Nach langer Suche hat der deutsche Fußball-Rekordmeister Bayern München einen neuen Torwart gefunden. Israels U21-Keeper kommt - aber zunächst nur als Nummer zwei hinter Neuer-Ersatzmann Sven Ulreich.
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Die Liste der Namen, die beim FC Bayern als mögliche Vertreter von Stammtorhüter und Kapitän Manuel Neuer diskutiert und gehandelt wurden, ist lang: David de Gea, der zuletzt bei Manchester United spielte, Kepa Arrizabalaga vom FC Chelsea, Marokkos Nationaltorhüter Yassine Bounou vom FC Sevilla und einige andere Top-Torhüter von großen europäischen Klubs.
Der Auftrag: Es sollte jemand sein, der als zeitweilige Nummer eins im Tor stehen kann, dann aber ohne großen Aufstand wieder Platz macht und sich auf die Bank setzt, wenn Neuer wieder fit ist. Der 37-Jährige ist nach seinem Beinbruch, den er Anfang des Jahres bei einer Skitour erlitt, noch im Aufbautraining.
Peretz als langfristige Nummer zwei
Diese Suche nach einer Nummer 1b endete erfolglos, teilweise weil Vereine aus Saudi-Arabien besser zahlten als die Bayern. Im Fall Kepa, weil verletzungsbedingt kurzfristig eine Stelle bei Real Madrid frei wurde. Daher änderten die Bayern schließlich ihre Taktik und wurden in Israel fündig: Mit Daniel Peretz kommt der 23-jährige Stammtorhüter von Maccabi Tel Aviv nach München. Allerdings nicht, um bis zur Neuer-Rückkehr für die Bayern im Tor zu stehen, sondern als Ersatz des eigentlichen Ersatzmannes, Sven Ulreich. Allerdings sehen die Münchener in Peretz offenbar eine langfristige Lösung, die irgendwann einmal vielleicht auf die Stammposition rücken könnte. Immerhin statten sie ihn mit einem Fünfjahresvertrag aus.
"Mit Daniel Peretz sind wir in unserem Torwart-Team perspektivisch sehr gut aufgestellt - für diese Saison und für die Zukunft", sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen. "Daniel Peretz ist ein Torwart mit großem Potential."
"Wir wünschen ihm viel Erfolg", wurde Maccabi-Klubchef Mitchell Goldhar zuvor auf der Vereins-Homepage zitiert. "Wir sind traurig, dass Daniel geht, aber wir sind auch in vielerlei Hinsicht stolz und wünschen ihm und seinem neuen Verein, Bayern München, viel Glück für die kommenden Jahre." Peretz hatte am Donnerstagabend im Playoff-Hinspiel zur Europa Conference League gegen NK Celje aus Slowenien ein letztes Mal im Maccabi-Tor gestanden.
Stolz und Bedenken der Fans
Weil nicht ganz klar war, wann der Transfer über die Bühne gehen würde, hatte sich Peretz von den Fans bereits vor einigen Tagen mit Tränen in den Augen verabschiedet. "Seitdem ich fünf Jahre alt, bin ich in diesem Verein", sagte er am Flughafen und hatte dabei einen Maccabi-Schal um den Hals. "Dank euch habe ich mich hier immer zu Hause gefühlt." Nach seinem letzten Auftritt für die Blau-Gelben gegen Celje feierte er dann noch einmal gemeinsam mit den Maccabi-Ultras, die ihm einen gebührenden Abschied bereiteten.
Peretz hinterlässt in der Hauptsache also Begeisterung in seiner Heimat und kein böses Blut. "Es ist egal, ob er erster, zweiter oder vierter Torwart sein wird", schrieb X-User RahamimGuy. "Dieser Sprung von der israelischen Liga zum verdammten FC Bayern ist irgendwas, was mein Verstand nicht fassen kann." Trotzdem gibt es einige, die sich schon die Frage stellen, ob er sich und seiner Karriere mit dem Wechsel auf die Bayern-Bank einen Gefallen tut. "In meinen Augen: Ein sexy Transfer, aber einer, der ihm nicht gut tun wird short term, vielleicht in der weiten Zukunft", war beispielhaft bei X-User Mxalp3000 zu lesen.
