Chinesische und US-Forscher entwickeln eine Impfung gegen das Coronavirus. Wenn alles gut geht, dürften die ersten Tests schon in drei Monaten stattfinden. Frühestens im Sommer könnte ein Impfstoff verfügbar sein.
Anzeige
Der erste entscheidende Schritt hin zu einer wirksamen Impfung gegen das neuartige Coronavirus (nCoV) ist getan: Mediziner des Chinese Center for Disease Control and Prevention (CDC) haben das neuartige Virus isoliert und dessen genetische Informationen analysiert, sagte Xu Wenbo, Leiter des Instituts für Virenerkrankungen gegenüber der Presseagentur Xinhua. Niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit wurde der Sprung eines neuartigen Erregers von einem noch unbekannten Tier auf den Menschen so schnell entdeckt, das Virus komplett entschlüsselt, in Zellkultur vermehrt und das verfügbare Wissen in Form wissenschaftlicher Publikationen aller Welt so rasch zur Verfügung gestellt.
Impfstoffentwicklung bereits im Gange
Schon haben die chinesischen Forscher mit der Impfstoffentwicklung begonnen. Auch in den USA, in Australien und weiteren Ländern arbeiten die Mediziner bereits an einer Impfung: In den USA traf sich eine neu gegründete Impfstoff-Forschungsgruppe des National Institute of Health (NIH) unter Leitung von Anthony S. Fauci, dem Leiter des Instituts für Allergien und Ansteckende Krankheiten (NIAID), um die weitere Strategie abzustimmen.
In einem aktuellen Standpunkt in der Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association schreibt Fauci, dass Impfstoffe, die bereits gegen zwei andere gefährliche Coronaviren SARS und MERS entwickelt wurden, wahrscheinlich auch eine gute Grundlage für die Entwicklung eines Impfstoffs gegen nCoV bieten könnten.
Bei der sogenannten "Plattform-Herangehensweise" nutzen Forscher etwa ein harmloses Erkältungsvirus und bauen Bestandteile des Coronavirus in dieses ein, um eine Immunreaktion auszulösen.
2003 hatte die Forschungsgruppe um Andrea Gambotto, Molekularmediziner an der Universität Pittsburgh, so drei verschiedene Impfviren erzeugt. Diese beruhten auf verschiedenen Proteinen: Dem Spike-Protein S1, das bei den Coronaviren für die Ausformung der kronenartigen Spitzen ("Spikes") verantwortlich ist - ein Membranprotein und einem Nukleokapsid-Protein des originalen SARS-Virus. Die schnelle Entwicklung war nur möglich gewesen, weil das gesamte Genom des SARS-Virus in Rekordzeit entschlüsselt werden konnte.
Über den Einsatz im Tiermodell kam die Entwicklung des SARS-Impfstoffes 2003 dennoch nicht hinaus. Der Hauptgrund: Die SARS-Epidemie war bereits vorüber kurz nachdem die Mediziner ihren Impfstoff erfolgreich an Makaken getestet hatten.
Unbekannte Risiken: Die Wandlungsfähigkeit des Virus
Ein Faktor macht die Entwicklung von Impfstoffen gegen Coronaviren allerdings schwierig: Sie sind extrem wandlungsfähig. So war es auch bei SARS. Mediziner befürchteten, dass die Impfung mit dem Spike-Protein-Wirkstoff das Eindringen bestimmter Virenvarianten sogar beschleunigen könnte.
Nichtsdestotrotz betrachtet Fauci sowohl den Spike-Impfstoff, als auch den Nukleokapsid-Protein-Impfstoff als mögliche Basis für die weitere Forschung an einer nCoV-Impfung. Und auch Impfstoff-Hersteller stehen bereits in den Startlöchern, etwa die Firma Novavax aus Maryland, die bereits einen MERS-Impfstoff in der Pipeline hat. Auch die Universität Marburg hat einen MERS-Impfstoff entwickelt, der kurz vor der Erprobung am Menschen steht.
Das Jahr der Ratte beginnt in China düster. Das Coronavirus vermasselt den Chinesen ihr Neujahrsfest. Bis Donnerstag sind nach Angaben der Gesundheitsbehörden mittlerweile 17 Menschen gestorben und fast 600 erkrankt.
Bild: Getty Images/X. Chu
Abreise aus einer Stadt in Sorge
Noch am Mittwoch warteten Passagiere in diesem Bahnhof in Wuhan auf ihren Zug. Am Tag darauf wurde der komplette öffentliche Nah- und Fernverkehr von den Behörden eingestellt. In der Stadt mit elf Millionen Einwohnern ist das neue Coronavirus zuerst aufgetaucht, hier wurden die meisten Fälle registriert.
