Auf Messen wird Angebot und Nachfrage zusammengebracht und so Umsatz generiert. Gut für die Wirtschaft, aber leider auch gut für das Coronavirus. Messen abzusagen kommt nicht nur die Veranstalter teuer zu stehen.
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Bayern hatte am Dienstag als erstes Bundesland die Reißleine gezogen. Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern sind vorerst verboten. Das trifft Fußballspiele oder Konzerte, aber auch Messen. Den Veranstaltern wird damit in Bayern die Entscheidung abgenommen, ob sie Umsatzeinbußen in Kauf nehmen müssen, um das Infektionsrisiko zu verringern. Drei weitere Bundesländer haben sich mittlerweile angeschlossen.
Die Veranstalter der internationalen Reisemesse ITB in Berlin mussten noch selbst die schwere Entscheidung fällen. Heute hätte sie eigentlich ihre Tore öffnen sollen. Die ITB gehörte zu den ersten Messen in Deutschland, die wegen der Gefahr der Ausbreitung des Coronavirus abgesagt wurden. "Wir freuen uns, Sie darüber informieren zu können, dass allen Hauptausstellern der ITB Berlin 2020 die Vorauszahlung auf die Standmiete, Ausstellerausweise und AUMA-Beitrag ... rückerstattet wird", heißt es auf der Internetseite der Messe.
Eine kleine Erleichterung für die Aussteller, eine große Einbuße für die Veranstalter. Da tröstet es wohl auch nicht, dass andere Messen ebenfalls in den vergangenen Tagen beschlossen haben, die Besucher auf einen späteren Zeitpunkt zu vertrösten oder sie zu bitten, gleich ganz zu Hause zu bleiben. Darunter die weltgrößte Industriemesse in Hannover, die nun im Sommer stattfinden soll. Die Aussteller leiden trotz Rückerstattung unter den Absagen. Denn ihre Umsatzeinbußen, da sie nun nicht auf Messen nach neuen Aufträgen angeln können, werden nicht erstattet.
Unter Umsatzeinbußen leiden zudem Messebau-Unternehmen, Hotels und Gastronomie, Eventagenturen, Technikdienstleister, das Transportgewerbe sowie zahlreiche Lieferanten und Handwerker vor Ort. Ihnen könnte nun das jüngst beschlossene Paket der Regierung helfen, das einen leichteren Zugang zu Kurzarbeit vorsieht und Unternehmen mit Liquidität unterstützen will.
Einbußen gehen in die Milliarden
Allein in Deutschland sind seit Beginn der Krise mindestens 68 Messen betroffen, das geht aus Daten des Deutschen Fachverlags m+a internationale Messemedien hervor. 15 davon wurden abgesagt, die übrigen verschoben. Das wird teuer: So erwartet der Verband der Deutschen Messewirtschaft (Auma) Einbußen für die Gesamtwirtschaft in Höhe von fast drei Milliarden Euro. Insgesamt trägt die Messewirtschaft in normalen Zeiten jährlich über 28 Milliarden Euro zur Wirtschaftsleistung bei.
Mehr als 24.000 Arbeitsplätze seien von den Messeabsagen betroffen. Auch der Staat bekomme die Auswirkungen zu spüren, heißt es vom Messeverband Auma: Ihm würden mehr als 470 Millionen Euro Steuereinnahmen entgehen. Und die Krise fängt gerade erst an. "Fast alle Messeplanungen für die nächsten Monate werden gerade Makulatur", sagte der Auma-Vorsitzende Philip Harting. Das wird grenzüberschreitend Wirkung zeigen, denn Deutschland gilt als weltweit führend bei der Ausrichtung internationaler Messen. Jedes Jahren finden bis zu 180 internationale und nationale Messen mit rund 180.000 Ausstellern und zehn Millionen Besuchern in Deutschland statt.
Absagen von Veranstaltungen
Bislang mussten die Messebetreiber über Absagen oder Verschiebungen selbst entscheiden. Das dürfte ihnen angesichts der enormen Einbußen nicht leichtgefallen sein. Zwar hatte Gesundheitsminister Jens Spahn empfohlen, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern vorerst abzusagen und später noch ergänzt, dass das auch bei kleineren Events sinnvoll sein könnte.
Eine konkrete "Ansage von oben" gibt es aber in Deutschland nicht. Für solche Entscheidungen sind die zuständigen Behörden verantwortlich, in der Regel die örtlichen Gesundheitsämter. Sie können eine Messe verbieten oder Auflagen verhängen. Offizielle Verbote gab es bis Montag jedenfalls nicht. Auch vom Branchenverband Auma kam keine generelle Empfehlung. "Jede Messegesellschaft muss selbst entscheiden", sagte AUMA-Sprecher Harald Kötter der Zeitung Die Welt.
Ähnliches gilt für andere Großveranstaltungen - Sportereignisse wie Fußballspiele, Musikkonzerte und ähnliches. Auch hier mussten die Veranstalter bislang selbst entscheiden - und haben sich dann meistens für "stattfinden" entschieden. Für die Bundesliga ist dies aber nun zumindest für einige Spiele vorbei: Weil lokale Behörden entsprechende Entscheidungen trafen, finden die Derbys Gladbach-Köln (am Mittwoch) und Dortmund-Schalke (am Samstag) vor leeren Rängen statt. Vier Bundesländer (Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Bremen und Bayern) haben nunmehr entschieden, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern zu untersagen.
Aufgrund der Corona-Pandemie: Bayreuther Festspiele abgesagt
Weltweit werden wegen der Corona-Krise derzeit Konzerte, Festivals und Ausstellungen abgesagt. Jetzt trifft es auch die Bayreuther Festspiele, die am 25. Juli 2020 beginnen sollten.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann
Bayreuther Festspiele
Ein meist älteres Publikum, eingeschlossen auf engstem Raum: Die Bayreuther Festspiele bergen ein zu großes Ansteckungsrisiko und wurden daher in diesem Sommer abgesagt. Am 1. April sollten die Proben für die Neuinszenierung des "Ring des Nibelungen" beginnen. Die Premiere wird nun auf 2022 verschoben. 2021 sind eine Neuinszenierung von "Der Fliegende Holländer" und Wiederaufnahmen geplant.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann
Eurovision Song Contest (ESC)
Der ESC - ist für dieses Jahr von den Organisatoren abgesagt worden. Grund ist die durch die Corona-Krise augenblicklich unsichere Lage. Das ESC-Finale hätte am 16. Mai in Rotterdam stattfinden sollen. Die Niederlande sind deshalb Gastgeber, weil beim letzten ESC der niederländische Sänger Duncan Laurence gewonnen hatte. Im Bild ist der Teilnehmer für Deutschland Ben Dolic.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Hartmann
Zirkus Roncalli
Das Coronavirus hat auch Auswirkungen auf den berühmten Zirkus Roncalli. Mehrere Aufführungen mussten abgesagt werden. "Momentan wird nur über Hilfen für die Wirtschaft gesprochen, die Kultur ist einmal mehr das Stiefkind", schreibt Roncalli-Chef Bernhard Paul in einem offenen Brief. Zwei Jahre hatte der Zirkus mit 150 Mitarbeitern ein neues Programm vorbereitet und dabei 500.000 Euro investiert.
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Beethovenfest Bonn
Bonn ohne Beethoven? Zumindest vorübergehend, denn auch das Beethovenfest wird abgesagt. Nicht "Für Elise", sondern wegen Corona. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem der Komponist 250 Jahre alt geworden wäre, legt das neuartige Virus die Geburtstagsfestivitäten auf Eis. Das Beethovenjahr 2020 wird rund um den Globus gefeiert - in Beethovens Heimatstadt knallen vorerst keine Korken.
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ART Cologne
Auch die für den Kunsthandel wichtige Kölner Messe ART Cologne wird verschoben - auf November. Kunstsammler, Galeristen und interessierte Kunstbetrachter müssen erst mal auf andere Institutionen ausweichen, um sich zu informieren. Dem Kunsthandel im Internet wird es vermutlich rasanten Aufschwung geben.
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Theater und Opernhäuser
Das kulturelle Leben kommt immer mehr zum Erliegen. Viele große Theater und Opernhäuser sagen ihre Vorstellungen ab: von Köln bis München, von Berlin bis Wien. In der Hauptstadt bleiben u.a. die Berliner Philharmonie und die Staatsoper Unter den Linden geschlossen. In München trotzt man den leeren Rängen – die Bayerische Staatsoper arbeitet an einem Livestream ihres Programms.
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Lit.Cologne
Jetzt wurde auch das internationale Literaturfestival Lit.Cologne in Köln abgesagt. "In der jetzigen Situation müssen wir alles dafür tun, die Infektionsketten zu durchbrechen“, so Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die Veranstalter folgen ihrem Rat: "Die Absage trifft uns unendlich schwer. Wir bemühen uns um Verlegung zu einem späteren Zeitpunkt", sagte Geschäftsführer Rainer Osnowski.
Bild: imago
Berliner Techno-Club Berghain
Der legendäre Techno-Club im Berliner Stadtteil Friedrichshain ist ohnehin für seine harte Türpolitik bekannt, jetzt kommt sogar niemand mehr rein. Das Berghain schließt mindestens bis zum 20. April. Zuletzt stiegen die Fallzahlen in Berlin deutlich an, eine besondere Rolle spielte dabei der Club Trompete in Tiergarten. Auf einer Party infizierten sich dort mindestens 16 Menschen beim Tanzen.
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Vatikanische Museen
Nach den Quarantäne-Maßnahmen in Norditalien, Fußballspielen ohne Zuschauer und der Verfügung von Italiens Ministerpräsident Conte, Museen, Theater und Kinos zu schließen, ist diese Entscheidung kaum überraschend: Der Vatikan schließt seine Museen einschließlich der Sixtinischen Kapelle (oben) bis voraussichtlich 3. April. Im Vatikan selbst stehen derzeit fünf Personen unter Quarantäne.
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James Bond-Premiere
Selbst vor Geheimagent 007 scheint das Coronavirus nicht Halt zu machen: Die Macher des neuen James Bond-Streifens "Keine Zeit zu sterben" haben die für April geplante Premiere auf November verlegt - "nach gründlicher Bewertung des weltweiten
Kinomarktes", wie es heißt. Damit wurde der Kinostart des neuen 007-Abenteuers bereits zum dritten Mal verschoben.
Bild: Imago Images/Zuma Press/MGM
South by Southwest in Austin, Texas
SXSW heißt das Musik-, Film- und Technikfestival in Austin. Eigentlich sollte es vom 12. bis 22. März stattfinden. An die 400.000 Besucher wurden erwartet. Doch nun wurde es kurzfristig abgesagt, nachdem in Texas die ersten Fälle von Covid-19 auftraten. Die Veranstalter suchen jetzt nach Möglichkeiten, SXSW nachzuholen.
Die ersten Meldungen über eine Absage machten bereits die Runde, als der Twitter-Account der Leipziger Buchmesse noch verkündete, dass die Veranstaltung stattfinden werde. Die Entscheidung der Stadt Leipzig und der Messeleitung sei eine präventive Maßnahme. Auf dem Programm der Buchmesse und des Lesefestivals "Leipzig liest" standen rund 3.700 Veranstaltungen mit 2.500 Ausstellern aus 51 Ländern.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas
Global Indian Film Awards
Zwar wurden in Indien bislang wenige Infektionsfälle bestätigt, doch aufgrund "wachsender Besorgnis" sagten die Organisatoren die Verleihung des wichtigsten indischen Filmpreises ab. Der Film "Gully Boy" über einen Rapper in einem Slum von Mumbai galt als Favorit der "Bollywood-Oscars". (Das Bild zeigt eine Preisvergabe früherer Jahre)
Bild: Getty Images/AFP/T. Bahar
The London Book Fair
Lange hielt auch die der Verlagsbranche vorbehaltene Buchmesse London Book Fair an ihrer Mitte März geplanten Austragung fest. Sechs Tage vor dem Auftakt kam mit Blick auf das Coronavirus doch die Absage, auch weil zahlreiche Teilnehmer mit Reisebeschränkungen konfrontiert seien. Die Mitteilung der Buchmesse endet kämpferisch: "Die London Book Fair wird 2021 zurückkehren, besser als jemals zuvor."
Bild: Getty Images/AFP/C. De Souza
Frankfurter Musikmesse
Sie ist Europas größte Plattform für Musikbegeisterte, doch Covid-19 sorgt in Frankfurt für leise Töne. Die Internationale Musikmesse Frankfurt entfällt ausgerechnet in ihrem 40. Jubiläumsjahr. Den Besuchern aus aller Welt entgehen die Neuvorstellungen zahlreicher Instrumentenbauer, die neuesten Hard- und Software-Trends, Workshops und Live-Musik aller Stilrichtungen.
