Früher hätte man gesagt: "Das ist verrückt"; die Generation Z nutzt lieber "Das crazy" als Allzweckfloskel. Der Ausdruck setzte sich knapp gegen die Mitfavoriten zum Jugendwort 2025 durch: "goonen" und "checkst du".
"Das Crazy!" machte 2025 das RennenBild: Elke Münzel/CHROMORANGE/picture alliance
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Ist man überrascht, sprachlos, möchte man etwas ironisch oder schulterzuckend kommentieren oder fällt einem einfach keine passende Antwort ein: "Das crazy" passt immer. "Haust du raus, wenn du nicht weißt, was du sagen sollst, gerade keine Lust hast zu antworten oder einfach höflich bleiben willst, um das Gespräch am Laufen zu halten", so die offizielle Erklärung der Jury.
Dass der Ausdruck in den Ohren der Älteren nach schmerzhaft falschem Deutsch klingt, ist kein Wunder, müsste es doch grammatikalisch korrekt heißen "Das ist crazy". Die Kombination des deutschen Artikels "das" mit dem englischen Wort für verrückt, "crazy", ist ein humorvoller und bewusster Bruch mit den Sprachregeln. Der Ursprung des Begriffs liegt in der Meme- und Internetkultur - in den Chats und auf Social-Media-Plattformen kommt man ohne "das crazy" nicht weit.
Beliebter Kommentar im Netz: "Das Crazy!" Bild: Marijan Murat/dpa/picture alliance
"Das crazy" repräsentiert den Zeitgeist
"Die diesjährige Wahl zeigt erneut den ungebrochenen Einfluss der englischen Sprache und den Trend zum Verkürzen", kommentiert Nikolas Hoenig, Markentingchef von PONS Langenscheidt, das Ergebnis. Somit repräsentiere "das crazy" gekonnt den Zeitgeist - und genau das sei das Ziel der Wahl.
Der Verlag kürt seit 2008 das Jugendwort des Jahres, ursprünglich durch eine Jury und seit 2020 durch eine Online-Abstimmung. Beleidigende, rassistische oder diskriminierende Begriffe sind nicht zugelassen. Zwei Millionen Menschen haben sich an der Wahl beteiligt. Abstimmen konnte jeder und jede, doch nur die Einreichungen aus der jugendlichen Zielgruppe wurden gezählt. Rund 82 Prozent der Einreichungen kamen aus der Altersgruppe zwischen elf und 20 Jahren und flossen somit ins Voting ein.
Kaum etwas spiegele den Puls der jungen Generation so lebendig wider wie die Jugendsprache, erklärt Patricia Kunth, Marketing-Managerin und Verantwortliche für die Jugendwort-Kampagne. "Jedes Jahr bringt sie neue Begriffe hervor, die uns im Verlag überraschen und zeigen, wie schnell sich Sprache wandelt." Auch das Voting-Verhalten spreche Bände: "Rund 88 Prozent der Zugriffe auf die Abstimmungsseite kamen über Smartphones. Jugendsprache passiert eben dort, wo sie genutzt wird - mobil, online und mitten im Alltag."
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"Goonen" hat knapp verloren
Bekanntgegeben wurde das Jugendwort bereits zum dritten Mal vor jungem Publikum im Rahmen der Frankfurter Buchmesse. "Das crazy" landete mit 35,7 Prozent der Stimmen mit hauchdünnem Vorsprung auf Platz 1 der Stimmen, dahinter positionieren sich "goonen" und "checkst du".
"Goonen" ist ein Slangwort für überzogene langanhaltende Selbstbefriedigung. Das Langenscheidt-Gremium möchte mit sexuellen Begriffen transparent umgehen, aber nach eigener Aussage auch auf Risiken hinweisen: Langes Selbstbefriedigen könne eine Sucht nach dem Glückshormon Dopamin auslösen und zu einer ungesunden Beziehung mit der eigenen Sexualität führen, hieß es.
Der Begriff auf Platz drei, "Checkst du", ist die zeitgenössische Jugendvariante der Frage "Verstehst du?" Die Nachfrage stellt man ans Satzende, um sicherzugehen, dass der Gesprächspartner einen verstanden hat. Nicht einfach nur wörtlich, sondern auch, ob man das Gesagte gefühlsmäßig nachvollziehen kann.
Ebenfalls zur Abstimmung stand 2025 u.a. Digga(h) - ein Wort, dass unter Jugendlichen längst ein Dauerbrenner ist. Es ist nicht das erste Mal, dass "Digga" in der Favoritenliste des Jahres auftaucht. Schon 2021 stand es zur Wahl: Gewonnen hat es damals laut Langenscheidt nicht, weil es sich bereits um einen etablierten Begriff aus der Jugendsprache handele. Digga leitet sich von "Dicker" ab, ist aber nicht abwertend gemeint: Die Anrede wird freundschaftlich für einen Kumpel verwendet.
