Bei 80 Prozent verläuft die Infektion harmlos, gefährdet sind vor allem sehr alte Menschen. Skepsis gegenüber den neusten Zahlen aus China bleibt aber angebracht.
In die Analyse flossen insgesamt 72.314 Patientenakten ein – 44.672 (61,8 Prozent) bestätigte Fälle, 16.186 (22,4 Prozent) Verdachtsfälle, 10.567 (14,6 Prozent) klinisch diagnostizierte Fälle (nur Provinz Hubei) und 889 asymptomatische Fälle (1,2 Prozent).
Bei mehr als 80 Prozent der Fälle gab es nur einen milden Verlauf, 13,8 Prozent der Infizierten erkrankten schwer und nur 4,7 Prozent der Infizierten wurden als kritisch eingestuft.
Je älter der Patient, desto größer das Risiko
Wirklich gefährdet sind vor allem die über 80-Jährigen. Hier liegt die Sterblichkeitsrate bei 14,8 Prozent. Betroffen sind vor allem Patienten mit chronischen Vorerkrankungen. An der Spitze stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gefolgt von Diabetes, chronischen Atemwegserkrankungen und Bluthochdruck.
Zwischen 70 und 79 Jahren liegt die Sterblichkeitsrate bei 8 Prozent, bei den 60- bis 69-Jährigen bei 3,6 Prozent.
Jüngere sind dagegen deutlich geringer gefährdet. Zwischen 10 und 50 Jahren steigt die Sterblichkeitsrate mit zunehmendem Alter von 0,2 auf 0,4 Prozent. Bei 50- bis 59-Jährigen liegt die Sterberate bei 1,3 Prozent.
Kleinkinder bis neun Jahre erkranken kaum an dem neuartigen Virus, bislang sind keinerlei Sterbefälle in dieser Altersgruppe bekannt.
Interessanterweise ist die Sterblichkeitsrate bei Männern (2,8 Prozent) deutlich höher als bei Frauen (1,7 Prozent).
In der besonders betroffenen Provinz Hubei liegt die Sterblichkeitsrate bei 2,9 Prozent, außerhalb davon aber bei 0,4 Prozent, wodurch sich eine Gesamtsterblichkeitsrate von 2,3 Prozent ergibt – wobei hier nicht bestätigte infizierte Fälle nicht einberechnet sind.
Nach Angaben der chinesischen Behörden haben sich inzwischen aber auch mehr als 12.000 Menschen von der Infektion erholt.
Klinikpersonal besonders gefährdet
Besorgniserregend ist, wie hoch das hohe Risiko für das medizinische Personal in den betroffenen Provinzen ist. Laut vorliegender Studie sind insgesamt 3019 Beschäftigte im Gesundheitswesen infiziert worden, davon 1716 bestätigte Fälle. Fünf davon waren im Beobachtungszeitraum der Studie an dem Virus gestorben.
Gerade erst ist ein ranghoher Gesundheitsbeamter, der Krankenhausdirektor von Wuhan, ebenfalls an dem Virus gestorben.
Anfang des Monats hatte der Corona-Tod des 34-jährigen Arztes Li Wenliang, der für seine frühen Warnungen vor dem Virus von den chinesischen Behörden gerügt worden war, landesweit eine Welle von Trauerbekundungen und scharfen Protesten gegen die Zentralregierung ausgelöst.
Höhepunkt der Infektionen bereits erreicht?
Die Studie deutet an, dass der Rückgang der Infektionszahlen einen Abwärtstrend in der allgemeinen Epidemiekurve bedeuten könnte. Demnach hätten die drastische Einschränkung der Bewegungsfreiheit im ganzen Land und vor allem in Hubei maßgeblich dazu beigetragen, die Epidemie einzudämmen.
Allerdings sieht Prof. Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin der Münchner Klinik Schwabing, diese Zahlen sehr kritisch: "Als Kliniker hege ich noch Zweifel, ob es sich dabei schon um die erhoffte Trendwende bei diesem gewaltigen Ausbruch handelt. Nach Berichten aus China hat dort ja zeitweise die Verfügbarkeit der Nachweisdiagnostik (RT-PCR) abgenommen, sodass ich hinter diesen Meldezahlen der PCR-bestätigten Fälle zumindest in Hubei ein Fragezeichen setzen würde. Dort wurden sicher nicht alle Erkrankten diagnostiziert."
Vorbehalte bezüglich der chinesischen Zahlen
Laut Wendtner, der auch die Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen an der Münchner Klinik Schwabing leitet, sind die chinesischen Zahlen mit großer Vorsicht zu betrachten. Er glaubt, dass "die Dunkelziffer der COVID-19-Patienten in der Region Hubei vermutlich sehr hoch ist. Wer geht denn jetzt noch ins Krankenhaus zum Arzt, wenn er Angst hat, unter Quarantäne steht und die Wohnung ohnehin nur schwer verlassen kann?"
Besorgt zeigen sich auch die Autoren der umfangreichen Studie, die das chinesische Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention (CCDC) zum neuen Coronavirus COVID-19 veröffentlicht hat. China müsse sich bereits "auf einen möglichen Rückschlag der Epidemie vorbereiten", wenn die vielen Menschen landesweit von ihrem Zwangsurlaub an ihre Arbeitsplätze zurückkehren.
