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Virus-Verdacht auf Kreuzfahrtschiff entkräftet

30. Januar 2020

Im Hafen der italienischen Stadt Civitavecchia saßen stundenlang rund 7000 Menschen auf einem Kreuzfahrtschiff fest - wegen Coronavirus-Verdacht. Doch die Testergebnisse sind negativ. Die Passagiere dürfen nun von Bord.

Italien Kreuzfahrtschiff Costa Smeralda im Hafen Civitavecchia
Die "Costa Smeralda" im Hafen von CivitavecchiaBild: Reuters/G. Mangiapane

Stundenlang herrschte Ungewissheit. Am Abend gab das italienische Gesundheitsministerium Entwarnung. Der Coronavirus-Verdacht auf dem italienischen Kreuzfahrtschiff "Costa Smeralda" bestätigte sich nicht. Das Testergebnis eines Ehepaares aus China an Bord des Schiffes negativ. Die Passagiere dürfen das Schiff, das im Hafen der italienischen Stadt Civitavecchia nördlich von Rom festgesetzt wurde, demnach nun verlassen.
    
Eine Touristin aus der chinesischen Sonderverwaltungszone Macao an Bord der "Costa Smeralda" hat über an Fieber und Atemproblemen gelitten, wie die Reederei bestätigte. Die Frau sei auf dem Schiff medizinisch versorgt und isoliert worden. Auch ihr Mann wurde isoliert. Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Ansa befinden sich rund 7000 Menschen an Bord der "Costa Smeralda". Die örtlichen Behörden im Hafen von Civitavecchia ordneten danach an, dass die Passagiere nicht an Land gehen dürfen, bis das Ergebnis des Virustests vorliegt.

Auf Twitter berichteten Urlauber, dass die Lage bei den Passagieren ruhig sei. Einige klagen, sie bekämen zu wenig Informationen. Auf Fotos und Videos im Netz war unter anderen zu sehen, wie Menschen mit Rollkoffern in Schiffsgängen sitzen. Andere gingen auf den Decks bei Sonnenschein in warmen Jacken spazieren oder standen in kleinen Gruppen zusammen.

Italien ist ein bei Chinesen beliebtes Reiseland. Civitavecchia ist der größte Hafen Latiums und liegt nahe bei Rom. Kreuzfahrttouristen machen in der Regel von dort aus Landausflüge in die italienische Hauptstadt.

Zahl der Infektionen erneut deutlich gestiegen

Die Lungenkrankheit, die durch das neue Virus 2019-nCoV hervorgerufen wird, hat in China weitere Opfer gefordert. Wie die chinesische Gesundheitsbehörde mitteilte, stieg die Gesamtzahl der Todesfälle um 38 auf nun 170. Die Zahl der bestätigten Erkrankten erhöhte sich weltweit um 317 Fälle auf mehr als 8100, wie die Behörden der schwer betroffenen chinesischen Provinz Hubei am Donnerstag mitteilten. Damit hat die Zahl der Infektionen mit dem neuen Coronavirus die der Sars-Infektionen vor 17 Jahren überstiegen. Am Schweren Akuten Atemwegssyndrom (Sars) erkrankten 2002/2003 laut WHO 8096 Menschen. 

Nachdem auch Tibet die erste Erkrankung mit dem neuen Virus gemeldet hat, sind nun in allen Regionen und Provinzen Chinas Infektionen nachgewiesen. Die ersten Fälle waren Ende Dezember in der zentralchinesischen Millionenstadt Wuhan aufgetreten. 

Die chinesische Regierung rief angesichts des verbreiteten Mangels an wichtigen Medizinprodukten zum Kampf gegen das Coronavirus die Hersteller auf, solche Produkte rasch zu produzieren. Dringender Bedarf bestehe unter anderem an Schutzkleidung, Atemschutzmasken, Schutzbrillen und Medikamenten. In Hongkong müssen Häftlinge nun deutlich mehr Schutzmasken produzieren als gewöhnlich. Bislang würden rund 50.000 Stück Mundschutz täglich in den Gefängnissen der chinesischen Sonderverwaltungszone angefertigt, sagte Verwaltungschef Matthew Cheung vor Journalisten. "Wir werden rund um die Uhr arbeiten, um die Produktion hoffentlich von monatlich 1,1 Millionen auf 1,8 Millionen zu erhöhen."

Zwei Infizierte in Frankreich in kritischem Zustand

Auch Frankreich meldete eine weitere Infektion. Bei dem mittlerweile fünften Betroffenen im Land handele sich um die Tochter eines ebenfalls erkrankten 80-jährigen Touristen aus China, teilte das französische Gesundheitsministerium mit. Der Zustand des 80-Jährigen sei ernst, der Mann werde auf der Intensivstation eines Pariser Krankenhauses behandelt. Außerdem habe sich der Zustand eines weiteren Infizierten verschlechtert. Der 31-jährige Mann, der auch aus China stammt, sei ebenfalls auf eine Intensivstation verlegt worden und müsse künstlich beatmet werden.

Außerhalb Chinas sind bisher mindestens 50 Infektionsfälle bestätigt, davon vier in Deutschland. Den vier deutschen Patienten, die in einer Münchner Klinik behandelt werden, geht es nach Auskunft der Ärzte "sehr gut", sie seien symptom- und fieberfrei.

