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CureVac-Flop: Die Gründe und die Folgen

Alexander Freund | Ashutosh Pandey
17. Juni 2021

Das deutsche Biotech-Unternehmen galt vielen Anlegern als vielversprechende Investition. Doch das Glück des Unternehmens scheint sich zu wenden, nachdem sein Corona-Impfstoff eine enttäuschende Wirksamkeit zeigte.

Symbolbild CureVac Impftsoff
Ein CureVac-Mitarbeiter pipettiert im Labor eine blaue FlüssigkeitBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Vor einem Jahr gehörte CureVac zu den begehrtesten Biotech-Firmen der Welt. Der damalige US-Präsident Donald Trump soll eine "große Summe" geboten haben, um sich den Zugriff auf den vielversprechenden COVID-19-Impfstoff zu sichern.

Durch den Vorstoß sah sich die deutsche Bundesregierung zum Handeln veranlasst: Berlin kaufte 23 Prozent der Anteile an der heimischen Biotech-Firma für 300 Millionen Euro. Der Deal bewertete das Tübinger Unternehmen mit 1,3 Milliarden Euro.   

Im August folgte ein fulminantes Börsendebüt in New York. Der Aktienwert des Impstoffentwicklers verdreifachte sich schon am ersten Handelstag. Investoren setzten darauf, dass der Impfstoff aus Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) einen Schutzschild gegen das grassierende Coronavirus bieten könnte. Bei Börsenschluss verzeichnete das Unternehmen einen Marktwert von fast zehn Milliarden Dollar, umgerechnet 8,4 Milliarden Euro.

Die Bewertung des Unternehmens verdoppelte sich in den folgenden Monaten, da BioNTech-Pfizer und Moderna aufgrund beeindruckender Wirksamkeitsdaten die Zulassung für ihre mRNA-Impfstoffe erhielten. 

Am Mittwoch geriet der Traumlauf von CureVac ins Stocken. Das Unternehmen teilte mit, dass sein Corona-Impfstoff in einer Studie in der Spätphase nur zu 47 Prozent wirksam war und damit weit hinter den anderen mRNA-Impfstoffen blieb.

Von ihm kam das CureVac-Startkapital: Milliardär und SAP-Mitgründer Dietmar HoppBild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Die vorläufigen Wirksamkeitsdaten sind ein schwerer Schlag für die Bemühungen des Unternehmens, einen Impfstoff auf den Markt zu bringen. Die Aktien von CureVac stürzten um bis zu 50 Prozent auf den niedrigsten Stand seit mehr als sieben Monaten ab; der Marktwert des Unternehmens sank um mehr als 6 Milliarden Euro. 

"Die Ergebnisse sind ernüchternd," sagte CureVac-Vorstandschef Franz-Werner Haas. "Wir wissen, dass der Nachweis einer hohen Wirksamkeit bei dieser beispiellos breiten Varianzvielfalt eine große Herausforderung ist.”

COVID-Varianten sind schuld

Der CureVac-Impfstoff unterscheidet sich kaum von den mRNA-Impfstoffen, die von BioNTech-Pfizer und Moderna entwickelt wurden. Im Gegensatz zu den Komponenten der Konkurrenten sind die im CureVac-Impfstoff verwendeten Nukleotide jedoch nicht chemisch modifiziert. Für eine Injektion von CureVac werden nur 12 Mikrogramm des Impfstoffs benötigt, verglichen mit 30 Mikrogramm pro Dosis bei BioNTech-Pfizer und 100 Mikrogramm pro Dosis bei Moderna. Darüber hinaus kann der CureVAc-Impfstoff bei normalen Kühlschranktemperaturen mindestens drei Monate lang aufbewahrt werden, während die Impfstoffe von BioNTech und Moderna bei deutlich kühleren Temperaturen gelagert werden müssen.

Aus wissenschaftlicher Sicht lohnt es sich also, einen Blick auf die möglichen Gründe zu werfen, warum der CureVac-Impfstoff hinter den Erwartungen zurückblieb. Die Studie mit rund 40.000 Probanden wird in zehn Ländern Lateinamerikas und Europas durchgeführt, darunter auch Großbritannien und Brasilien. CureVac ist spät dran, und inzwischen haben sich dort Virusvarianten durchgesetzt, die deutlich aggressiver sind als das Original.

