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Politik

"In der Bevölkerung herrscht gewisse Panik"

Irina Filatova
24. Januar 2020

Gaios Tsutsunaschvili, DAAD-Lektor an der Universität der chinesischen Stadt Wuhan, hat vor wenigen Tagen mit seiner Familie Wuhan verlassen. Im Gespräch mit der DW schildert er die Lage in der nun abgeriegelten Stadt.

China, Wuhan: Patienten mit SARS-ähnlichen Virus infiziert
Bild: Getty Images/AFP/STR

Deutsche Welle: Herr Tsutsunaschvili, wann haben Sie von dem gefährlichen Virus erfahren?

Gaios Tsutsunaschvili: Das erste Mal habe ich von diesem Virus am 31. Dezember aus sozialen Medien erfahren. Am gleichen Tag wurde ich von einer Studentin darauf angesprochen. Sie meinte, es gebe eine gefährliche Krankheit in China. Am Tag darauf hat man das sozusagen offiziell gemacht und auch diesen Markt zugemacht, wo anscheinend das Virus ausgebrochen ist. Am Anfang haben die Leute das nicht so ernst genommen. Das Leben ging einfach weiter wie früher. Ich hatte ein bisschen Angst, denn es gab es ja schon vor einigen Jahren eine ähnliche Situation in Südchina. Irgendwann habe ich dann verstanden, dass die Lage ernst ist.

Wurde die Bevölkerung ausreichend darüber informiert?

Anfangs gab es nicht genug ausführliche Informationen. Es gab zum Beispiel die Information, dass Leute aus Beijing gekommen sind, den Markt geschlossen und dann alles desinfiziert haben. Das alles wurde kommuniziert. Aber ich würde jetzt nicht unbedingt sagen, dass ich mich gut informiert gefühlt habe.

Wann haben Sie mit Ihrer Frau und Ihrem zweijährigen Sohn Wuhan verlassen?

Es ist schon fast eine Woche her, dass wir Wuhan verlassen haben. Man hat als Dozent an der Universität gewisse Verpflichtungen, und die muss man einhalten. Es gab auch keine offizielle Warnung vom Auswärtigen Amt, dass man das Land sofort verlassen müsse. Ich habe mein Bestes gegeben, um alle Angelegenheiten so schnell wie möglich zu erledigen. Dann sind wir nach Australien geflogen.

Gaios Tsutsunaschvili ist inzwischen in AustralienBild: privat

Leider sind viele deutsche Landsleute in Wuhan geblieben. Ich bin mit ihnen in Kontakt. Beispielsweise habe ich eine Liste erstellt und an die deutsche Botschaft in Beijing weitergereicht. Man wollte eine Liste haben mit Namen und Kontaktdaten der Deutschen, die in Wuhan leben. Momentan sind noch 30 Deutsche in Wuhan. Einer davon hat Fieber und ist krank. Er steht unter Beobachtung. Es ist nicht klar, ob er dieses Lungenvirus hat.Er meinte, dass es wahrscheinlich keine Lungenentzündung sei.

Wie ist die Stimmung in der Stadt und wie reagiert die Bevölkerung?

In letzter Zeit konnte man deutlich mehr Schutzmasken sehen. Das ist mittlerweile auch Plicht in der Stadt. Die Leute waren deutlich nervöser als am Anfang. Mittlerweile weiß ich, dass sich die Lage komplett geändert hat. Jetzt ist die Stadt komplett abgeriegelt. Und heute gab es auch die Warnung vom Auswärtigen Amt, dass man die Stadt nicht verlassen darf. Menschen vor Ort haben mir erzählt, dass die Flughäfen und Bahnhöfe vom Militär blockiert seien, und dass auch der öffentliche Personennahverkehr ausgesetzt sei. Die Straßen sind leer, es fahren keine Busse und keine U-Bahnen mehr. Es gibt Hamsterkäufe in Supermärkten. Die Menschen horten Lebensmittel, weil sie Angst haben. Es sind sehr viele Leute in den Supermärkten, und manchmal kommt es auch zu Handgreiflichkeiten.

Wuhan: Hamsterkäufe in SupermärktenBild: Getty Images/Wang He

Wie reagiert die Regierung auf die Situation?

Man hat uns gesagt, wir sollten Menschenansammlungen meiden und wenn nicht unbedingt nötig, auch keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Viele Leute sind dann zum Flughafen gefahren, weil sie die Stadt verlassen wollten. Heute bis zehn Uhr konnte man das noch. Man hat auch versucht, in den Bahnhöfen Tickets zu ergattern, um möglichst die Stadt zu verlassen. Einige habe das geschafft, andere nicht. Es kam sehr überraschend von heute auf morgen, dass es hieß, die Stadt werde abgeriegelt. Das hat natürlich eine gewisse Panik in der Bevölkerung ausgelöst. Man ist aufgefordert, den Anforderungen der lokalen Regierung Folge zu leisten. Ich denke die tun ihr Bestes, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen.

Gaios Tsutsunaschvili ist als DAAD-Lektor an der Universität Wuhan tätig.

Das Gespräch führte Irina Filatova

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