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Gesellschaft

CSU: Erster muslimischer Bürgermeisterkandidat

Daniel Heinrich
20. Januar 2020

Die CSU hat mit Ozan Iyibas ihren ersten muslimischen Bürgermeisterkandidaten aufgestellt. Von der Parteiführung kommt Lob. Doch nicht allen in der konservativen Partei dürfte die Entscheidung gefallen.

Ozan Iyibas
Ozan Iyibas bei einem WahlkampfauftrittBild: Privat

Ein bisschen mulmig scheint Ozan Iyibas schon noch zu sein: Erst am Wochenende war der 37-jährige Bankkaufmann mit dem Zahnpastalächeln und den dichten schwarzen Haaren zum ersten muslimischen Bürgermeisterkandidaten der Christlich-Sozialen Union (CSU) gewählt worden. Einstimmig. Vom CSU-Ortsverband in seiner Heimatstadt Neufahrn, einer 20.000 Einwohner zählenden Gemeinde im Norden von München. Allerdings habe ihn weder der Rückhalt in seiner Partei noch die Tatsache, dass der kleine Ort einen höheren Ausländeranteil als Berlin-Kreuzberg hat, vor Anfeindungen schützen können: "Natürlich", so Iyibas, der seit 2007 Mitglied in der CSU ist, sei er schon von Rechten, aber auch von religiösen Extremisten bedroht worden. Er habe auch Morddrohungen erhalten: "Aber ich bin nicht in die Politik gegangen, um Teddybären zu verteilen, sondern gesellschaftlich bestimmte Dinge auch anzusprechen." Wenn es in der Vergangenheit keine Menschen gegeben hätte, die gegen den Strom geschwommen wären, "dann wären wir nicht in einer heutigen Zeit, wo wir in Frieden und Freiheit hätten leben können."

Es sind auch solche klaren Worte, die in der Parteizentrale in München für Zufriedenheit sorgen. In den Führungskreisen der CSU kommt die Nominierung Iyibas, dessen Vater als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland kam, rundherum an. Das betont allen voran der Generalsekretär Markus Blume: "Ozan Iyibas hat mit 100 Prozent die volle Unterstützung seiner CSU vor Ort - und von der gesamten CSU. Wir freuen uns, dass er kandidiert. An seinem Beispiel zeigt sich: In der CSU als Volkspartei ist alles möglich, und das ist auch gut so."

Gegenbeispiel: Der Fall "Wallerstein"

Sener Sahin: Die Basis lehnte ihn abBild: picture-alliance/dpa/privat

Dass in der CSU nicht alles möglich ist, hatte erst kürzlich eine andere Personalentscheidung gezeigt, die auf den ersten Blick große Ähnlichkeit mit der Personalie Ozan hat. Im schwäbischen Örtchen Wallerstein im Westen Bayerns sollte eigentlich Sener Sahin für die CSU als Bürgermeisterkandidat antreten. Trotz Rückendeckung der Parteiführung war der 44-jährige Unternehmer mit türkischen Wurzeln von der Parteibasis jedoch abgelehnt worden. Sahin hatte daraufhin seine Kandidatur zurückgezogen. Für ihn, der in der Region geboren und großgeworden ist, war der Grund für die Ablehnung durch die Basis klar: Es sei allein um den Einwand gegangen, "ein Moslem als Vertreter der Christlich-Sozialen Union, das geht doch gar nicht".

Vorbehalte gegen Muslime

Wie schwer sich auch prominente CSU-Vertreter noch immer mit Muslimen in Führungsgremien der Partei tun, zeigen auch die Aussagen Peter Gauweilers. Der langjährige Bundestagsabgeordnete und ehemalige stellvertretende Parteivorsitzende hatte  Verständnis für Debatten darüber gezeigt, ob Muslime wichtige Ämter in der Partei bekleiden können: "Ausgangspunkt ist, dass wir eine christliche Partei sind, dafür sind wir gegründet worden. Verlängerter Arm des christlichen Bekenntnisses in der Politik" zu sein, habe sich als "großes Erfolgsrezept" erwiesen. Auf die Frage, ob es in absehbarer Zeit einen CSU-Chef oder eine CSU-Chefin mit muslimischem Glauben geben werde, hat Gauweiler eine klare Antwort: "Das ist so abwegig wie eine katholische Pfarrstelle in Mekka."

Peter Gauweiler: CSU "verlängerter Arm des christlichen Bekenntnisses in der Politik"Bild: picture-alliance/dpa/Patrick Seeger

Es sind genau solche Aussagen, die im oberbayerischen Neufahrn auch dem selbstbewussten Ozay Iyibas Sorgenfalten auf die Stirn treiben: "Das bringt mich natürlich schon zum Nachdenken, ob wir wirklich ein Teil dieser Partei sind oder ob wir nur fürs Plakatekleben zuständig sind. Ich möchte, dass diese Dinge in Zukunft innerhalb der Gesellschaft, innerhalb meiner Partei, aber auch parteiübergreifend keine Rolle mehr spielen. Dafür werde ich mich einsetzen."

Iyibas tut das auch mit Humor. Auf seiner Facebook-Seite hat er ein in einem bayerischen Wirtshaus produziertes Video gepostet. Darin gelingt es ihm, im schicken Anzug Bier trinkend und im tiefsten oberbayerischen Dialekt sprechend, in knapp drei Minuten einen Lederhose-tragenden Zweifler von sich zu überzeugen. Der Clou: Iyibas spielt sich selbst und den Zweifler.

Ob sich die ganze Aufregung um seine Nominierung auch in einem positiven Wahlergebnis niederschlägt, steht spätestens Mitte März fest. Am 15. März stehen in Neufahrn Kommunalwahlen an. Falls Iyibas gewinnen sollte, wäre es das erste Mal seit 1964, dass ein Kommunalwahlergebnis in dem kleinen Ort für überregionale Schlagzeilen sorgt. Damals wurde in Neufahrn Bayerns erste Bürgermeisterin ins Amt gewählt: Renate Winkelmann von der Freien Wählergemeinschaft. Auch sie hatte einen Migrationshintergrund: Sie kam aus dem hessischen Darmstadt.

 

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