Dalai Lama will weiter friedlich kämpfen
10. März 2009Am 50. Jahrestag des tibetischen Volksaufstands hat der Dalai Lama, das geistige Oberhaupt der tibetischen Buddhisten, die Forderung der Exil-Regierung nach weitgehender Autonomie für Tibet innerhalb Chinas bekräftigt. Dann könnten die Tibeter ihren Beitrag zu "Einheit und Stabilität in China leisten", sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter am Dienstag (10.3.2008) in seinem Exil im nordindischen Dharamsala. Rund 2000 Zuhörer waren zu der Ansprache des Dalai Lama gekommen, unter ihnen buddhistische Mönche, tibetische Schulkinder und Anhänger aus dem Ausland.
Bedrohte Kultur und Identität
"Rückblickend auf 50 Jahre im Exil, haben wir viele Höhen und Tiefen erlebt", erklärte der Dalai Lama. Die chinesische Besatzung habe aber unsägliches Leiden und Zerstörung über die Tibeter gebracht. "Auch heute leben Tibeter in Tibet in ständiger Angst", sagte der Dalai Lama. Es drohe die Auslöschung von Religion, Kultur, Sprache und Identität der Tibeter. "Tibeter werden wie Kriminelle angesehen, die es verdienen, getötet zu werden", erklärte der Religionsführer. "Wir müssen uns auch darauf vorbereiten, dass unser Kampf noch eine lange Zeit andauert."
Der Weg der Mitte, der Weg zur Freiheit?
Die chinesischen Behörden haben zum Jahrestag die Sicherheitsvorkehrungen in allen Regionen mit tibetischen Minderheiten verschärft. Ausländer wurden zum Verlassen dieser Gebiete aufgerufen. In der tibetischen Hauptstadt Lhasa patrouillieren verstärkt bewaffnete Polizisten. Auch wenn China seit den Unruhen im März vergangenen Jahres mit brutaler Gewalt auf Proteste der Tibeter reagiere, werde er auch in Zukunft am gewaltfreien "Weg der Mitte" festhalten, sagte der Dalai Lama. Die Idee, sich im Dialog für Autonomie einzusetzen, werde von der großen Mehrheit der Tibeter unterstützt.
Internationaler Beistand
Es sei es eine "große Errungenschaft", dass das Tibet-Problem nach wie vor lebendig sei und auch die internationale Gemeinschaft großen Anteil daran nehme, sagte der Dalai Lama. In der australischen Hauptstadt Canberra kam es vor der chinesischen Botschaft zu einem Handgemenge zwischen Demonstranten und der Polizei. Vier Personen wurden festgenommen. Sie hatten versucht, eine Absperrung zu durchbrechen. An dem Protestmarsch beteiligten sich auch mehrere Abgeordnete. Auch in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul gab es eine kleine Kundgebung.
In Nepal stoppte die Polizei einen Protestmarsch von etwa 100 Tibetern am Rande der Hauptstadt Kathmandu. Die chinesische Botschaft wurde von einem großen Polizeiaufgebot gesichert. In Indiens Hauptstadt Neu Delhi protestierten Hunderte junge Exil-Tibeter friedlich gegen die chinesische Besatzung und forderten ein Ende der Gewalt in Tibet.
Internationaler Aufruf der Parlamentarier
Mehr als 30 Politiker haben in einem internationalen Appell zu einer friedlichen Lösung der Tibetfrage aufgerufen. Der Aufruf wird unter anderem von Vaclav Havel und Erzbischof Desmond Tutu unterstützt. Zu den Unterzeichnenden gehören Abgeordnete aus 15 Parlamenten, aus Deutschland unterschrieb unter anderem Grünen-Chefin Claudia Roth. Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) forderte mehr Engagement der deutschen Politik. Menschenrechte und Wirtschaftsbeziehungen dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, sagte Koch am Dienstag im Hessischen Rundfunk.
China beansprucht Tibet als Teil des eigenen Staatsgebietes. 1951 besetzten chinesische Truppen das Land im Himalaya. Am 10. März 1959 erhoben sich in Tibet tausende Menschen gegen die chinesische Besatzung. Der Aufstand wurde niedergeschlagen. Dabei sollen mehr als 10.000 Tibeter getötet worden sein. Der Dalai Lama flüchtete am 17. März ins Exil nach Indien, wo heute auch die Exilregierung ihren Sitz hat. Von den insgesamt knapp sechs Millionen Tibetern leben etwa 110.000 im indischen Exil. 20.000 Tibeter haben sich in Nepal niedergelassen.
Der Jahrestag des Aufstands von 1959 war wiederholt Anlass von Protesten gegen die chinesische Herrschaft. Im März 2008 kam es in Tibet in den Wochen um den Jahrestag zu schweren Ausschreitungen. China spricht von 19 Toten. Nach Schätzungen von Exiltibetern war die Zahl der Toten jedoch zehn Mal so hoch. (sam)