Bild: Getty Images/X. Chu
Ungünstiger Zeitpunkt
Das Auftreten des neuen Coronavirus fällt mit der alljährlichen Reisewelle vor dem chinesischen Neujahrsfest zusammen, wenn Hunderte Millionen Chinesen ihre Familien besuchen. Die gestiegene Mobilität der chinesischen Gesellschaft erhöht die Gefahr einer Epidemie, wie die Behörden sagen.
Bild: Getty Images/AFP/H. Retamal
Unsichtbarer Feind
Auch das Sicherheitspersonal wie am Pekinger Westbahnhof schützt sich mit Atemmasken vor Ansteckung. Die Plastikplanen dienen dem Schutz vor Kälte.
Bild: Reuters/J. Lee
Gut geschützt?
Die genauen Ansteckungswege des neuen Virus sind noch unklar. Experten halten das Ansteckungsrisiko für geringer als bei der Grippe. Ausgerüstet mit Atemmasken scheinen diese Zugreisenden in Shanghai relativ entspannt zu sein. Ihnen steht eine 27 Stunden Bahnfahrt bevor. Das Ziel: Horhot in der inneren Mongolei.
Bild: Reuters/A. Song
Straßenszene in Wuhan
Wuhan gilt aus Ausgangspunkt der Epidemie, genauer gesagt ein dortiger Markt, wo auch lebende Tiere verkauft werden. Das ist in vielen asiatischen Ländern nicht unüblich. Atemmasken sind in der zentralchinesischen Metropole inzwischen dort obligatorisch.
Bild: Getty Images/Stringer
Kontrolle auf Taiwan
Messung der Körpertemperatur von ankommenden Flugpassagieren aus Wuhan auf Taiwan. Dies war noch vor der Aussetzung des Flugverkehrs in der chinesischen Millionenstadt am Donnerstag. In Taiwan wurde bislang ein Fall der Ansteckung mit dem neuen Virus bekannt. Pikant ist: Taiwan ist auf Betreiben Pekings von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgeschlossen.
Bild: Getty Images/AFP/Chen Chi-Chuan
Auch Hongkong und Macao betroffen
In Hongkong wurden bis Mittwoch zwei Fälle von Infektionen bekannt. Hier wird ein Patient in die Infektionsabteilung des Prinzessin-Margaret-Krankenhauses eingeliefert. Im benachbarten Macao gab es bislang einen Fall.
Bild: Getty Images/A. Kwan
7 Bilder1 | 7
Unterdessen haben sich auch australische Wissenschaftler um Keith Chappell von der Universität Queensland der Entwicklung eines Impfstoffes zugewandt. Sie haben sich in der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) mit weiteren Medizinern zusammengeschlossen, um eine neuartige Impfung mit Hilfe einer sogenannten molekularen Klemme zu entwickeln. Die Idee dieser Impfung besteht darin, Vorstadien der Viren so aussehen zu lassen, als seien sie voll entwickelte, stabile Viren. So kann das Immunsystem sie angreifen, schon bevor sie mit der Zelle verschmelzen.
Auch dies sei, genauso wie die Forschung der US-Mediziner, ein "Plattform-Ansatz" sagte Chappel gegenüber Reuters. Die Methode habe – allerdings nur im Labor - schon gegen andere gefährliche Viren wie Ebola, MERS oder SARS Wirkung gezeigt.
Die größte Herausforderung ist, wie schon bei SARS, auch jetzt wieder die Schnelligkeit in der Impfstoffentwicklung. Die US-Forscher um Fauci hoffen, schon in drei Monaten soweit zu sein, dass sie einen Impfstoff am Menschen testen können.
Geht alles gut, könnte die Einführung der Impfung frühestens im Sommer 2020 erfolgen. Das wäre ein Rekord in der Impfstoff-Entwicklung. Bei SARS hatte es noch 20 Monate von der Gensequenzierung bis zur Impfstoffentwicklung gedauert.
Ob es indes überhaupt so weit kommt, hängt auch davon ab, ob nicht vielleicht ein ganz anderer Ansatz schon vorher mehr Erfolg verspricht: die Behandlung mit antiviralen Medikamenten.
Fauci schreibt in seinem Standpunkt, dass verschiedene Breitband-Antiviren-Medikamente in Betracht kommen könnten, etwa der aus der Ebola-Behandlung bekannte RNA-Polymerase-Hemmer Remdesivir, oder die aus der HIV-Behandlung erprobte Kombination der Wirkstoffe Lopinavir und Ritonavir.