Besorgnis über Delta-Variante

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Laut der zweiten Zwischenanalyse von CureVac wurden 124 positive COVID-19 Fälle sequenziert, um die jeweilige Virusvariante zu identifizieren, die die Krankheit verursacht hatte. Demnach tauchte das ursprüngliche Virus nur in einem Fall auf. Mehr als die Hälfte der Fälle wurde durch Varianten verursacht, die die Weltgesundheitsorganisation als besorgniserregend bezeichnet. Die Varianten C.37 (Lambda), die zuerst in Peru entdeckt wurde, und B.1.621, die zuerst in Kolumbien entdeckt wurde, wurden ebenfalls nachgewiesen.

Der CureVac-Impfstoff erreichte eine geringe Wirksamkeit gegen COVID-19 in einer "beispiellosen Umgebung mit mindestens 13 Varianten", so das Unternehmen in einer Erklärung. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat für die Zulassung eines COVID-19-Impfstoffs eine Wirksamkeit von mindestens 50 Prozent vorgeschrieben, die CureVac-Studie soll jedoch trotzdem fortgesetzt werden.

Eine Wirksamkeit von 47 Prozent liegt weit unter den Werten der Impfstoffe von BioNTech-Pfizer und Moderna, die um die 95 Prozent erreichen. Doch auch die Wirksamkeit der bereits zugelassenen Impfstoffe wird durch die inzwischen dominierenden Virusvarianten deutlich abgeschwächt, wie eine im Fachjournal The Lancet veröffentlichte britische Studie am Beispiel von BioNTech-Pfizer zeigte.

Firma noch ohne Produkt

Das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen CureVac, hinter dem der deutsche Milliardär und Mitbegründer der Softwarefirma SAP Dietmar Hopp steht, setzt auf seine mRNA-Expertise, um Krebstherapien und Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten wie Tollwut, Gelbfieber und Malaria zu entwickeln. Auch mit der zu Elon Musk Tesla-Konzern gehörenden deutschen Firma Tesla Grohmann Automation soll CureVac an einem Projekt arbeiten.

Bisher hat das Unternehmen noch kein Produkt auf den Markt gebracht, alle Therapien und Impfstoffe in der Pipeline befinden sich noch in verschiedenen Entwicklungsstadien. Abgesehen von der COVID-19-Spritze, die als CVnCoV bekannt ist, ist bislang nur der Tollwut-Impfstoff CV7202 in die klinische Prüfung gegangen. Der Rest befindet sich in der präklinischen Phase.    

"Dies könnte Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit seiner mRNA-Plattform aufkommen lassen", schreibt Jefferies-Analyst Eun K. Yang.

Zhiqiang Shu, Analyst bei Berenberg, ist der Meinung, dass es für das Unternehmen nun schwerer wird, seinen COVID-19-Impfstoff auf den Markt zu bringen. "Wenn der COVID-19-Impfstoff überhaupt zugelassen wird, dann sicher nicht so reibungslos und schnell, wie es sich das Unternehmen erhofft hat", sagt Shu der DW.

Trotzdem sieht er in CureVacs mRNA-Technologie noch Potenzial. "Wir denken, dass die Hoffnung auf eine mögliche Zulassung nicht ganz verloren ist. Außerdem wird eine zweite Generation des Impfstoffs in den nächsten Monaten in die Phase der Humanstudien gehen", sagte er.

Auswirkungen auf Impfkampagnen

CureVac gehört zu einer Handvoll Unternehmen, die einen Kaufvertrag mit der Europäischen Union unterzeichnet haben. Die EU hat zugestimmt, 225 Millionen Dosen CVnCoV zu kaufen, mit der Option, weitere 180 Millionen zu erwerben, sobald sich der Impfstoff als sicher und wirksam erwiesen hat.

Das Unternehmen unterzeichnete außerdem einen Kreditvertrag über 75 Millionen Euro mit der Europäischen Investitionsbank, um die Entwicklung zu beschleunigen und die Produktion von Impfstoffen zu steigern. CureVac hat zudem Partnerschaften mit den Pharmakonzernen Bayer und GlaxoSmithKline geschlossen.

Das Interesse an dem Impfstoff von CureVac war in den vergangenen Monaten gestiegen, nachdem mehrere Länder den Einsatz der von Johnson & Johnson und AstraZeneca entwickelten COVID-19-Impfstoffe wegen unerwünschter Nebenwirkungen eingeschränkt hatten.

Das Bundesgesundheitsministerium teilte unterdessen mit, die deutsche Impfkampagne werde nicht dadurch verlangsamt, weil CureVac das Wirksamkeitsziel verfehlt hat.

Dieser Text wurde aus dem Englischen übersetzt.

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