ist aufgrund der vielen unterschiedlichen Wege und Verkehrsmittel kaum wirkungsvoll zu überwachen. Berlin ist gut vorbereitet für den Ernstfall."  Die Sprecherin rät aber etwa Reisenden, die aus Italien kommen, sicherheitshalber einen Arzt zu kontaktieren.

Beruhigt: Gesundheitsminister Jens SpahnBild: picture-alliance/dpa/C. Gateau

Allgemeiner Pandemie-Plan ist drei Jahre alt

Eine speziellen, übergreifenden Plan, wie Deutschland auf das Coronavirus reagieren soll, gibt es also nicht. Das zuständige Robert-Koch-Institut verweist auf DW-Anfrage auf den allgemeinen Pandemie-Plan, der drei Jahre alt, nach Angaben einer Sprecherin aber auch auf das Coronavirus anwendbar ist. Dort werden unter dem Punkt "anhaltende Übertragung in der Bevölkerung" eine Reihe möglicher Maßnahmen aufgelistet: "Ausschluss Erkrankter aus Gemeinschaftseinrichtungen, Absonderung Erkrankter, Isolierung Erkrankter im medizinischen Bereich." So ist die Regierung in Deutschland tatsächlich bislang vorgegangen, etwa, als sie Reisende aus China zurückholte und sie 14 Tage lang in Quarantäne schickte. Weiter heißt es dem Pandemie-Plan aber auch: "Aufnahmestopp in Massenunterkünften, Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen, Veranstaltungsverbote." Soweit sind die Behörden in Deutschland jetzt noch nicht gegangen.

Auch in Düsseldorf gibt es einen Corona-FallBild: picture-alliance/dpa/F. Gamabrini

Für eigentlich wenig praktikabel halten Experten das Tragen von Schutzmasken in der Öffentlichkeit. Dennoch sind die meisten Masken in Deutschland zurzeit schon Mangelware. "Es gibt wirklich erhebliche und umfängliche Lieferengpässe", sagte etwa Thomas Porstner, Geschäftsführer beim Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels. Momentan seien nur noch kleine Mengen verfügbar. Experten haben immer wieder betont, dass die Masken noch am ehesten für Ärzte und Pfleger wichtig sind. Nicht wegen der Gefahr, sich selbst zu infizieren, sondern um geschwächte Patienten nicht zusätzlich zu belasten.

Wirtschaftsexperten stellen sich auf negative Auswirkungen ein.

Wirtschaftsexperten machen sich derweil jetzt schon Sorgen, welche negativen Folgen für die Weltwirtschaft das Virus haben könnte. So sagte Gabriel Felbermayr Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel der DW auf die Frage, ob das Virus die Globalisierung negativ verändern könnte: „Ja, ich denke schon. Was die Wirtschaft jetzt erkennt, ist, wie fragil das weltweite Wirtschaftssystem wirklich ist. Das erinnert mich an den Zusammenbruch von Lehmann-Brothers 2008, als plötzlich viele Menschen begriffen, wie fragil das Finanzsystem wirklich ist." Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wurde in Berlin zu möglichen Folgen für die Weltwirtschaft gefragt – und antworte eher ausweichend, vielleicht auch ratlos: „Wir gehen davon aus, dass es natürlich eine leichte Auswirkung auf die Weltwirtschaft haben kann, haben wird. Wie groß die sein wird, hängt aber davon ab, wie schnell dieses Virus eingedämmt ist und wie schnell die Zahl der Infektionen wieder zurückgeht." 

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