Die chinesischen Behörden haben jedenfalls schon größere Mengen des HIV-Medikaments Aluvia Kaletra bestellt, wie Adelle Infante, Sprecherin der Firma AbbbVie in North Chicago, Illinois, gegenüber Reuters bestätigte.
Noch ein ganz anderer Ansatz ist die Bekämpfung der Viren mit sogenannten monoklonalen Antikörpern, also immunologisch aktiven Proteinen, die eine ganz bestimmte Immunantwort des Körpers hervorrufen.
Herbert Virgin von Vir-Biotechnologies in Illinois, USA, sagte, dass seine Firma bereits Antikörper entwickelt hat, die in Laborversuchen Wirksamkeit gegen SARS und MERS gezeigt hätten. Einige davon seien in der Lage gewesen Coronaviren zu neutralisieren. "Vielleicht haben sie das Potential auch den Wuhan Virus zu behandeln," sagte Virgin.
Quarantäne bleibt vorerst die wirksamste Maßnahme
Ob eine Impfung jemals auf den Markt kommt, hängt auch vom weiteren Verlauf der Epidemie ab. Derzeit nutzen die chinesischen Behörden konsequent die wirksamsten Mittel zur Eindämmung der Krankheit: Die Isolation der Patienten und die Quarantäne ganzer Städte. Betroffen sind davon mittlerweile 43 Millionen Menschen.
Dabei scheint eine nCoV-Infektion deutlich seltener tödlich zu enden, als es noch bei SARS der Fall war. Damals starben etwa zehn Prozent der 8000 nachweislich Infizierten.
Zwar steigt die Zahl der Infizierten rapide und stetig an, aber nur verhältnismäßig wenige Patienten sterben an der Infektion. Und das sind meist ältere Menschen mit Vorerkrankungen.
Prof. Mark Harris, Virologe an der School for Molecular- and Cell Biology der Universität Leeds schätzt die Mortalitätsrate auf nur etwa 0,1 Prozent. Er berücksichtigt bei seiner Schätzung die wahrscheinlich hohe Dunkelziffer von Patienten mit relativ mildem Krankheitsverlauf, die gar nicht erst Kliniken aufsuchen und daher in den offiziellen Statistiken nicht erfasst werden.
Sollte seine Annahme zutreffen, wäre das neue Virus kaum gefährlicher als eine übliche saisonale Grippe. Unklarheit herrscht nach wie vor darüber, wie stark ansteckend das Virus wirklich ist. Die chinesischen Gesundheitsbehörden waren vorübergehend davon ausgegangen, dass Träger des nCoV-Virus andere Menschen schon anstecken können, wenn sie selbst noch gar keine Symptome zeigen.
Das würde zwar erklären, warum die Epidemie sich so schnell ausbreiten konnte, mittlerweile haben Ärzte diese Einschätzung aber auch schon wieder in Frage gestellt.
Bakterien, Viren, Pilze: Lebensbedrohlich und unverzichtbar
Am Weltgesundheitstag macht die WHO auf die Bedeutung der Lebensmittelsicherheit aufmerksam. Wir stellen Pilze, Bakterien und Viren vor, die Lebensmittel verderben - aber auch einige, die nützlich sind.
Bild: imago/Gerhard Leber
Igittigitt!
So ein verschimmeltes Brot ist nicht ungefährlich. Zwar gibt es ungefährlichen Schimmel - etwa auf Camembert - viele Schimmelarten produzieren aber giftige Abbauprodukte. Auch können die Pilzsporen Allergien hervorrufen. Im schlimmsten Fall und bei hohen Konzentrationen kann ein immungeschwächter Mensch durch Schimmelbelastung in Luft und Nahrung sogar sterben.
Bild: imago/imagebroker
Nützlicher Schimmel als Biokatalysator
Schimmel kann aber auch nützlich sein: Schimmelpilze zersetzen Kohlenhydrate, Fette und Proteine so effizient wie kaum ein anderer Organismus. Das macht sich die Industrie zunutze. Diese gentechnisch optimierte Schimmelpilzart Aspergillus niger bildet technisch nutzbare Enzyme, die in Nahrungs- und Waschmitteln verwendet werden - sozusagen wie eine lebende Fabrik.
Bild: BASF
Es geht um die Wurst
"Botulus" ist das lateinische Wort für "Wurst". Arbeiten Fleischer bei der Wurstherstellung nicht ganz sauber oder gibt es Verunreinigungen beim Einkochen von Fleisch- oder Gemüsekonserven, kann es zum "Botulismus" kommen. Das ist eine lebensbedrohliche Vergiftungskrankheit, ausgelöst durch das Bakterium "Clostridium botulinum".
