Coronavirus: Schützt die Älteren!
10. März 2020Das neue Coronavirus wird sich in den kommenden Wochen und Monaten rasant ausbreiten und zwei Drittel der Bevölkerung werden sich infizieren. Daran wird sich vermutlich auch nichts ändern, wenn es wieder wärmer wird und die klassische Erkältungs- oder Grippezeit endet, so Christian Drosten, der führende Virologe von der Berliner Charité.
Allerdings wird die Infektion bei den Meisten nur einen milden Verlauf nehmen. Diese Menschen werden im Herbst, wenn die nächste Erkältungswelle kommt, bereits Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet haben.
Wieso müssen vor allem Ältere geschützt werden?
Gefährdet bleiben vor allem die Älteren, bei denen die Sterblichkeitsrate ab etwa 65 Jahren exponentiell steigt. In China beispielsweise liegt die Sterblichkeitsrate bei Infizierten bis 40 Jahren bei 0,2 Prozent, zwischen 70 und 79 Jahren liegt sie allerdings bereits bei 8 Prozent, ab 80 Jahren bei 14,8 Prozent.
Entsprechend müssen in den kommenden Wochen und Monaten besonders die Älteren geschützt werden, vor allem wenn sie unter Vorerkrankungen leiden (siehe Grafik). Diese Risikogruppe sollte Menschenansammlungen, Konzerte oder die vertrauten Vereinstreffen tatsächlich meiden.
Oma und Opa sollten definitiv nicht für die Betreuung der Enkel bei Quarantäne oder in ähnlichen Ausnahmesituationen eingesetzt werden. Stattdessen sollten Angehörige den Älteren die Einkäufe nach Hause bringen, damit sie unnötige Besuche im Supermarkt vermeiden können.
Welche Vorerkrankungen erhöhen das Risiko bei einer Corona-Infektion?
Fast alle Verstorbenen waren bereits vor ihrer Infektion mit dem Coronavirus krank. Gefährdet sind nach einer WHO-Analyse der Fälle in China vor allem ältere Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck, Chronischen Atemwegserkrankungen und Krebs.
Warum sind Männer häufiger als Frauen betroffen?
Nach WHO-Angaben sterben Männer deutlich häufiger als Frauen an SARS-CoV-2. Die Todesrate lag in China Mitte Februar für Männer bei 2,8 Prozent, für Frauen bei 1,7 Prozent. Eine ähnliche Verteilung gab es bereits 2003 beim SARS-Ausbruch in Hongkong. Und selbst eine normale Grippe trifft Männer gewöhnlich härter als Frauen.
Im Vergleich ist das weibliche Immunsystem widerstandsfähiger als das der Männer. Verantwortlich ist vor allem das weibliche Geschlechtshormon Östrogen, das das Immunsystem anregt und so schneller und massiver gegen Krankheitserreger ankämpft. Das männliche Testosteron dagegen hemmt das Immunsystem.
Außerdem gibt es "genetische Gründe", so der molekulare Virologe Thomas Pietschmann gegenüber der DW. Grund sei, dass "einige immunrelevante Gene, beispielsweise Gene, die dafür verantwortlich sind, Erreger zu erkennen, auf dem X-Chromosom kodiert werden". Weil Frauen zwei X-Chromosomen besitzen und Männer nur eines, sind Frauen hier im Vorteil.
Neben der genetischen Disposition ist aber auch der Lebenswandel ausschlaggebend. Männer leben oftmals ungesünder als Frauen, in China zum Beispiel rauchen rund 52 Prozent aller Männer, aber nicht mal drei Prozent aller Frauen. Eine durch das Rauchen geschwächte Lunge ist eben anfälliger für Atemwegsinfektionen.
Warum sind Kinder weniger gefährdet?
Beim neuartigen Coronavirus zählen Kinder überraschenderweise nicht zu den Schwächsten der Gesellschaft - entsprechend sind bisher auch keine Kinder unter den Todesopfern.
Natürlich stecken sich auch Kinder mit dem Virus an, sie werden allerdings nicht krank oder zeigen nur leichte Symptome. Woran das liegt, ist noch nicht abschließend geklärt. Mediziner nehmen an, dass bei Kleinkindern das bereits angeborene "unspezifische System" wirkt.
Als Schutz vor den ersten Krankheitserregern übergibt die Mutter bereits dem Fötus und später dem Neugeborenen über die Muttermilch ihren eigenen spezifischen Immunschutz. Zu dieser angeborenen Immunabwehr gehören beispielsweise Fress- und Killerzellen - das sind weiße Blutkörperchen, die alle Krankheitserreger angreifen, die über die Schleimhäute oder die Haut in den Körper eindringen.
Diese "passive Immunisierung" reicht gewöhnlich, bis Kinder ihr eigenes Abwehrsystem aufgebaut haben. Bis etwa zum 10. Lebensjahr entwickeln Kinder ihre spezifische Immunabwehr. Und auch danach bleibt ihr Abwehrsystem das ganze Leben lang lernfähig, wenn neue Krankheitserreger auftauchen.