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Dänemark: Koranschändung vor Gericht

8. Mai 2025

Nach mehreren Koranverbrennungen im Sommer 2023 hatte Dänemark seine Gesetzgebung verschärft. Nun müssen sich zum ersten Mal zwei Angeklagte wegen Verstoßes gegen das neue Gesetz vor Gericht verantworten.

Vereinigte Arabische Emirate 2025 | Muslimische Frau liest im Koran
Der Koran gilt Muslimen als heiliges Buch; Dänemark hat die Schändung des Korans und anderer heiliger Schriften seit 2023 unter Strafe gestelltBild: Pascal Deloche/Godong/Imago Images

An diesem Freitag richtet sich der Blick auf die dänische Ostseeinsel Bornholm, wo ein aufsehenerregender Prozess beginnt: Angeklagt sind zwei Männer wegen "unangemessenen Umgangs mit dem Koran". Die beiden Personen sollen das heilige Buch der Muslime während eines Volksfestes im Juni 2024 vor Publikum in einem Zelt verbrannt und dies zusätzlich über Facebook im Internet gestreamt haben. Weder zur Identität der beiden Angeklagten noch über den genauen Tathergang hat die dänische Staatsanwaltschaft bislang Details bekannt gegeben. Ein Urteil wird nach ihren Angaben noch am selben Tag erwartet.

Erster Prozess nach neuem Gesetz

Die Gerichtsverhandlung in Bornholms größter Stadt Rönne ist der erste Strafprozess seit Inkrafttreten eines neuen Gesetzes, das die "unangemessene Behandlung" religiöser Schriften (wie Bibel, Koran oder Tora) unter Strafe stellt. Demnach ist es nicht nur verboten, religiöse Schriften zu verbrennen, sondern auch, sie zu beschmutzen, zu zerreißen oder mit Füßen zu treten. Verstöße können je nach Schwere mit Geldstrafen, aber auch mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden.

Dänemarks damaliger Justizminister Peter Hummelgaard verteidigte das umstrittene Gesetz, das die "unangemessene Behandlung religiöser Texte" unter Strafe stelltBild: Mads Claus Rasmussen/AFP

Das Gesetz trat am 7. Dezember 2023 in Kraft, nachdem mehrere Koranverbrennungen in Dänemark und Schweden für erhebliche internationale Spannungen gesorgt hatten. Im Juli 2023 zündeten Mitglieder der rechtspopulistischen Gruppierung "Dänische Patrioten" Korane vor mehreren Botschaften muslimischer Länder in Dänemark an. Auch verschiedene Einzelpersonen provozierten wiederholt durch Koranverbrennungen. Insgesamt zählte die Polizei allein in Dänemark zwischen Juli und Oktober 2023 mehr als 480 Fälle, in denen Flaggen oder religiöse Bücher verbrannt wurden. 

Koranverbrennungen: Gefahr für die innere Sicherheit?

Diese Taten führten zu wütenden Reaktionen, diplomatischen Verstimmungen und teilweise gewalttätigen Protesten in der muslimischen Welt. Unter anderem wurde eine dänische Hilfsorganisation im Irak angegriffen, vor der dänischen Botschaft in Bagdad kam es zu wütenden Protesten. Das schwedische Konsulat wurde gar gestürmt und in Brand gesetzt. Das islamistische Terrornetzwerk Al-Kaida drohte mit Anschlägen in beiden Ländern, so dass die Terrorwarnstufe zeitweise auf die zweithöchste Stufe angehoben werden musste.

Wie hier im Jemen demonstrierten im Sommer 2023 in vielen muslimischen Staaten tausende Menschen gegen die Koranverbrennungen in Dänemark und SchwedenBild: Khaled Abdullah/REUTERS

Vor diesem Hintergrund sollte das neue Gesetz in Dänemark die nationale Sicherheit stärken und weiteren Provokationen vorbeugen. Der damalige dänische Justizminister Peter Hummelgaard betonte bei der Einführung des Gesetzes, dass Koranverbrennungen "Dänemark und seinen Interessen schaden". Die Einführung des neuen Gesetzes war jedoch nicht ununmstritten. Ihr war im Dezember 2023 eine vierstündige Parlamentsdebatte vorausgegangen. Die Opposition und einige dänische Intellektuelle fürchteten eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Kritiker vermuteten auch politische Motive, wie die Sicherung muslimischer Stimmen für Dänemarks Kandidatur für einen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die Jahre 2025/2026.

Dabei hatte Dänemark erst 2017 einen noch aus dem Jahr 1683 stammenden Blasphemieparagrahen abgeschafft - kurioserweise war auch damals eine Koranverbrennung ausschlaggebend gewesen. Die Abschaffung war seinerzeit auch als klares Signal an Staaten wie Pakistan oder Saudi Arabien gedacht, die ihrerseits bis heute Gotteslästerung unter harte Strafen stellen. Schon zuvor gab es immer wieder Debatten in Dänemark über die Grenzen der Meinungsfreiheit. Bereits im Jahr 2005 hatte die dänische Zeitung Jyllands-Posten zwölf Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed veröffentlicht und damit wochenlange Proteste in muslimischen Ländern ausgelöst.

Der mittlerweile verstorbene dänische Karikaturist Kurt Westergaard hatte mit seinen Zeichnungen des Propheten Mohammed eine weltweite Debatte über die Grenzen von Kunst- und Meinungsfreiheit ausgelöstBild: Henning Bagger/scanpix denmark/dpa/picture alliance

Unklarere Rechtslage in Schweden

Auch im Nachbarland Schweden gibt es immer wieder solche Debatten. Anders als in Dänemark ist eine Koranverbrennung hier aber bis heute nicht per se verboten. Ob sie den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen oder lediglich eine zulässige Form der Religionskritik darstellen, wurde von schwedischen Gerichten bislang nicht eindeutig entschieden.

In Einzelfällen haben schwedische Gerichte Angeklagte aber auch schon verurteilt - so etwa den rechtsextremistischen dänisch-schwedischen Politiker Rasmus Paludan. Auch der Gründer der islamfeindlichen dänischen Splitterpartei "Stram Kurs" ("Strammer Kurs") hatte bereits im Sommer 2023, aber auch danach in beiden Ländern wiederholt mit Koranverbrennungen für Aufsehen gesorgt. Im November 2024 verhängte die schwedische Justiz gegen ihn eine viermonatige Haftstrafe wegen Volksverhetzung.

Der rechtsextreme dänisch-schwedische Politiker Rasmus Paludan hat bereits mehrfach Korane verbrannt - in Schweden wurde er nun dafür verurteiltBild: Sergei Gapon/AFP

Auch der aus dem Irak nach Schweden geflüchtete Aramäer Salwan Momika hatte bereits im Sommer 2023 durch seine Koranverbrennungen in Schweden maßgeblich zu den Spannungen zwischen den beiden nordischen Ländern und der muslimischen Welt beigetragen. Auch danach inszenierte er wiederholt öffentlich Schändungen und Verbrennungen des Buches und löste damit in Schweden und international Proteste und Ausschreitungen aus. Daraufhin wurde er wegen "Anstachelung zum Hass" angeklagt. Doch nur einen Tag vor der geplanten Urteilsverkündung wurde er im Februar 2025 auf dem Balkon seiner Wohnung in Södertälje von Unbekannten erschossen. Ein Mitangeklagter wurde jedoch wenig später zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt.

Thomas Latschan Langjähriger Autor und Redakteur für Themen internationaler Politik