WHO beruft erneut Notfall-Ausschuss ein

Angesichts der rasanten Ausbreitung des Virus berief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Donnerstag erneut den Notfall-Ausschuss ein. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus bedauerte die Entscheidung seiner Organisation von vergangener Woche, das globale Risiko des Virus-Ausbruchs als nur "moderat" einzustufen. Gleichzeitig lobte WHO-Notfallchef Michael Ryan das chinesische Krisenmanagement. Die Tatsache, dass es bislang nur einige Dutzend Fälle im Ausland gebe, sei den rigorosen Maßnahmen Chinas zu verdanken, sagte er.

Als Reaktion auf die Ausbreitung des Virus setzten mehrere Fluggesellschaften ihre Flüge von und nach China aus, darunter die Lufthansa und ihre Tochterunternehmen Swiss und Austrian Airlines, British Airways, die US-Linie United Airlines, die skandinavische Airline SAS sowie der indonesische Billigflieger Lion Air. Weitere Airlines kündigten eine Einstellung oder Reduzierung ihres Flugbetriebs nach China an.

Grenzen und Firmen werden geschlossen

Nach der Mongolei, die bereits am Montag ihre gesamte Grenze zu China geschlossen hatte, kappte auch Kasachstan alle Reiseverbindungen ins Nachbarland. Der kleine Pazifikstaat Papua-Neuguinea will gar keine Reisenden aus Asien mehr ins Land lassen. Mit rigorosen Reisebeschränkungen und der Isolierung ganzer Städte versucht China bereits seit Tagen die Ausbreitung des neuen Virus einzudämmen. In Wuhan sind die Straßen fast leergefegt. Der chinesische Fußballverband CFA hat alle Spiele im Land ausgesetzt, der für den 22. Februar geplante Saisonstart der Super League wurde bis auf Weiteres verschoben.   

Auch Unternehmen haben inzwischen Konsequenzen gezogen: BMW verlängerte für die Produktionsmitarbeiter seiner Fabriken in Shenyang die Werksferien um eine Woche bis zum 9. Februar. Büroangestellte sollen in dieser Zeit von zu Hause aus arbeiten. Shenyang ist mit 18.000 Mitarbeitern der weltweit größte BMW-Standort.

Auch Volkswagen und seine chinesischen Joint-Venture-Partner verlängerten die Werksferien. Das Gemeinschaftsunternehmen mit Saic werde die Produktion erst am 10. Februar wieder aufnehmen, dasjenige mit FAW nicht vor dem 9. Februar, wie Volkswagen mitteilte. Die geplanten Auslieferungen an Kunden seien von diesem Schritt nicht betroffen.

Der schwedische Möbelgigant Ikea verkündete die vorläufige Schließung der Hälfte seiner 30 Filialen auf dem chinesischen Festland. Die US-Fastfoodkette McDonald's schloss nach eigenen Angaben alle Restaurants in der Provinz Hubei.

Infektionsfälle unter ausgeflogenen Japanern

Unterdessen arbeiten viele Länder weiter daran, ihre Staatsbürger aus Wuhan auszufliegen. In Japan landete bereits die zweite Chartermaschine mit 210 Landsleuten, die sich in der Region Wuhan aufgehalten hatten. Am Vortag waren bereits 206 Japaner heimgeholt worden. Von ihnen hätten sich drei mit dem Coronavirus infiziert, teilte das Gesundheitsministerium in Tokio mit. Damit stieg die Zahl der bestätigten Infektionen in Japan auf elf.

Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus: In Indonesien werden Flugpassagiere bei ihrer Ankunft einem Temperatur-Scan unterzogenBild: picture-alliance/dpa/Zuma/Sopa/Z. Maulana

Auch die USA hatten bereits am Mittwoch Staatsbürger aus Wuhan ausgeflogen. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC wurden bei den 195 US-Bürgern, die zunächst zu der kalifornischen Militärbasis Riverside gebracht wurden, aber keine Symptome der von dem Virus ausgelösten Lungenerkrankung festgestellt. Sie sollten aber bis zu 72 Stunden in Quarantäne bleiben und weiter überwacht werden.

Quarantäne für Deutsche aus Wuhan

Auch die Bundesregierung bereitet eine Rückholaktion für ausreisewillige Bundesbürger vor. Unter den etwa 90 Deutschen und Angehörigen, die sich in der Region um Wuhan aufhalten, sind bisher keine Infektionen oder Verdachtsfälle festgestellt worden. Ein Sonderflug der Luftwaffe soll sie nach Auskunft des Auswärtigen Amtes in den nächsten Tagen nach Frankfurt bringen. Dort sollen sie zunächst für 14 Tage in Quarantäne genommen werden. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums sagte dazu, solch eine Maßnahme sei angesichts der Inkubationszeit geplant.

Experten gehen davon aus, dass der Erreger eine Inkubationszeit von bis zu zwei Wochen haben kann, bevor Symptome auftreten. Laut neusten Erkenntnissen aus China und Japan kann das Coronavirus aber bereits vor dem Auftreten von Symptomen wie Fieber oder Husten von Mensch zu Mensch übertragen werden.

ww/stu/kle (afp, dpa, rtr)

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