Bild: picture-alliance/dpa
Lebensraum ohne Sauerstoff
Das Clostridium botulinum fühlt sich dort besonders wohl, wo es keinen Sauerstoff gibt. Es produziert ein Nervengift, dass als "Botox" gerne in der kosmetischen Chirurgie eingesetzt wird, um Hautpartien zu glätten. Bildet sich das Gift in verdorbener Nahrung, erleidet der Patient Lähmungen, spricht undeutlich und sieht doppelt. Eine Lähmung der Atemmuskulatur oder des Herzmuskels führt zum Tod.
Bild: picture alliance/OKAPIA
Rohkost ist nicht immer gesund
Bockshornklee-Sprossen waren bis 2011 beliebt bei Kunden, die Wert auf gesundes Essen legten. Dann kam heraus, dass eine Verunreinigung von ägyptischen Bockshornklee-Samen mit Enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) Bakterien verantwortlich für eine Infektionswelle in Deutschland war. 53 Menschen starben daran. Die Sprossen waren in Deutschland produziert worden.
Bild: picture-alliance/dpa
Ausbrüche schon seit 1982
EHEC produziert ein Gift, dass die Zellen der Darmwand zerstört und später Gehirn und Nieren angreift. Der erste große EHEC-Ausbruch trat 1982 in den USA auf, vermutlich zurückzuführen auf nicht ausreichend erhitztes Hackfleisch. 1996 erkrankten in Japan etwa 9000 Schulkinder nach dem Genuss von Rettich-Sprossen. Auch durch Rohmilch kann EHEC übertragen werden. Dagegen hilft: Abkochen
Bild: picture-alliance/dpa
Nützlicher Verwandter
Nicht alle Stämme der Escherichia coli Bakterien sind indes gefährlich. Im Dickdarm der Menschen produzieren sie normalerweise das für die Knochenbildung, das Zellwachstum und die Blutgerinnung wichtige Vitamin K. In der Biotechnologie nutzt man E. coli um Insulin und Wachstumshormone herzustellen. Die Bakterien können auch genutzt werden, um aus Mikroalgen Alkohol-Biotreibstoffe herzustellen.
Bild: Harvard’s Wyss Institute
Bakterien machen Produkte haltbar
Milchsäurebakterien hat der Mensch schon vor Jahrtausenden zu nutzen gelernt. Ohne die verschiedenen Stämme der Lactobacillales gäbe es keinen Joghurt, Kefir, Sauermilch und Käse. Erwärmt man Rohmilch auf über zwanzig Grad fühlen sich die Bakterien besonders wohl: Nach zehn Stunden wird die Milch sauer. Einige Arten der Milchsäurebakterien können aber krank machen.
Bild: imago/imagebroker
Gut für Sauermilch - schlecht fürs Blut.
Eine der vielfältigen Formen von Milchsäurebakterien sind Streptokokken. Sie spielen eine Rolle bei der Herstellung von Sauergemüse, Silage und Sauermilchprodukten. Streptokokken siedeln ganz normal an Pflanzen, Menschen und Tieren. Einige sind aber auch Krankheitserreger und verursachen Eiter, Karies und im schlimmsten Fall auch eine Blutvergiftung - die sogenannte Sepsis.
Bild: picture-alliance/OKAPIA
Die häufigsten Durchfallerreger
Stäbchenbakterien bzw. Campylobacter werden meist von Tieren auf den Menschen übertragen. Das geschieht entweder in der Tierhaltung oder auch auf dem Teller: Wird Rinder-, Schweine oder Geflügelfleisch nicht gründlich durchgebraten, kann es zur Infektion und damit zu Durchfallerkrankungen kommen.
Vorsicht vor rohen Eiern
Auch Salmonellen gehören zu den Stäbchenbakterien. Besonders häufig treten Erkrankungen nach dem Genuss weichgekochter Eier auf. Typhus ist eine gefährliche Form der Salmonellen Erkrankung, die mit hohem Fieber, schwachem Herzschlag und Darmverstopfung einhergeht. Unbehandelt kann sie zum Tod führen. Jährlich erkranken weltweit etwa 32 Millionen Menschen daran - oft durch unsauberes Trinkwasser.
Bild: picture-alliance/dpa
Nicht nur Bakterien verursachen Durchfall
Noroviren werden von Mensch zu Mensch über Schmierinfektionen von Erbrochenem oder Stuhl übertragen. Bereits 100 winzige Noroviren-Partikel reichen für eine Infektion aus. Die kann bei unzureichender Hygiene auch leicht über kontaminiertes Trinkwasser und Nahrungsmittel erfolgen.