"Aura", "Goofy" oder "Smash": "Jugendwörter des Jahres" 2008-2024
YOLO, schmeiß deinen Swag an! Cringe, wenn du es nicht machst! Verstanden? Wir hoffen, Sie sind bei der Liste der deutschen Jugendwörter nicht "lost". 2024 wurde "Aura" zum Jugendwort des Jahres gekürt.
Bild: Khosrow Rajab Kordi/picture alliance/Zoonar
2024: Aura
Aura wird (oft scherzhaft) verwendet, wenn es um die Ausstrahlung einer Person geht. Aura kann positiv und negativ gemeint sein. Beispiel: "Ich bin peinlich gestolpert - minus 50 Aura!". Der Begriff hatte bei der Wahl 2024 nur einen hauchdünnen Vorsprung vor "Talahon" - eine inzwischen fast geläufige Bezeichnung für junge Männer mit stereotypen Merkmalen und Verhaltensweisen.
Bild: Khosrow Rajab Kordi/picture alliance/Zoonar
2023: Goofy
Fast jeder kennt Walt Disney's Goofy, den menschenähnlichen Hund, der tollpatschig und ein bisschen dumm ist. Nun wurde "goofy" zum Jugendwort des Jahres gewählt. Es bezeichnet einen schusseligen oder albernen Menschen. Auf Platz 2 landete "Side eye", womit ein skeptischer Blick auf eine Person oder Situation gemeint ist. Wir zeigen noch mehr Jugendwörter des Jahres.
Bild: Buena Vista Pictures/Courtesy Everett Collection/picture alliance
2022: Smash
Das Wort "Smash", aus dem Englischen entlehnt, wird in der Jugendsprache sowohl als Nomen als auch als Verb verwendet. Im Gegensatz zum Englischen, wo "to smash" soviel wie "zerschlagen" oder "zerbrechen" bedeutet, hat es im deutschen Jugendslang die Bedeutung "jemanden abschleppen". Mit dem Hauptwort "Smash" ist das Objekt der Begierde oder das gemeinsame Schäferstündchen gemeint.
Bild: Fabian Sommer/dpa/picture-alliance
2021: Cringe
Der englische Ausdruck beschreibt das Gefühl tief empfundener Fremdscham und heißt wörtlich übersetzt "zusammenzucken". Die Anglizismen "sus" (verdächtig, auffällig) und "sheesh" (Erstaunen) kamen 2021 auf die Plätze zwei und drei. Seit 2020 entscheiden die Jugendlichen selbst über "ihr" Wort des Jahres.
Bild: Colourbox
2020: Lost - jetzt wählen Jugendliche ihr Jugendwort
Lost ("verloren") ist einer von vielen Anglizismen, die es in die deutsche Sprache geschafft haben und täglich von Jugendlichen (und Erwachsenen) benutzt werden. Das Wort bedeutet aber nicht, dass man sich verlaufen, sondern dass man keinen Durchblick mehr hat. Wenn ein Jugendlicher zum Beispiel im Unterricht sagt: "Ich bin so lost", dann heißt das so viel wie: "Ich verstehe gerade nichts mehr."
Bild: Antonio Guillem/Panthermedia/Imago Images
2019 fiel die Wahl aus
Jahrelang hatte der Langenscheidt-Verlag das Jugendwort gesucht - als Werbung für sein Lexikon "100 Prozent Jugendsprache". 2019 übernahm der Pons-Verlag die Marke Langenscheidt; aus Termingründen entfiel die Wahl. Alternativ ermittelte das Portal vergleich.org das Jugendwort, das am häufigsten per Google gesucht worden war. Inoffizieller Titelträger: "Cringe", das 2021 auch offiziell Sieger wurde
Bild: Matthias Balk/dpa/picture alliance
2018: Ehrenmann/Ehrenfrau
Mit "Ehrenmann" oder "Ehrenfrau" bezeichnen Jugendliche eine Person, die etwas Besonderes für einen tut. "Anders als früher ist es nicht mehr auf höhere Gesellschaftsschichten und nicht mehr auf Männer beschränkt", so einer der Juroren. Konkurrenten 2018 waren unter anderem "lindnern" (etwas lieber gar nicht als schlecht machen), "Snackosaurus" (verfressener Mensch) oder "Lauch" (Trottel).
Bild: Imago/A. Hettrich
2017: I bims
Statt "Ich bin's" sagen viele deutsche Jugendliche lieber "I bims". Das Wort persifliert auch die schlechten Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse vieler Social-Media-Nutzer. Der Jury war die Verballhornung Platz 1 wert. Wem das zu absurd erscheint, der möge mal angestrengt an die eigene Jugend zurückdenken: Es ist und bleibt die Zeit, in dem das Absurde Normalität wird. In diesem Sinne: Geht fit.
