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Politik

Cyber-Mobbing: Was hilft gegen den Hass?

Marko Langer
21. September 2018

Kleinhalten! Denunzieren! Fertigmachen! Mobbing hat Methode und breitet sich weiter aus, wie aus jetzt veröffentlichten Zahlen hervorgeht. Auch und gerade im Internet. Dabei gibt es Mittel und Wege, sich zu wehren.

Mann benutzt seinen Laptop Cybermobbing Symbolbild
Bild: picture-alliance/dpa/C. Klose

Nehmen wir nur einmal den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Wenn er twittert, können sich manchmal die eigenen Leute warm anziehen. Oder nehmen wir rechtsextreme Gruppen, die keine Gelegenheit auslassen, um in Netz gegen Ausländer zu pöbeln. Oder nehmen wir manche Jugendliche, die ihre Grausamkeit gegenüber Mitschülern ("Du Opfer!") so weit treiben, dass diese über Selbstmord nachdenken.

Tendenz steigend 

Alles keine Theorie, sondern brutale Wirklichkeit im Internet des Jahres 2018. Ein solches Vorgehen ist - wenn man es so salopp ausdrücken will - in Mode. Das Bündnis gegen Cybermobbing hat nun in Berlin aktuelle Zahlen vorgelegt, die alarmierend sind. Unter 4.000 befragten Erwachsenen in Deutschland, Österreich und der Schweiz waren 30 Prozent schon einmal Mobbingopfer, Tendenz steigend. Besonders betroffen: Frauen und junge Menschen! Das Internet spielt dabei eine besondere, fatale Rolle: 13,6 Prozent der unter Druck Gesetzten leiden unter Cybermobbing. Etwa am Arbeitsplatz.

Und das hat Folgen: Die Betroffenen werden krank. Jährlich vier Ausfalltage pro Jahr mehr, hat das Bündnis gegen Cybermobbing herausgefunden. 50 Prozent der Betroffenen klagen - der Organisation zufolge - über schwindendes Selbstwertgefühl oder Zwangsstörungen; auch die Flucht in den Alkohol oder andere Suchtmittel sind dann Faktoren. Und offenbar fördert das Web die Lust daran, andere fertigzumachen. Die Anonymität im Internet sei ein wesentlicher Faktor, weiß Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des Bündnisses, das auch von der Inter-Versicherungsgruppe getragen wird. "Diese Anonymität enthemmt die Täterinnen und Täter, da häufig keine negativen Reaktionen oder Konsequenzen zu befürchten sind", erklärt Leest. "Die strafrechtliche Verfolgung ist durch die Anonymität fast unmöglich. Und das Opfer kann wenig tun, da es häufig nicht weiß, von wem die Angriffe stammen."

Kennt Methoden gegen Mobbing: Sebastian Mauritz Bild: privat

Hilfe durch "Resilienz"! Aber was ist das?

Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, sich zu wehren, wie der Göttinger Coach und Unternehmenstrainer Sebastian Mauritz weiß. Er hat sich auf das Thema "Resilienz" spezialisiert. Resilienz beschreibt nach seinen Worten "die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen. Übersetzt bedeutet es 'abprallen' und kann als 'Widerstandsfähigkeit' verstanden werden. Wie bei einem Stehaufmännchen, das sich aus jeder Position wieder aufrichten kann", erklärt Mauritz.

Mobbing die Bedrohlichkeit nehmen

Doch wie entwickelt man, beispielsweise als Internet-Nutzer, diese Widerstandsfähigkeit? "Durch die Steigerung des eigenen Selbstwerts", sagt Mauritz. Man könne auf Anfeindungen reagieren, indem man zerknirscht und deprimiert sei. Man könne aber auch sagen: "Interessant, vielen Dank für das Feedback." Eine solch selbstbewusste Haltung entwickele man, indem man sich klar mache, dass der Verursacher von Mobbing immer selbst aus einer Position der Schwäche heraus handelt. Eben um sich selbst stärker zu fühlen. Mauritz nennt deshalb den Mobber auch einen "verhaltensinteressanten" Menschen. Und schon hat dieser seine Bedrohlichkeit und Feindlichkeit verloren.

Mauritz weiß sehr wohl, dass das im Einzelfall oft nicht so ganz einfach ist. "Ich will das Thema nicht kleinreden", so der Coach. Denn es handele sich ja um ein gesellschaftliches Problem. Und den Betroffenen müsse geholfen werden. Den Eindruck, Mobbing-Opfer seien am Ende selber schuld, will Mauritz nicht aufkommen lassen. 

Und konkret, im Internet? Was soll man da tun, was lassen? Die Stuttgarter Professorin Petra Grimm hat mit ihren Studierenden der Medienwissenschaften in einem Master-Projekt "Zehn Gebote der Digitalen Ethik" entwickelt. "Weil wir davon überzeugt sind, dass das Internet einen solchen Orientierungsrahmen dringend braucht", sagt Grimm im Gespräch mit der DW. Die Gebote lauten:

Petra Grimm, Professorin an der Hochschule für Medien in StuttgartBild: picture-alliance/dpa/R. Kerl/P. Grimm
  1. Erzähle und zeige möglichst wenig von Dir.
  2. Akzeptiere nicht, dass Du beobachtet wirst und Deine Daten gesammelt werden.
  3. Glaube nicht alles, was Du online siehst und informiere Dich aus verschiedenen Quellen.
  4. Lasse nicht zu, dass jemand verletzt und gemobbt wird.
  5. Respektiere die Würde anderer Menschen und bedenke, dass auch im Web Regeln gelten.
  6. Vertraue nicht jedem, mit dem Du online Kontakt hast
  7. Schütze Dich und andere vor drastischen Inhalten.
  8. Messe Deinen Wert nicht als Likes und Posts.
  9. Bewerte Dich und Deinen Körper nicht anhand von Zahlen und Statistiken.
  10. Schalte hin und wieder ab und gönne Dir auch mal eine Auszeit.

Professorin Grimm sagt, sie sei immer wieder überrascht, wie wenig Informationen Internet-Nutzer selbst über das Netz hätten. Viele wüssten zum Beispiel nicht, dass WhatsApp zu Facebook gehört und man auch den Dienst "Signal" als Alternative nutzen könne.

Und dieses Gebot 2? Die meisten User im Netz wollten doch gerade beobachtet werden, Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Richtig, sagt die Medienwissenschaftlerin. "Die Jugendlichen heute sind ja in den digitalen Kosmos hineingeboren worden", räumt sie ein. Aber auch Ihnen könne man signalisieren, dass es gut sei, Grenzen zu setzen.

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