Bild: picture alliance/dpa/F. Sommer
Jewrovision
Auf den Tanz- und Gesangwettbewerb hatten sich rund 1500 jüdische Kinder und Jugendliche das ganze Jahr vorbereitet und gefreut. Nur drei Tage vor dem Event hat der Zentralrat der Juden das Großereignis wegen des Coronavirus abgesagt - für die Teilnehmenden eine riesen Enttäuschung. Im Herbst wolle man die Jewrovision jedoch nachholen. Immerhin ein kleiner Trost für die Beteiligten.
Bild: Jewrovision
Pariser Modehaus Chanel
Auch die Modebranche ist stark betroffen. Chanel hat bereits im Februar eine Modenschau abgesagt, die für Mai 2020 in Peking geplant war. Das Management des Modekonzerns verwies auf "die aktuelle Situation und die Empfehlungen der chinesischen Behörden". Für die Pariser Prêt-à-Porter-Schauen im Frühjahr hatten zwei chinesische Modemarken ihre Teilnahme abgesagt: Shiatzy Chen und Jarel Zhang.
Bild: Reuters/R. Duvignau
Fashion Week Mailand
Die Mailänder Fashion Week hatte es schon im Februar erwischt: Das Modehaus Laura Biagotti sagte seine Schau ganz ab. Giorgio Armani hatte entschieden, die neuen Kollektionen von vornherein ohne Publikum zu präsentieren. Modejournalisten und Einkäufer aus aller Welt konnten die Schau auf dem Laufsteg online per Live-Stream verfolgen. Hinter den Kulissen war die Unruhe über den Coronavirus groß.
Bild: Reuters/A. Garofalo
ITB Berlin
Die Aufbauten der weltgrößten Reisemesse waren schon in vollem Gange, als die Veranstalter die Tourismusbörse doch noch kurzfristig absagten. Die neuen Auflagen waren nicht zu erfüllen: Jeder Teilnehmer sollte der Messe Berlin belegen, dass er nicht aus einem der von den Behörden definierten Risikogebiete stammt. Bei 170.000 Besuchern aus aller Welt war das unmöglich.
Bild: Getty Images/S. Gallup
Art Dubai und Art Basel Hongkong
Die Auswirkungen des Corona-Virus haben auch zwei der renommiertesten Kunstmessen der Welt kalt erwischt. Der Ableger der Art Basel in Hongkong sollte vom 19. bis 21. März stattfinden, er lockt jährlich Kunstsammler aus der ganzen Welt ins südöstliche China. Die Art Dubai freute sich im letzten Jahr über 28.000 Besucher aus 40 Ländern - jetzt bleiben die Hallen im arabischen Emirat leer.
Bild: picture-alliance/AP Photo/K. Jebreili
Pariser Louvre
In der traditionell gepflegten Streikkultur Frankreichs bestimmen schon mal die Angestellten, wie die Dinge laufen: Mitarbeiter des weltberühmten Pariser Museums Louvre legten für zwei Tage die Arbeit nieder und ließen sich auch nicht von den aktuell angeordneten Präventionsmaßnahmen gegen das Coronavirus beruhigen.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Ena
Hamburg Ballett
Das Hamburg Ballett von Choreograph John Neumeier sagte wegen des Coronavirus ein Gastspiel in Macau und Singapur ab. Auf dem Programm standen "Die Kameliendame" und "Nijinsky". Ob die Tournee nachgeholt wird, steht noch nicht fest. Die Compagnie hat in 47 Jahren bereits mehr als 1000 Gastspiele in 30 Ländern gegeben. Im Frühjahr 2021 will das Hamburg Ballett auf Japan-Tournee gehen.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Scholz
Internationale Architekturbiennale Venedig verschoben
Auch die Veranstalter der Architektur-Biennale in Venedig ziehen die Reißleine: Die Leistungsschau, die sich als Plattform für Innovation und die Zukunft der Architektur versteht, wird um drei Monate verschoben und zudem verkürzt. Unter dem Motto "How will we live together" soll sie am 29. August in den Giardini (Bild) - und damit vier Tage vor der Filmbiennale - eröffnen.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Hörhager
Mission: Impossible
In der "Mission: Impossible"-Reihe rettet Tom Cruise als Geheimagent Ethan Hunt die Welt - im zweiten Teil sogar vor einem tödlichen Grippevirus. In der Realität hat vorerst das Virus gewonnen und die Dreharbeiten zur 7. Folge gestoppt: Die US-Produktionsgesellschaft Paramount hat die dreiwöchigen Dreharbeiten in Venedig bis auf weiteres verschoben.
(Die Bildergalerie wird fortlaufend erweitert.)