Bild: Imago/imagebroker
2016: Fly sein
Das Jugendwort des Jahres 2016 wurde "fly sein". Es bedeutet in etwa soviel wie "besonders abgehen" oder "besonders locker drauf sein". Das Wort hatte in einer Abstimmung zwar weit hinten gelegen, bei der Jury setzte es sich aber gegen Konkurrenten wie "Hopfensmoothie" (verharmlosend für "Bier"), "darthvadern" (wenn ein Vater streng zu seinen Kindern ist) oder "Dumfall" ("dummer Unfall") durch.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel
2015: Smombie
Wer kennt das nicht? Nur mal schnell beim Gehen die Likes auf Instagram checken und zack - kollidiert man mit der nächsten Straßenlaterne. Das Jugendwort des Jahres 2015 lautete darum passenderweise "Smombie" - eine Mischung aus Smartphone und Zombie. Smombies leben gefährlich. Vielleicht sollte Deutschland die Idee aus China übernehmen und Bereiche für Fußgänger mit und ohne Handy einführen.
Bild: picture-alliance/dpa
2014: Läuft bei dir
Wie die meisten Jugendwörter des Jahres, weist auch dieses Spuren von Ironie auf. Sagt man zu jemandem "Läuft bei dir", meint das im Regelfall eher, dass beim anderen gerade gar nichts läuft, wie es sollte. Vielleicht war die Person zum Beispiel die ganze Nacht auf Snapchat unterwegs - und hat völlig verschwitzt, für den Mathetest am nächsten Morgen zu büffeln.
Bild: Colourbox/Anna Omelchenko
2013: Babo
Wie wird man zum Anführer im Freundeskreis? Indem man der Babo ist: Der Boss, der Rädelsführer, der Checker. Der deutsche Rapper Haftbefehl (Bild) sieht sich selbst wohl auch als Babo. 2013 veröffentlichte er seinen Song "Chabos wissen, wer der Babo ist". Chabos steht für "raue Kerle" und kommt aus dem Anglo-Romanischen, Babo kommt aus dem Türkischen.
Bild: picture-alliance/dpa
2012: YOLO
2012 machte eine englische Abkürzung das Rennen um das Jugendwort des Jahres. YOLO steht für "You Only Live Once" ("Man lebt nur einmal"). Das kann vieles bedeuten: etwa, endlich die Karriere als Sänger auf Youtube zu starten, sich ein buntes Tattoo stechen zu lassen oder einfach noch einen neuen Drink zu bestellen. Den Jugendlichen von 2012 waren die Konsequenzen sicherlich vollkommen egal.
Bild: Benicce/Fotolia
2011: Swag
Es ist nicht sonderlich überraschend, dass Teenager-Sprache stark von der Musikszene beeinflusst wird. Das Wort "Swag" kam um das Jahr 2010 herum aus der US-amerikanischen Rap-Szene nach Deutschland. Berühmt wurde es durch den australischen Rapper Money Boy und dessen Song "Turn My Swag On". Wer den Swag hat, der strahlt Coolness aus.
Bild: picture-alliance/dpa/U.Deck
2010: Niveaulimbo
Wer schon mal Limbo gespielt hat, weiß: Es gibt eine Untergrenze, und tiefer als diese kommt keiner unter der Stange hindurch. Das Wort Niveaulimbo bezieht sich auf die immer tiefer sinkende Qualität, das immer tiefer sinkende Niveau einer Sache: einer Fernsehsendung beispielsweise, eines Witzes - oder einer Party, die gerade aus dem Ruder läuft.
Bild: picture-alliance/Klaus Rose
2009: hartzen
Wer sagt, junge Leute würden sich nicht für Politik interessieren? 2009 beinhaltete das Jugendwort des Jahres eine scharfe Kritik am sozialen und politischen System in Deutschland. "Hartzen" leitet sich von Hartz IV, der ehemaligen deutschen Sozialhilfe, ab und meint so viel wie "faul sein".
Bild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger
2008: Gammelfleischparty - das erste Jungendwort des Jahres
Von 2005 bis 2007 gab es in Deutschland einige Skandale mit vergammeltem Fleisch, vor allem in Dönerläden. Das Jugendwort des Jahres 2008 greift die Fleisch-Skandale auf, verbindet sie aber gleichzeitig mit einer anderen jugendlichen Angst: der Angst vor dem Älterwerden. Eine "Gammelfleischparty" bezeichnet eine Veranstaltung für Erwachsene ab 30 Jahren. Wer fühlt sich da nicht gleich jünger?
Bild: Janine Schmitz/photothek/picture alliance
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2024 machte "Aura" das Rennen bei der Wahl zum Jugendwort des Jahres. Es bezeichnet die Ausstrahlung einer Person und kann sowohl positiv und negativ gemeint sein. Wer "plus 20 Aura" hat, hat wohl alles richtig gemacht.
Für den Langenscheidt-Verlag ist die Kür des Jugendworts ein wichtiges Event, um die Entwicklung der Sprache darzustellen: Junge Generationen, so hieß es, sollen sich auch in der Sprache repräsentiert fühlen.