Wuhan-Virus: Welche Branchen schon betroffen sind
Das in der chinesischen Millionenstadt Wuhan in der Provinz Hubei aufgetauchte Coronavirus gefährdet die globale Wirtschaft. Einige wenige Firmen sehen Chancen, die meisten Branchen aber beklagen bereits jetzt Einbußen.
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Die Kanzlerin in Wuhan
2019 besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel noch das Webasto-Werk in Wuhan. Das ist inzwischen geschlossen, wie das Unternehmen mitteilte. "Auswirkungen auf die globalen automobilen Lieferketten" seien nicht auszuschließen. Etwa 1000 Beschäftigte in der deutschen Zentrale arbeiten im "Homeoffice", da es unter ihnen einige bestätigte Corona-Infektionen gibt.
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Ein seltener Fall
Ein Chemiekonzern sieht eine Chance: Lanxess verzeichnet eine stärkere Nachfrage nach seinem Desinfektionsmittel Rely+On Virkon. Das Mittel werde zur Desinfektion von harten Oberflächen und Geräten eingesetzt und könne wirksam gegen das Coronavirus sein und vor allem in China werde es stärker eingesetzt, so das Unternehmen. Man arbeite daran, schnellstmöglich zusätzliche Mengen liefern zu können.
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Für ein Virus zu langsam
Die zurzeit schwächelnde Medizintechnik-Sparte von Siemens rechnet dagegen nicht mit einer steigenden Nachfrage nach seinen Röntgengeräten und Computertomographen. "Die kurzfristige Möglichkeit, damit Geschäfte zu machen, würde ich nicht überschätzen. Das geht nicht so schnell", sagte der Vorstandschef von Siemens Healthineers, Bernd Montag: "Da kommt und geht ein Virus schneller."
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Einzelhandel und Systemgastronomie
Bei den Fastfood-Ketten KFC und Pizza Hut von Yum China und den Cafes von Luckin Coffee bleiben derzeit die Türen geschlossen. Die schwedische Modekette H&M schloss etwa 45 Filialen in China, der Jeans-Hersteller Levi Strauss ungefähr die Hälfte seiner Läden. Experten gehen aber davon aus, dass die Auswirkungen übersichtlich bleiben, da ihre Geschäfte nun überwiegend online abgewickelt werden.
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Keine Zeit für die "schönste Nebensache der Welt"
Wie auch US-Konkurrent Nike schließt der deutsche Sportartikelhersteller Adidas in China vorübergehend viele seiner eigenen Geschäfte. Darüber hinaus, so der Konzern, werde das Franchise-Geschäfts genau beobachtet. Es sei aber noch zu früh, um die Auswirkungen zu beurteilen. Reklame-Veranstaltungen wie diese mit Fußballstar Paul Pogba in Hongkong 2017 wird es jetzt jedenfalls nicht geben.
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Besonders gefährdet: Die Autobauer
Die Epidemie habe "eine enorme wirtschaftliche Tragweite", gerade für die deutschen Autobauer, erklärt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. So bleiben die 33 Werke von Volkswagen (hier die konzerneigene Versuchsstrecke in Xinjiang) und seinen Joint Ventures in China noch bis zum Wochenende geschlossen, Geplante Auslieferungen seien aber nicht gefährdet.
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An keinem geht es einfach so vorbei
Bei Daimler (hier ein Maybach bei einer Messe in Peking) soll der Großteil der chinesischen Produktion am kommenden Montag wieder anlaufen. Dabei setze das Unternehmen aber "verstärkt auf Homeoffice". Auch bei BMW starten die Produktion in Shenyang sowie die Büroarbeit im Vertrieb voraussichtlich am Montag wieder. Vertriebler arbeiten demnach zwischenzeitlich von Zuhause aus.
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Honda bleibt vorsichtig
Der japanische Autobauer Honda hält seine drei zusammen mit dem chinesischen Hersteller Dongfeng betriebenen Autowerke in Wuhan länger geschlossen. Der Betrieb werde bis mindestens zum 13. Februar ruhen, sagte ein Sprecher. Ob die Produktion dann wieder anläuft, sei noch nicht klar. Man halte sich an die Vorgaben der lokalen Behörden.
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Der Nachschub bleibt aus
Das Virus wird zunehmend zum Problem der global verzahnten Lieferketten. Dafür ist die Autoindustrie ein gutes Beispiel. So wird der südkoreanische Hersteller Hyundai seine gesamte heimische Produktion noch in dieser Woche auszusetzen. Der Grund: fehlende Teile, die normalerweise aus China geliefert werden. Analysten gehen davon aus, dass ähnliche Probleme viele Unternehmen treffen werden.
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Die Chinesen bleiben aus
Auch in Deutschland sind Einschränkungen bereits spürbar: Wegen der Ansteckungsgefahr werden auf der Frankfurter Konsumgütermesse "Ambiente" weniger Besucher erwartet. Das ergebe sich schon aus den deutlich reduzierten Flugverbindungen aus China, sagte ein Sprecher der Messegesellschaft. Die Lufthansa und andere Airlines haben ihre Verbindungen auf das chinesische Festland unterbrochen.
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Hauptsache vorbereitet
Am Frankfurter Flughafen ist bereits eine Quarantänehalle für Corona-Evakuierte eingerichtet worden. Die meisten Passagiere aus China landen in Deutschland in der Regel in Frankfurt (2018 waren es mehr als eine Million). Wichtigste chinesische Airports für die Verbindung mit Deutschland waren die Flughäfen in Peking, Shanghai und Hongkong. Direktflüge von und nach Wuhan fanden nicht statt.