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Reise

Coronavirus trifft weltweiten Tourismus hart

Felix Schlagwein
4. März 2020

Das Coronavirus hat den weltweiten Tourismus fest im Griff. Besonders dramatisch ist die Lage in Asien. Auch die europäische Tourismusbranche wird zunehmend nervös.

Frankreich | Tourismus und Corona | Paris Louvre
Seltener Anblick – der Louvre menschenleer, weil Mitarbeiter aus Angst vor Corona streikenBild: picture-alliance/dpa/C. Ena

Leere Hotels, annullierte Flüge, geschlossene Sehenswürdigkeiten. Das Coronavirus lähmt den weltweiten Tourismus. Bereits jetzt rechnet die Branche mit Verlusten in Milliardenhöhe. Dabei steht zumindest Europa die größte Krise wohl noch bevor: Seit dem Ausbruch in Italien sind beliebte Touristenziele oft menschenleer. In Venedig und Mailand bleiben Museen, Theater und Sehenswürdigkeiten geschlossen, Großveranstaltungen wurden abgesagt. Auch in Frankreich blieb der Louvre zwei Tage in Folge geschlossen, weil Mitarbeiter aus Sorge vor Ansteckung ihre Arbeit niedergelegt haben.

In Deutschland sorgt man sich nach der Absage der Internationalen Tourismusmesse (ITB) unterdessen mehr um die Folgen der Reiseabsagen aus Fernost. Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) geht davon aus, dass die Übernachtungen aus China zwischen 17 und 25 Prozent zurückgehen werden. Da die Touristen aus China mit jährlich etwa 8 Milliarden Euro wesentlich zum Umsatz beitragen, dürften die Einbußen den Tourismus auch hierzulande empfindlich treffen.

Beliebte Reiseziele wie das Heidelberger Schloss erwarten weniger BesucherBild: picture-alliance/dpa/K. Niehus

"Wir werden diesen Einbruch sicherlich zu spüren bekommen", sagt Mathias Schiemer, Geschäftsführer des Heidelberger Stadtmarketings, im Gespräch mit der DW. Die Stadt am Neckar ist eines der beliebtesten Ziele chinesischer Touristen in Deutschland. Zwar lägen noch keine Zahlen vor, erklärt Schiemer. Sicher sei aber: "Diesen Verlust können wir nicht kompensieren".

Asiatische Länder am stärksten betroffen

Dramatischer als in Europa ist die Lage in Asien. Denn: Von den rund 150 Millionen chinesischen Auslandsreisen gehen ganze 90 Prozent in asiatische Länder. Chinesische Touristen sind dort zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor geworden. Weil die meisten Fluglinien ihre Verbindungen nach China eingestellt haben, blieben die zahlungskräftigen Gäste aus der Volksrepublik bisher jedoch weitgehend aus.

Für die Natur ein Segen, für die Tourismusbranche eine Herausforderung - Boote vor den Gili-Inseln warten auf GästeBild: picture-alliance/Newscom/R. ben Ari

Die indonesische Insel Bali verkündete, 40.000 Hotelbuchungen seien bereits storniert worden. Noch stärker ist Japan betroffen. Dort machten Gäste aus China 2018 rund ein Viertel der insgesamt 32 Millionen ausländischen Besucher aus. Viele Sehenswürdigkeiten werden nun fast ausschließlich von Touristen aus Europa und Nordamerika besucht – obwohl auch die wegen des Coronavirus zunehmend ausbleiben.

Ein ähnliches Bild bietet sich in Thailand, Südkorea, Singapur, Malaysia, Kambodscha und Vietnam. "Für diese Länder ist es sicherlich eine Katastrophe", sagt Tourismusprofessor und Direktor des China Outbound Tourism Instituts (COTRI), Wolfgang Arlt, im Gespräch mit der DW. Viele vor allem kleinere Unternehmen wie Souvenirläden, Hotels und Reiseveranstalter hätten bereits schließen müssen. Der Tourismus in Thailand befürchtet in diesem Jahr einen Rückgang von 6 Millionen Gästen, 16 Prozent weniger als im Vorjahr.

Situation in China

Qianmen Straße in Peking - normalerweise ein beliebter TouristenortBild: picture-alliance/dpa/A. Wong

Auch in China selbst ist der Tourismus in weiten Teilen zum Erliegen gekommen. Beliebte Sehenswürdigkeiten wie der Kaiserpalast in Peking oder die chinesische Mauer sind komplett oder teilweise geschlossen, der innerchinesische Flugverkehr wurde weitgehend eingestellt. Besonders schmerzlich für die chinesische Tourismusbranche: der Zeitpunkt des Coronavirus-Ausbruchs. Denn die Woche rund um das chinesische Neujahrsfest am 24.1.2020 war die Hauptreisezeit in China.

Besonders hart hat das auch Hongkongs Tourismusindustrie getroffen. Die chinesische Sonderverwaltungszone ist bei Touristen und Geschäftsreisenden aus Festlandchina traditionell das mit Abstand beliebteste Reiseziel. Doch die monatelangen Proteste hatten bereits im vergangenen Jahr zu einem Minus bei den Besucherzahlen geführt. Nach Ausbruch des Coronavirus seien die Hotels in Hongkong nur noch zu 20 Prozent ausgelastet, so COTRI-Direktor Wolfgang Arlt. Wer in Hongkong vom Tourismus lebe, habe in den vergangenen neun Monaten Umsatzeinbrüche von 80 bis 90 Prozent verkraften müssen.

Regierungen greifen Tourismussektor unter die Arme

Alltagsszene vor Hongkonger Hafen Kulisse - wenn da nur nicht der Mundschutz wäreBild: picture-alliance/dpa/Vincent Yu

Um der anhaltenden wirtschaftlichen Flaute entgegenzuwirken, gab die Hongkonger Regierung am Mittwoch (26.2.2020) bekannt, allen Bürgern 10.000 Hongkong-Dollar (umgerechnet rund 1200 Euro) schenken zu wollen. Auch andere Staaten versuchen mit verschiedenen Maßnahmen, ihre angeschlagene Tourismusindustrie vor dem Zusammenbruch zu bewahren.

China, Singapur und Thailand haben Steuererleichterungen und Finanzhilfen angekündigt. Vietnam und Australien wollen außerdem mit Visumserleichterungen und Marketingkampagnen Touristen aus anderen Regionen ins Land locken. Die Regierungen von Malaysia und den Philippinen haben hingegen dazu aufgerufen, möglichst innerhalb des eigenen Landes zu reisen.

China bleibt Motor für Tourismus

Das Coronavirus zeigt, wie wichtig China für den weltweiten Tourismus ist. 150 Millionen Chinesen unternahmen 2018 eine Auslandsreise und gaben dabei 277 Milliarden US-Dollar aus. Damit liegt China weit vor den USA und Deutschland. Das immense Wachstum des chinesischen Tourismussektors wird wohl auch nicht durch das Coronavirus aufzuhalten sein. Bis 2030, so schätzt das COTRI, könnte die Zahl der chinesischen Auslandsreisen auf bis zu 400 Millionen ansteigen. Dann käme jeder fünfte internationale Tourist aus China.