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Elfmeterheld der U21-EM
Peretz, der wegen der Familie seiner Mutter neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, hatte mit guten Leistungen bei der U21-Europameisterschaft auf sich aufmerksam gemacht. Unter anderen im Vorrundenspiel gegen Deutschland zeigte er zahlreiche Paraden und hielt unter anderen zwei Strafstöße. Im Viertelfinale gegen Gastgeber Georgien, das erst im Elfmeterschießen entschieden wurde, parierte Peretz sogar drei Elfmeter. "Man kann sagen, Elfer sind mein Ding", sagte der Torhüter anschließend. Im Halbfinale gegen den späteren Turniersieger England fehlte Peretz gelbgesperrt. Israel schied mit 0:3 aus.
Dass der Peretz-Transfer zum deutschen Rekordmeister in Israel bereits im Vorfeld ein allgemein diskutiertes Thema war, zeigt auch eine Äußerung von Premierminister Benjamin Netanjahu. Der machte nach dem Abschluss eines Sicherheitsdeals mit der Bundesregierung über die Lieferung des Flugabwehrsystems Arrow 3 einen Witz darüber: "Übrigens könnte es sein, dass wir auch Daniel Peretz für das deutsche Verteidigungssystem spenden werden. Wir werden dies in den kommenden Tagen prüfen."
14. Nachfolger von Shmuel Rosenthal
Peretz ist erst der 15. Israeli, der in 60 Jahren Fußball-Bundesliga bei einem deutschen Erstligisten unter Vertrag steht. Der erste war Shmuel Rosenthal, den Borussia Mönchengladbach 1972 verpflichtete. Der Nationalspieler machte unter Trainer Hennes Weisweiler 13 Bundesligaspiele für die damalige "Fohlenelf". Rosenthal war der erste Israeli überhaupt, der als Profi in Europa spielte.
Die meisten Bundesligaauftritte aller israelischen Spieler hatte Almog Cohen, der für den 1. FC Nürnberg und den FC Ingolstadt insgesamt 109 Mal in der ersten Liga auflief. Hinter ihm folgt mit 84 Bundesligaspielen Munas Dabbur, der bis zu diesem Sommer für die TSG Hoffenheim auf Torejagd ging, bevor er nach Dubai wechselte.
Internationale Rekordspieler der Bundesliga
Viele internationale Stars - wie Claudio Pizarro, Naldo oder Robert Lewandowski - haben die Historie der Bundesliga über Jahre hinweg geprägt. Frankfurts Makoto Hasebe hat mit über 40 Jahren nun seine Karriere beendet.
Bild: HMB Media/picture alliance
Hasan Salihamidzic - 321 Spiele
Seine ersten Spiele in der Bundesliga macht "Brazzo", das "Bürschchen", ab 1995 für den HSV. Während des Bosnienkrieges schicken seine Eltern den damals 15-Jährigen 1992 zu Verwandten nach Hamburg. 1998 wechselt er zu den Bayern, später zu Juventus, bevor er 2012 in Wolfsburg seine aktive Karriere beendet. In der Bundesliga ist Salihamidzic später nochmal aktiv - als Sportvorstand des FC Bayern.
Bild: Edgar Schöpal/dpa/picture-alliance
Dede - 322 Spiele
Kaum ein Spieler ist so beliebt bei den Dortmunder Fans wie der Brasilianer mit der Nummer 17. Von 1998 bis 2011 bearbeitet er die linke Seite und wird mit dem BVB, seinem einzigen Klub in Deutschland, 2002 und 2011 deutscher Meister. Für Brasilien bestreitet er ein Länderspiel. Dort nennt man Leonardo de Deus Santos wegen seiner Vorliebe für Pünktlichkeit nur "den Deutschen".
