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Curaçao - Ein bisschen Europa und ganz viel Karibik

Dan Hirschfeld28. Oktober 2015

Das erste Wort, das man auf Curaçao lernt, ist "Dushi" - Schätzchen. So spricht man hier Verwandte, Bekannte oder den Kellner im Restaurant an. Ausdruck eines ganz besonderen Lebensgefühls.

Karibikinsel Curaçao
Bild: Dan Hirschfeld

CuracaoDReise

02:30

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Auf der Insel direkt vor der Küste Venezuelas scheint alles irgendwie "nett", "lieb" und "süß" zu sein, "Dushi" eben. Die Einwohner scheinen das Leben leicht zu nehmen, alltäglichen Stress mit einem Lächeln zu bewältigen.

Und das liegt sicher auch daran, dass auf Curaçao eigentlich immer die Sonne scheint. Die Insel liegt unterhalb des Hurricangürtels, so dass sie von den verheerenden Wirbelstürmen verschont bleibt. Und auch eine Regenzeit gibt es hier nicht wirklich. Es regnet ab und zu, für kurze Zeit. Was bleibt, ist viel Sonnenschein und eine das ganze Jahr über gleichmäßige Durchschnittstemperatur von knapp 30 Grad. Leichter Wind sorgt dafür, dass es nie unangenehm drückend oder schwül wird.

Insel mit Geschichte

Auf der Insel lebt ein multikulturelles Volk aus über 60 Nationalitäten. Das bringt einen wunderbaren Sprachenmix mit sich, verständigen kann man sich hier immer irgendwie. Nach Spaniern und Portugiesen kamen die Briten, die Insel wurde ihr Hafen zur Neuen Welt. Für die Niederlande war Curaçao mehr als zweihundert Jahre lang das Zentrum des Sklavenhandels. Die Insel hat Geschichte. Und Kultur.

Museen wie das "Kura Hulanda" in der Hauptstadt Willemstad - von einem Niederländer mit privatem Geld aufgebaut - widmen sich mit Sklavenhandel und Kolonialzeit einem eher dunklen Kapitel der Insel. Das aber kaum jemand verstecken will. Denn dass auf Curaçao heute unzählige Kulturen zu Hause sind, die das kleine Eiland bunt machen, ist untrennbar mit dieser Geschichte verbunden.

Die bunten Häuserzeilen am Hafen von Willemstad sind das Markenzeichen von CuraçaoBild: Dan Hirschfeld

Nicht nur die berühmte Häuserzeile am Hafen von Willemstad, die einem Spielzeugland zu entstammen scheint und zum UNESCO-Welterbe gehört, sorgt mit ihren farbenfrohen Fassaden beim Bummeln oder Einkaufen für gute Laune. Sie ist überall. Auch Fremdenführerin Clarina Gomez hat das Gute-Laune-Gen. Gerade noch hat sie über die schwimmende Brücke im Hafen von Willemstad erzählt - die leider gerade renoviert wird und deshalb gar nicht zu sehen ist - da trifft sie plötzlich auf der Straße einen Bekannten und fängt spontan mit ihm zur Musik aus einem nahen Straßencafé zu tanzen an.

Alte Bäume und gefährdete Korallen

Es ist ein beschwingtes Lebensgefühl auf dieser Insel, in das man schon nach wenigen Tagen vollständig eintaucht. Dazu trägt auch die Natur bei: Nicht unberührt, aber weitgehend intakt. Es gibt mehrere Nationalparks, die zu endlosen Entdeckungstouren und Spaziergängen einladen. "Hofi Pastor" etwa, ein Wald, in dem Bäume wachsen, die mehr als 800 Jahre alt sind. Wie klein und vergänglich der Mensch neben solchen Baum-Dinos doch ist.

Naturpark "Hofi Pastor": Die Wurzeln dieses 800 Jahre alten Baumes erreichen fast die Größe eines MenschenBild: Dan Hirschfeld

Nicht weniger beeindruckend sind die Strände. Hier stimmt der Superlativ vom kristallklaren Wasser tatsächlich. Freie Sicht bis auf den Meeresgrund, nach wenigen Schritten im Wasser ist man umgeben von bunten Fischen. Auch darauf sind die Menschen hier mächtig stolz. Manche sagen, Curaçao habe die schönsten Korallenriffe der gesamten Region. Auf jeden Fall sind die Gewässer ein Paradies für Delfine und tausende andere Meeresbewohner. Aber auch für Taucher und solche, die hier begeistert schnorcheln.

Dieses Paradies zu bewahren, das hat sich die Insel früh auf die Fahnen geschrieben. Große Teile der Riffe sind geschützt, im Rahmen eines vom deutschen Bundesamt für Naturschutz geförderten Projektes werden seltene Korallen nachgezüchtet und wieder an den Riffen angesiedelt. Taucher, Urlauber und Kreuzfahrttouristen erfahren in Workshops, warum Korallen so wichtig für das Ökosystem der Karibik sind. Wie man sie schützen kann. Und, dass man von Souvenirs, die aus Korallen hergestellt sind, besser die Finger lassen sollte.

Tourismus ohne Bettenburgen

Als Souvenir viel besser geeignet sind die "Chichi", bunte Gipsfiguren mit großen Brüsten und weiblichen Rundungen, die dem Schönheitsideal auf Curaçao entsprechen. Diese Figuren, die seit einigen Jahren zu der Insel gehören, stammen aus dem Atelier einer deutschen Einwanderin. Serena Israel strandete im Jahr 2000 bei einer Weltumsegelung auf Curaçao.

Die erste "Chichi" entstand aus ihren Eindrücken von den Menschen auf der Insel. Und war bei den Einheimischen sofort ein Renner. Offenbar hatte Serena mit den kleinen und großen Gipsfiguren einen Nerv getroffen. Heute bemalen mehr als vierzig Frauen die Figuren in Heimarbeit - und haben so die Möglichkeit, sich zu Hause um Kinder und Familie zu kümmern und gleichzeitig Geld zu verdienen. Und die "Chichis" stehen inzwischen nicht nur in vielen Wohnzimmern, sondern sind auch ein Markenzeichen geworden. Beliebt bei Touristen aus aller Welt.

Curaçao gehörte bis zum Jahr 2010 übrigens zu den Niederlanden. Nach einer Volksabstimmung ist die Insel seitdem autonom, aber weiter Mitglied im Königreich der Niederlande. Die Einwohner von Curaçao haben ganz ohne Zweifel ihren eigenen Kopf und ihre eigenen Pläne für die Zukunft. Der Tourismus etwa, bisher keineswegs die Haupteinnahmequelle der 140.000 Inselbewohner, soll sehr behutsam entwickelt werden. Ohne Bettenburgen und Ballermann-Flair. Curaçao sieht sich als das, was Menorca für die Balearen oder La Gomera für die Kanaren ist: Ein Eiland, das sich gegen Klischees zur Wehr setzt.

Farbenfroh und liebenswürdig: Auch die "Chichis" von Serena Israel verkörpern das Lebensgefühl der InselBild: Dan Hirschfeld