Crashkurs Wiedervereinigung
26. März 2014Ziemlich viel Historie schwingt mit, wenn die südkoreanische Präsidentin Park Geun-Hye zum ersten Mal Berlin besucht. Park kommt genau 50 Jahre nach ihrem Vater nach Deutschland. 1964 war Park Chung-Hee als erster koreanischer Staatschef nach dem Krieg in die Bundesrepublik gereist. Er war damals Militärmachthaber in Südkorea und warb um Hilfe beim wirtschaftlichen Aufbau Koreas.
Von Autobahnen zum Mittelstand
Seine Tochter, deren Präsidentschaftskandidatur vor zwei Jahren nicht unumstritten war, stellte ebenfalls wirtschaftliche Themen in den Vordergrund des Besuchs. Die Vorzeichen allerdings haben sich geändert. "Mein Vater sah Autobahnen und Stahlwerke und dann hat er dafür gesorgt, dass auch in Korea Autobahnen und Stahlwerke gebaut werden", sagte Park am Mittwochabend (26.03.2014)."Mich hat der deutsche Mittelstand mit seinen Hidden Champions beeindruckt." Damit sind mittelständische Unternehmen gemeint, die nur in Fachkreisen bekannt sind, mit ihrem Produkt aber Weltmarktführer sind. In Deutschland gibt es vor allem im technischen Bereich besonders viele solcher Unternehmen. "Ich stelle mir die Frage, wie man in Korea ermöglichen kann, dass solche Unternehmen entstehen", erklärte Park ihre Agenda.
Südkoreas Wirtschaft stützt sich bisher vor allem auf staatsnahe Großkonzerne wie Samsung oder Hyundai. Park hat deshalb in ihrer Delegation diesmal besonders viele Mittelständler mitgenommen. Auf gemeinsamen Foren von Unternehmerverbänden wurde eine Reihe von Kooperationsprogrammen vereinbart. Auch Angela Merkel betonte die Bedeutung der wirtschaftlichen Beziehungen. "Wir haben in Südkorea heute starke Wettbewerber", sagte die Kanzlerin. "Das spornt uns an."
Park Geun-Hye, die konservative Präsidentin Südkoreas, wollte schon länger ihren Antrittsbesuch in Berlin absolvieren. Seit 2012 ist sie im Amt. Doch die Bundestagswahl und die lange Regierungsbildung in Berlin haben den Besuch immer weiter hinausgezögert, was ihr jetzt noch ein schönes Jubiläum beschert hat. "Ich bin besonders stolz, dass ich 2014, zum 25. Jahrestag des Mauerfalls nach Berlin reise", erklärte sie der Presse und betonte wie sehr die gemeinsame Erfahrung der Teilung beide Länder verbinde.
Neben Unternehmen und Handelskammern besuchte Park in Deutschland auch Orte, die an Teilung und Wiedervereinigung erinnern. Mit dem Regierenden Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, spazierte sie am Mittwoch durch das Brandenburger Tor. In der Neuen Wache, der Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland gegen Krieg und Gewaltherrschaft, legte sie einen Kranz nieder. "Die deutsche Einheit ist für uns Vorbild und Modell", sagte sie. Dass ihr Interesse dabei durchaus ins Detail geht, wurde deutlich, als sie erklärte, sie wolle sich bei ihrem Besuch auch darüber informieren, wie Deutschland damals das Grenzgebiet zur DDR verwaltet habe - und zwar mit besonderem Augenmerk auf dem Naturschutz im Grenzstreifen. Merkel sicherte der Präsidentin zu, Deutschland werde Korea bei seinen Bemühungen um die Wiedervereinigung unterstützen. Es sei Deutschlands "Pflicht, dabei zu helfen, dass Korea seine nationale Einheit erlangt".
Nordkorea und Krim-Krise
Park und Merkel verurteilten noch einmal die nukleare Aufrüstung Nordkoreas. Auf die Tatsache, dass Pjöngjang just am Morgen zwei Mittelstreckenraketen getestet hat, gingen sie vor der Presse nicht ein. Stattdessen warb Park für ihr vorsichtiges Annäherungsprogramm an Nordkorea. Sie habe von Angela Merkel Unterstützung für ihre Bemühungen um ein vertrauensbildendes Programm gegenüber Pjöngjang erhalten, sagte sie. Für Ostasien, das derzeit auch durch den Inselstreit zwischen China und Japan steigende Spannungen erlebt, möchte sie ein gemeinsames Sicherheitssystem aufbauen, über das die Staaten im Krisenfall leichter kommunizieren können. Es sei wichtig, "dass man in ein multilaterales Gesprächsnetz hineinkommt", pflichtete ihr Merkel bei. Auch die Krim-Krise war Thema der Gespräche. Park betonte, die Souveränität und Integrität der Ukraine müsse gewahrt bleiben. Sie hoffe, dass "die betreffenden Parteien zu einer friedlichen Lösung finden". Merkel bekräftigte noch einmal, dass jede weitere Verletzung bestehender Verträge durch Russland härtere Sanktionen Europas nach sich ziehen werde. Sie hoffe aber nach wie vor, dass weitere Sanktionen vermieden werden könnten.