Bild: picture-alliance/Baumann
Ole Björnmose - 323 Spiele
Der dänische Stürmer kommt 1966 aus Odense in die Bundesliga und bleibt elf Jahre. Nach fünf Saisons bei Werder Bremen wechselt er 1971 zum HSV, mit dem er 1976 den DFB-Pokal und 1977 den Europapokal der Pokalsieger gewinnt. Nach seiner Rückkehr nach Dänemark arbeitet Björnmose als Elektriker. Bis 2008 - zwei Jahre nach seinem Tod - bleibt er der Ausländer mit den meisten Bundesliga-Spielen.
Bild: Horstmüller/imago images
Sergej Barbarez - 330 Spiele
Zwischen 1996 und 2008 spielt der Bosnier für insgesamt vier Bundesligisten. Nach Stationen in Rostock und Dortmund wechselt Barbarez im Jahr 2000 zum Hamburger SV, wo er schnell zum Liebling der Fans wird. 2001 sichert er sich mit 22 Toren die Torjäger-Kanone. Als sein Vertrag in Hamburg 2006 nicht verlängert wird, geht er nach Leverkusen, wo er seine Karriere 2008 auch beendet.
Bild: Imago Images
Rafinha - 332 Spiele
Der Brasilianer (r.) macht 2005 bei der U20-WM in den Niederlanden Europas Klubs auf sich aufmerksam und wechselt im selben Jahr zum FC Schalke. Als Trainer Felix Magath ihn fünf Jahre später aussortiert, geht der Außenverteidiger nach Italien und kommt ein Jahr später in die Bundesliga zurück. Mit dem FC Bayern wird er siebenmal Meister, viermal Pokalsieger und gewinnt 2013 die Champions League.
Bild: Weller/imago images/Fotostand
Lukasz Piszczek - 332 Spiele
Er ist jahrelang der Dauerbrenner auf der rechten Abwehrseite von Borussia Dortmund. Von 2010 bis 2021 spielt Lukasz Piszczek für den BVB. Seine ersten 68 Bundesliga-Spiele bestreitet der Pole aber im Trikot von Hertha BSC. Mit den Berlinern steigt er vor seinem Wechsel nach Dortmund in die 2. Liga ab. Mit den Dortmundern gewinnt Piszczek zweimal die Meisterschaft und dreimal den DFB-Pokal.
Bild: Reuters/L. Kuegeler
Ze Roberto - 336 Spiele
1998 wechselt Ze Roberto, der zuvor schon für Real Madrid aktiv ist, von Flamengo Rio de Janeiro zu Bayer Leverkusen. 2002 folgt der nächste Schritt zum FC Bayern, mit dem er einige Titel gewinnt. 2009 - damals schon 35 Jahre alt - erhält er einen Zweijahresvertrag beim HSV. 2011 verlässt Ze Roberto Deutschland, bleibt aber bis zum endgültigen Karriereende mit fast 43 Jahren Fußball-Profi.
Bild: imago sportfotodienst
Vedad Ibisevic - 344 Spiele
Seine ersten Schritte in der Bundesliga macht der Bosnier 2006 im Trikot von Alemannia Aachen. Später geht der Stürmer auch für Hoffenheim, Stuttgart und Hertha BSC auf Torejagd. 127 Bundesliga-Tore erzielt er insgesamt. Sein letztes Engagement auf Schalke endet im November 2020 unrühmlich: Nach einem Streit mit Schalkes Co-Trainer Naldo wird Ibisevic freigestellt, sein Vertrag aufgelöst.
Bild: picture-alliance/dpa/T. Eisenhuth
Levan Kobiashvili - 351 Spiele
Ende der 1990er Jahre bildet Kobiashvili (r.) in Freiburg mit anderen georgischen Profis, deren Namen ebenfalls auf "-vili" enden, die Gruppe der "Willis", die unter Trainer Volker Finke Erfolge feiern. Kobiashvili spielt später für Schalke und Hertha. Unrühmlich: Er ist der Bundesliga-Profi, gegen den 2012 die längste Strafe verhängt wird: siebeneinhalb Monate wegen Schlagen des Schiedsrichters.
Bild: picture-alliance/dpa
Halil Altintop - 351 Spiele
Ebenso viele Bundesliga-Spiele wie Levan Kobiashvili hat Halil Altintop. Der türkische Nationalspieler wird 1982 in Gelsenkirchen geboren und besitzt auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Zwischen 2003 und 2017 stürmt er für Kaiserslautern, Schalke, Frankfurt und Augsburg und erzielt insgesamt 67 Bundesliga-Tore. Halils älterer Zwillingsbruder Hamit ist bis 2018 ebenfalls Fußball-Profi.
Bild: picture-alliance/dpa
Naldo - 358 Spiele
Der erste Bundesligaklub von Ronaldo Aparecido Rodrigues, kurz Naldo, ist ab 2005 der SV Werder Bremen. Später läuft der Abwehrspieler auch für Wolfsburg und Schalke 04 auf. Bei den Schalker Fans wird der Brasilianer zur Legende, als er im November 2017 im Derby nach 0:4-Rückstand gegen den BVB in der Nachspielzeit das 4:4 erzielt. Naldo gewinnt mit Bremen und Wolfsburg je einmal den DFB-Pokal.
Bild: picture-alliance/G. Chai von der Laage
Daniel Caligiuri - 372 Spiele
Der Mittelfeldspieler mit italienischem und deutschem Pass ist in Süddeutschland geboren und aufgewachsen. Beim SC Freiburg wird er 2007 Bundesliga-Profi. Nach Stationen in Wolfsburg und auf Schalke spielt er von 2020 bis 2023 beim FC Augsburg. Weil er mehr Einsatzzeit haben möchte, trennen sich 2023 die Wege. Doch Caligiuri findet keinen neuen Verein und seine Bundesliga-Karriere endet.
Bild: Wolfgang Frank/Eibner-Pressefoto/picture alliance
Makoto Hasebe - 384 Spiele
Der Japaner spielt ab 2008 für den VfL Wolfsburg, den 1. FC Nürnberg und Eintracht Frankfurt 16 Jahre lang in der Bundesliga. 2009 wird er in seiner zweiten Bundesliga-Saison mit den "Wölfen" Deutscher Meister. 2014 wechselt er nach Nürnberg, ein Jahr später zu Eintracht Frankfurt, wo er 2018 Pokalsieger wird und zeitweise Kapitän ist. Mit über 40 Jahren beendet er im Sommer 2024 seine Karriere.
Bild: Kessler-Sportfotografie/picture alliance
Robert Lewandowski - 384 Spiele
Der Pole ist neben dem Rekordschützen Gerd Müller einer der effektivsten Torjäger der Bundesliga-Historie. 2010 wechselt Lewandowski aus Posen zu Borussia Dortmund, vier Jahre später zieht er weiter zum FC Bayern. In München wird Lewandowski nicht nur wegen seiner vielen Tore zu einer Art Institution der Bundesliga, bis er im Sommer 2022 unter viel Getöse zum FC Barcelona wechselt.
Bild: Christof Stache/Reuters
Claudio Pizarro - 490 Spiele
Zwischen 1999 und 2020 spielt der smarte Peruaner für Werder Bremen, den FC Bayern München und den 1. FC Köln. Dabei erzielt er 197 Bundesliga-Tore. Pizarro, der insgesamt fünfmal zum SV Werder wechselt und im Sommer 2020 seine Karriere auch dort beendet, wird sechsmal deutscher Meister und sechsmal DFB-Pokalsieger. Fünfmal holt er mit München das Double, einmal sogar das Triple.