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Bleiben wir nach dem Coronavirus im Homeoffice?

Malte Rohwer-Kahlmann Homeoffice
20. März 2020

Schlafanzug statt Business-Garderobe, die eigene Couch statt der unbequeme Bürostuhl. Das Coronavirus verändert, wie und von wo viele von uns arbeiten. Ein Erfahrungsbericht.

Symbolbild | Homeoffice
Bild: picture-alliance/dpa/F. May

Ich sag's, wie's ist: Ich schreibe diesen Text in Jogginghose. Ich mache sehr, sehr, seeeehr regelmäßige Pausen. Um Kaffee zu machen. Oder in den Kühlschrank zu starren. Oder zu robodancen. Seit gut einer Woche arbeite ich jetzt von Zuhause und kann berichten: es macht Spaß, frustriert, belohnt - eigentlich alles auf einmal.

Millionen von Menschen weltweit, die gerade in die eigenen vier Wände verbannt sind, machen wahrscheinlich sehr ähnliche Erfahrungen. Das Coronavirus hat das Arbeiten von Zuhause zur plötzlichen Realität gemacht. Klar, Tech-Startups, digitale Nomaden und New-Work-Gurus schwärmen schon lange von den Vorteilen des Homeoffice, wie einer höheren Produktivität und Zufriedenheit. Aber es haben sich bei weitem nicht alle auf die Arbeitsmöglichkeiten gestürzt, die moderne Technologien ermöglichen.

Nehmen wir Deutschland, zum Beispiel. Bevor sich das Virus ausbreitete, ließ nur eins von vier Unternehmen seine Mitarbeiter von außerhalb des Büros arbeiten, so eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Nur zwanzig Prozent der Mitarbeiter machten davon überhaupt Gebrauch. Und die meisten derer, die noch täglich ins Büro rannten, wollten das auch weiterhin tun.

Sind wir mitten in der Homeoffice-Revolution?

Aber im Moment können viele das eben nicht. Deutschland - und jedes andere Land, in dem sich das Coronavirus ausbreitet - steckt mitten in einem riesigen, unfreiwilligen, improvisierten Homeoffice-Experiment. Was heißt das für die, die zumindest theoretisch von Zuhause arbeiten können, für die Zeit nach dem Virus? Klappen wir einfach unsere Laptops zu und gehen zurück ins Büro? Oder zeigen die nächsten Wochen und Monate, dass es funktioniert - und wir bleiben einfach gleich Zuhause?

"Ich glaube schon, dass das wirklich was verändern wird", sagt Josephine Hofmann vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation mir am Telefon. Viele Unternehmen stünden gerade vor der Wahl, Mitarbeiter entweder von Zuhause arbeiten zu lassen oder sie gar nicht arbeiten zu lassen. Letzteres wolle natürlich niemand und so würden die Firmen derzeit, ob sie wollen oder nicht, auf die Vorteile der Heimarbeit gestoßen.

E-Mails könnten zeitfressende, ineffiziente Meetings ersetzen. Eine Videokonferenz den Geschäftstermin, zu dem man morgens hinjettet und abends wieder zurück. Diese Erkenntnisse könnten hängenbleiben, auch nach der Krise, und dazu führen, dass Unternehmen sich stärker aufs Von-Zuhause-Arbeiten einstellen. "Das wäre auch im Sinne unseres Planeten, unseres Klimas und einer nachhaltigeren Arbeitsweise”, so Hofmann.

Erfahrungsbericht aus China

Ein Fallbeispiel aus China scheint diesen Wandel zu bekräftigen. Zumindest auf den ersten Blick. Die Reiseagentur CTrip hat dort vor ein paar Jahren einigen Call-Center-Mitarbeitern erlaubt, von Zuhause zu arbeiten. Ökonomen fanden heraus: Sie waren zufriedener, produktiver - und haben dem Unternehmen Geld gespart, weil es weniger Büroflächen brauchte.

Das Experiment war so ein Erfolg, dass das Management es direkt auf die ganze Belegschaft ausgeweitet hat. Dabei zeigte sich allerdings, dass nicht jeder mit dem Arbeiten von Zuhause klarkommt. Einige mögen eine Aufgabe nach der anderen erledigt bekommen, während sie gemütlich auf der Couch liegen und hinter sich nicht dauernd den prüfenden Blick des Chefs vermuten müssen. Andere fühlen sich alleine gelassen. Tatsächlich war Einsamkeit der Hauptgrund derer, für die das Homeoffice nichts war.

Ich kann das durchaus verstehen. Nach nur einer Woche Arbeit vom Küchentisch vermisse ich den Austausch mit meinen Kollegen. Wir kommunizieren natürlich ständig, über E-Mail, Nachrichten, Telefonanrufe - wir haben sogar ein Feierabendbier per Videochat getrunken (und es war okay). Aber es entsteht einfach nicht dieselbe spontane Kreativität, die gemeinsame Zeit im Büro aufwirbeln kann.

In Zukunft suchen wir uns einfach aus, von wo wir arbeiten

"Die Lösung wird sein, im richtigen Moment am richtigen Ort zu arbeiten", erzählt mir Tristan Horx via Skype. Er arbeitet fürs Zukunftsinstitut, ein Think-Tank, der - man könnte es schon vermuten - zu den Trends der Zukunft forscht. Verschiedene Arbeitsumgebungen seien für verschiedene Aufgaben mehr oder weniger gut geeignet. Und Unternehmen würden das zunehmend erkennen und sich entsprechend verändern.

Ganz konkret hieße das, Mitarbeiter erledigen Einzelaufgaben, die viel Konzentration erfordern, von Zuhause aus. Für Projekte, an denen sie im Team arbeiten, kommen sie ins Büro. In diese Richtung hätte sich die Arbeitswelt ohnehin schon entwickelt. Aber das Coronavirus würde diesen Prozess noch deutlich beschleunigen. "Wenn man jetzt viele Digitalmeetings machen muss, kommt man auch darauf, wie viel toller und kreativer ein wirklicher Schaffungsprozess in einem analogen Meeting ist", so Horx.

Das Coronavirus wird also wohl tatsächlich verändern, wie wir arbeiten. Denn wenn Unternehmen eine solche Krise überstehen, während ihre Mitarbeiter Zuhause sind, sollte das in normaleren Zeiten ja wohl auch kein Problem sein.

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