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Politik

Kein Asyl mehr für Mittelmeer-Flüchtlinge?

29. Dezember 2016

Man müsse den Automatismus durchbrechen, dass alle geretteten Menschen nach Europa gebracht werden, so steht es in einem Beschlusspapier für die CSU-Klausurtagung. Die Empörung darüber ist schon im Vorfeld groß.

Flüchtlingsboot im Mittelmeer
Bild: picture-alliance/dpa/Ong Sos Mediterranee

Nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt werden immer neue Forderungen an die Flüchtlingspolitik laut. In Deutschland sorgt vor allem ein Vorschlag der Christsozialen für Wirbel. So heißt es in einem Beschlusspapier für die CSU-Klausurtagung kommende Woche in Kloster Seeon, alle im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge sollten künftig nach Afrika zurückgebracht werden.

In dem Positionspapier mit dem Titel "Deutschland nicht überfordern - Zuwanderung begrenzen" schreibt die CSU-Landesgruppe unter anderem: "Wir wollen umgehend auch auf der zentralen Mittelmeerroute den Automatismus durchbrechen, dass alle geretteten Menschen nach Europa gebracht werden." Weiter heißt es, man wolle im Verbund mit anderen europäischen Ländern entsprechende Kooperationen mit afrikanischen Staaten wie etwa Ägypten oder Tunesien erreichen, damit die geretteten Personen an sichere Einrichtungen in Nordafrika gebracht werden könnten.

"Frontalangriff auf die Geltung der Menschenrechte"

Wie die Zeitung Rheinische Post (RP) schreibt, sollen laut dem Papier solche Flüchtlinge, die es auf dem Landweg bis nach Deutschland geschafft haben, nur bei eindeutigen Personalien ins Land gelassen werden. Asylsuchende, die keinen Pass vorlegten, sollten in Transitzentren an den Grenzen bis zur Klärung ihrer Identität verbleiben, zitiert die RP.

Die Reaktionen auf den Vorschlag folgten prompt. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl nannte den Vorstoß einen "Frontalangriff auf die Geltung der Menschenrechte in Europa". "Das Abfangen und Zurückschicken von Flüchtlingen nach Nordafrika ohne Prüfung der Schutzbedürftigkeit ist illegal", erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Der Vize-Vorsitzende der Linken im Bundestag, Jan Korte, warf der CSU Rücksichtslosigkeit vor.

Herrmann will Strafen für abschiebeunwillige Bundesländer

Aus dem Bayerischen Innenministerium kommt unterdessen eine Forderung zur Abschiebepraxis der verschiedenen Bundesländer. Innenminister Joachim Herrmann verlangt finanzielle Nachteile für Bundesländer, die nur wenige abgelehnte Asylbewerber abschieben. "Im Falle einer dauerhaften Weigerung sollte der Bund prüfen, ob er seine finanzielle Unterstützung für die Flüchtlingsunterbringung davon abhängig macht, wie ein Land bei der Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern mitwirkt, auch nach Afghanistan", sagte Herrmann der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Flüchtlingsunterkunft am Frankfurter Flughafen - Kürzungen zum Bundeszuschuss für abschiebeunwillige Bundesländer?Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Und CDU-Bundesvize Thomas Strobl schickte per dpa eine Mahnung an die SPD, der Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten auf Nordafrika zuzustimmen. Ihm fehle jedes Verständnis, dass Tunesien, Marokko und Algerien noch immer nicht als sichere Herkunftsstaaten eingestuft seien, sagte Strobl und forderte, die SPD müsse sich nicht nur grundsätzlich zu einer solchen Einstufung bekennen, sondern auch dafür sorgen, dass diese im Bundesrat eine Mehrheit finde. Gegner einer entsprechenden Regelung verweisen unter anderem auf die Verfolgung von Homosexuellen und anderen Minderheiten in den Ländern.

Österreich fordert Kürzung der Entwicklungshilfe

Österreich wiederum wirbt dafür, Ländern, die von EU-Staaten abgelehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen, die europäische Entwicklungshilfe zu kürzen. Außenminister Sebastian Kurz sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", schon eine entsprechende Androhung würde zu einem massiven Umdenken führen. Der mutmaßliche Attentäter von Berlin, Anis Amri, sollte nach Tunesien abgeschoben werden. Dies war aber nicht möglich, da sich die Behörden des Landes lange gegen die Ausstellung dafür nötiger Papiere sperrten.

Österreichs Außenminister Sebastian KurzBild: picture-alliance/Sven Simon

Kurz forderte im "Spiegel" außerdem eine bessere Sicherung der europäischen Außengrenzen. "Wenn wir nicht kontrollieren können, wer überhaupt in die EU einwandert und wer hier lebt, dann ist das ein Sicherheitsrisiko", so der Außenminister. Es wäre allerdings falsch, Flüchtlinge mit Terror gleichzusetzen. Auf der anderen Seite sei es ein Fehler zu glauben, aus Flüchtlingen könnten niemals Straftäter oder Terroristen werden.

cw/se (dpa, epd, afp)

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