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Das Buch der neuen Wörter

10.01.2019

Neue Wörter sagen viel über den Zeitgeist aus. Das Institut für Deutsche Sprache in Mannheim veröffentlicht die Neologismen des vergangenen Jahres. Für 2018 gab es 51 Neuzugänge. Viele kommen aus dem Englischen.

Die deutsche Sprache ist reich an Wörtern. Je nach Sicht- und Zählweise wird ihre Anzahl auf 200.000 bis 500.000 geschätzt. Dabei ist die Sprache ständig im Fluss. Neue Wörter entstehen, weil sie etwas ausdrücken, das es so vorher nicht gab, oder weil sie einfach gerade in Mode sind. Alte Wörter verschwinden, weil das, was sie beschreiben, nicht mehr existiert. Neue Wörter, sogenannte Neologismen, können gesellschaftliche Trends abbilden, politische Diskussionen auf den Punkt bringen oder einfach nur moderne Ernährungsweisen beschreiben. Solche Begriffe sammelt das Mannheimer Institut für Deutsche Sprache (IDS) seit dem Jahr 1991. Mittlerweile ist die Liste auf 1900 Wörter angewachsen.

Im allgemeinen Sprachgebrauch

Damit ein Begriff in das Neologismenwörterbuch aufgenommen wird, reicht es nicht aus, wenn er einmal medienwirksam verwendet wird. Die Wörter müssen Teil des Sprachgebrauchs sein. „Unsere Neologismen sind keine Eintagsfliegen“, betont Institutsdirektor Henning Lobin. Der Wissenschaftler und sein Team durchforsten riesige Textsammlungen nach neuen Wörtern und veröffentlichen zum Jahreswechsel einen ganzen Schwung davon. In einem Interview mit der DW spricht Henning Lobin über die Arbeit seines Teams. 

„Alternativen Fakten“, „Memes“ und „Filterblasen“

Die 51 neuen Begriffe landen im Neologismenwörterbuch des Institutes. Viele stammen aus dem Englischen. Hier ein paar Kostproben: „Clickbaits“ im Internet sollen die Nutzer durch reißerische Aufmachung auf andere Websites locken. Dort können sie womöglich einen „alternativen Fakt“ finden, die Behauptung, man sehe etwas anders als andere –  dabei verdreht man schlicht die Realität. Nicht nur vor solchen Maschen, sondern auch vor „Filterblasen“ sollte man sich in Acht nehmen. Diese entstehen, wenn einem Nutzer nur noch die Websites angezeigt werden, die nach Auswertung seines Verhaltens seine Meinung bestätigen. Auch die „Memes“, oft humorvolle Bilder oder Videos, findet man im Internet. Die Diskussion über den Missbrauch von Frauen lief unter dem Label „MeToo“. In deren Rahmen trauten sich immer mehr Frauen, sexuelle Übergriffe von Männern öffentlich zu machen. Während es die Begriffe „Memes“ oder „Filterblasen“ schon länger gibt, war „MeToo“ ein Wort, das es in kürzester Zeit in die Liste der Neologismen geschafft hat.

„Freundschaft plus“ am „Cheatday“

Die „Freundschaft plus“, eine Beziehung, in der befreundete Menschen unverbindlich regelmäßig Sex haben, gehört ebenso zu den Neologismen 2018 wie der „Cheatday“. Das ist der Tag, an dem sich diätgeplagte Menschen eine Auszeit vom Hungern nehmen. Das ursprünglich englische Verb „to twerk“ für einen eigenwilligen Tanzstil wurde zum deutschen Verb „twerken“. Das Wörtchen „nice“ hingegen ist unverändert ins Deutsche übernommen worden. Der Ausdruck wird vor allem von Jugendlichen benutzt, wenn ihnen etwas gefällt.
Nicht jedes Wort in der Liste der Neologismen 2018 klingt vertraut. Dass „Mikroplastik“ inzwischen Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs ist, mag unbestritten sein. Doch „Zoodles“, einen aus Zucchini geschnittenen Nudelersatz, kennt bestimmt nicht jeder.

dpa; mk/sts