1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikIran

Dürre im Iran: Planlos in die Katastrophe

Veröffentlicht 11. November 2025Zuletzt aktualisiert 12. November 2025

Im Iran herrscht eine beispiellose Trockenheit. Die Wasserreserven sind stark erschöpft. Und das Versagen der Behörden steuert das Land in eine vorhersehbare Katastrophe.

Ein Kind mit rotem Rucksack steht vor einem ausgetrockneten See, im Hintergrund liegt ein blaues Boot auf dem Trockenen im Iran
Wichtige Gewässer wie der Hamun-See in der Provinz Sistan und Belutschistan im Osten Irans sind ausgetrocknet.Bild: Sadegh Souri/Middle East/picture alliance

Seit Herbst hat es im Iran kaum geregnet. Im neuen Wasserjahr, einem Zeitraum von zwölf Monaten zur Erfassung von Niederschlägen, der im Iran am 23. September beginnt, gab es in 15 der 31 Provinzen bis jetzt absolut keinen Niederschlag.

Das Land erlebt eine beispiellose Dürre, die die Behörden zu Einschränkungen bei der Wasserversorgung zwingt. In der Hauptstadt Teheran seien zeitlich begrenzte Wasserabschaltungen geplant, um den Verbrauch zu begrenzen und "Verschwendung" zu vermeiden, sagte Energieminister Abbas Ali Abad am vergangenen Wochenende.

Die Bevölkerung solle Wasserbehälter und Pumpen verwenden, um die Versorgungslücken zu überbrücken. Das Wassernetz in Teheran, einer Stadt, die sich rasant ausgedehnt und zu einer Megacity entwickelt hat, ist veraltet und marode. Einwohner des Stadtzentrums berichten seit Anfang Sommer immer wieder über stundenlange Wasserabschaltungen wegen Reparaturen ohne Vorwarnung.

Die Bevölkerungszahl der Metropolregion Teheran wird auf rund 20 Millionen Einwohner geschätztBild: Arne Bänsch/dpa/picture alliance

"Wir leben im Westen der Hauptstadt Teheran. Unser Wasser wurde bisher noch nicht abgestellt. Aber seit längerer Zeit nutzen wir in unserem Hochhaus Wasserpumpen, da der Druck zu niedrig ist", berichtet eine pensionierte Frau, die vor zwei Jahren nach Teheran gezogen ist, um ihren Kindern und deren Familien näher zu sein.

Sie gehört nun auch zu den knapp 20 Prozent der iranischen Bevölkerung, die in der Hauptstadt Teheran wohnen und von akuter Wasserknappheit bedroht sind.

Im sechsten Dürrejahr in Folge haben die Stauseen um die Hauptstadt den niedrigsten Pegelstand seit Jahrzehnten. Laut der Wasser- und Abwassergesellschaft der Provinz Teheran musste die Teheraner Bevölkerung in den vergangenen sieben Monaten mit rund zwölf Prozent weniger Wasser auskommen.

"Angesichts der klimatischen Bedingungen und der anhaltenden Dürre muss diese Einsparquote jedoch auf etwa 20 Prozent steigen, um die Wasserversorgung bis zum Winter zu gewährleisten", so der Geschäftsführer des Wasserversorgers.

Alle drei Jahre geht die Wassermenge eines Bodensees im Iran verloren

"Die Ersparnisse der Bevölkerung reichen längst nicht aus, um diese Krise zu bewältigen", warnt Umweltexpertin Azam Bahrami, Forscherin und Beraterin für nachhaltigen Ökotourismus. Sie sagt im Gespräch mit der DW: "Ein Blick auf die Wasserkonsumpyramide zeigt, dass der Agrarsektor mit einem Anteil von 80 bis 90 Prozent den größten Anteil hat. Solange anderen Sektoren Priorität eingeräumt wird, um die Produktivität zu steigern, werden die Sparmaßnahmen keinen großen Erfolg zeigen."

Vom einst größten iranischen Binnensee, dem Urmia-See, ist kaum etwas übrig gebliebenBild: Privat

Die Wasserreserven des Landes sind aufgrund jahrzehntelanger Übernutzung, ineffizienter Bewässerung in der Landwirtschaft und mangelnder Infrastruktur stark erschöpft. Verschiedene Studien, wie die im Wissenschaftsmagazin Nature von 2022, zeigen erschreckende Fakten über den Verlust der Grundwasserspeicher in einem ohnehin trockenen Land wie dem Iran.

Einer der Autoren der Studie, Mohammad Javad Tourian von der Universität Stuttgart, schreibt auf Nachfrage der Deutschen Welle: "Seit 2002 verliert der Iran im Durchschnitt rund 16 Kubikkilometer Wasser jährlich. Das bedeutet, dass der Iran fast alle drei Jahre ein Volumen in der Größe des Bodensees verliert." Tourian betont weiter: "Insgesamt sind über die vergangenen 23 Jahre etwa 370 Kubikkilometer Wasser verschwunden. Die Lage ist wirklich ernst."

Fehlender politischer Wille

Seit langem diskutieren Umweltexperten mit den Behörden darüber, dass das Land weder ein weiteres Bevölkerungswachstum verkraften kann noch in der Lage ist, seine Nahrungsmittel vollständig selbst zu produzieren. Wer sich wagt, solche Diskussionen zu führen, wird systematisch von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen und durch ideologisch treue Angestellte ersetzt.

Es hagelt Kritik: Die reformorientierte Zeitung Etemad machte "unqualifizierte Manager in wichtigen Institutionen" für die Wasserkrise verantwortlich. Die Tageszeitung Schargh kritisierte, dass "das Klima der politischen Debatte geopfert wird".

Präsident Massud Peseschkian, der angesichts der Wasserknappheit sogar eine Evakuierung der Hauptstadt Teheran nicht ausgeschlossen hatte, erntete ebenfalls viel Kritik. Vor allem fragen ihn die Menschen in Teheran: "Wo sollen die Stadteinwohner hingehen?" Eine klare Antwort oder eine kurzfristige Strategie zur Bewältigung der Krise, außer Wasserabstellung und Abwarten, bis es regnet, konnte die Regierung um Peseschkian bisher nicht vorgestellen.

Dem ohnehin niederschlagsarmen und trockenen Iran fehlt ein umfassendes Programm zum WassermanagementBild: Mehr

"Es gibt einige Maßnahmen, die nun schnell spürbare Entlastung bringen können", sagt der Experte Tourian von der Universität Stuttgart. Er fügt hinzu: "Die Priorisierung der Trinkwasserversorgung in Städten wie Teheran und die kurzzeitige Einschränkung weniger kritischen Wasserverbrauchs können als kurzfristige Schritte schnell Wirkung zeigen. Wichtig sind aber entscheidende Ansätze für eine nachhaltige Bewältigung der Wasserkrise."

Eine konsequente Nutzung von Satellitendaten würde helfen, ein eindeutiges, unabhängiges und landesweites Bild der tatsächlichen Wasserverluste zu erhalten und Wasserbudgets realistisch zu quantifizieren. Zu den wichtigen Schritten gehört laut Experte Tourian die Transformation der Landwirtschaft hin zu klimaangepassten Kulturen und effizienten Bewässerungssystemen.

"All diese Maßnahmen sind jedoch deutlich einfacher zu formulieren als umzusetzen. Sie erfordern institutionelle Reformen, technische Kapazitäten, verlässliche Datenstrukturen und politischen Willen - Faktoren, die in der Praxis oft schwerer zu realisieren sind als die technische Lösung selbst."

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen