Die Cum-Ex-Milliarden
19. Februar 2016Der Deutsche Bundestag hat sich am Freitag mit Aktiengeschäften beschäftigt, die kaum jemand versteht, durch die dem Fiskus aber möglicherweise bis zu zwölf Milliarden Euro verloren gegangen sind. Die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte sollen gar Thema eines Untersuchungsausschuss des Bundestags werden. Und das obwohl die Praxis und die dazu gehörenden Steuerschlupflöcher schon 2012 geschlossen wurden.
Die Opposition im Parlament will verhindern, dass ähnliche Deals zu Lasten der Öffentlichen Hand sich wiederholen können. Worum geht es?
Dividenenstripping
Die Cum-Ex-Geschäfte waren ziemlich komplizierte Transaktionen, die sich für die Beteiligten auch nur lohnten, wenn hohe Summen im Spiel waren - also nicht für Kleinanleger, nur für Banken, Investmentfonds und große Spekulanten. Im Kern geht es dabei um Dividenden und deren Besteuerung. Die Beteiligten schoben Aktienpaketen mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch kurz vor der dem Stichtag, an dem Dividenden zu zahlen waren, in großer Folge hin und her.
Wichtiges Instrument bei diesen Geschäften waren sogenannte Leerverkäufe. Dabei wird mit Aktienpaketen gehandelt, über die die Händler zum Zeitpunkt des Geschäfts gar nicht verfügen. So gelangten die Beteiligten möglicherweise an Bescheinigungen über Steuern, die sie tatsächlich gar nicht gezahlt hatten, die ihnen dann aber vom Finanzamt zurück erstattet wurden. Daher auch der Name "Dividenenstripping" für die Deals. Durch die Konstruktionen konnte es auch dazu kommen, dass Aktien kurzfristig mehrere Eigentümer hatten, die sich dann jeweils Kapitalertragssteuer erstatten ließen, wenn sie die Aktien weitergaben. Dem Staat steht bei der Besteuerung von Dividenden eine Kapitalertragssteuer von 25 Prozent zu.
Unanständige Gesetzeslücke
Diese Praxis wurde durch Gesetzesänderungen 2012 abgestellt. Seither streiten aber Händler und der Fiskus vor Finanzgerichten, ob die Cum-Ex-Geschäfte illegal waren oder einfach nur unanständig. Die beteiligten Händler und reiche Einzelpersonen betonten immer wieder, sie hätte nur eine Gesetzeslücke genützt.
Durch die Einsetzung des Untersuchungsausschusses im Parlament wollen die Oppositionsparteien Grüne und Linke nun sicherstellen, dass ähnliche Schlupflöcher nicht auch anderswo existieren. "Jahrelang wusste das Finanzministerium über die Geschäfte Bescheid, die Finanzminister haben sie lange nicht unterbunden. Warum nicht?", hieß es bei den Grünen. Der Finanzexperte der Partei, Gerhard Schick, sagte zur Begründung für den Vorstoß weiter: "Ich hoffe, dass es gelingt, bei der Besteuerung von Finanzprodukten künftig solche Betrügereien zu verhindern."
An den dubiosen Geschäften waren nach Medienberichten auch mindestens zwei Landesbanken beteiligt, die im öffentlichen Besitz sind. Ermittler wurden auch bei der Deutschen Bank aktiv, dabei ging es aber nicht um Vorwürfe gegen die Bank selbst. Eine Bank, die HVB, akzeptierte in der Sache mittlerweile eine Geldbuße von fast zehn Millionen Euro. In Frankfurt war unlängst die Maple Bank, eine kleinere Bank kanadischer Besitzer, wegen der Verwicklung in umstrittene Cum-Ex-Geschäfte von der Finanzaufsicht geschlossen worden.
In der laufenden Wahlperiode hat der Bundestag bereits drei Untersuchungsausschüsse eingerichtet. Dazu reichen die Stimmen von einem Viertel der Abgeordneten. Die Untersuchungsausschüsse können Zeugen und Sachverständnisse vernehmen und Ermittlungen in Aufrtag geben.
ar/hb (dpa, rtr, Archiv)