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Das Dürre-Drama der Bauern Spaniens

Ralph Schulze Madrid
9. August 2022

Die Talsperren leer, das Wasser rationiert: Spaniens Landwirte leiden extrem unter Wassermangel. Oliven und Getreide vertrocknen. Die Krise sei von den Landwirten mit verursacht, sagen Kritiker.

Vertrocknete Fläche mit Resten von Olivenbäumen in der spanischen Provinz León
Vertrocknete Fläche mit Resten von Olivenbäumen in der spanischen Provinz LeónBild: Ministerium für ökologischen Wandel

Der Stausee La Viñuela ist der wichtigste Wasserspeicher der südspanischen Provinz Malaga. Doch nach Monaten ohne Regen und nach einer historischen Hitzewelle ist der See, der normalerweise sechs Kilometer lang und 100 Meter tief ist, nur noch zu zwölf Prozent gefüllt. Die Talsperre, die im Sommer eigentlich ein beliebtes touristisches Ausflugsziel ist, schrumpfte zu einer Pfütze, die nun von einer ausgetrockneten Schlammwüste umgeben ist.

"Die Lage ist dramatisch", sagen die Bauern, denen schon vor Wochen die Wassermengen, die sie aus dem Stausee auf ihre Felder leiten dürfen, auf ein Minimum reduziert wurden. Das hat katastrophale Folgen für die Landwirtschaft: Denn in der Umgebung des Sees liegt Europas größter Avocado-Garten. Die Avocados, die hier in Andalusien auch für deutsche Supermärkte angebaut werden, sind ausgesprochen durstig. Ohne Wasser wachsen sie nicht.

Dicht an dicht auf einer riesigen Fläche: Gewächshäuser nahe AlmeriaBild: Christian Pauschert/Zoonar/picture alliance

Bäume werden geopfert 

Immer mehr Bäume verdorren, der Boden der Felder ist mit vertrockneten Früchten übersät. In der Not greifen die Avocado-Züchter zu drastischen Mitteln: Um nicht die ganze Ernte zu verlieren, haben viele damit begonnen, einen Teil ihrer Avocado-Bäume auszureißen. "Es ist besser, einige Bäume zu opfern, damit die anderen ausreichend Wasser bekommen", erklärt die örtliche Bauernvereinigung.

Domingo Medina ließ 1500 seiner 6000 Avocado-Bäume abholzen. Viele Bauern stünden vor dem Aus, weil sie von ihren Plantagen nicht mehr leben können, sagt er. Wenn es nicht bald regne und sich die Talsperre fülle, könnte das Wasser für die Äcker demnächst ganz abdreht werden, befürchtet Medina, der Chef des Tropenfrüchteverbandes. Wenn das kostbare Gut knapp wird, hat die Trinkwasserversorgung der 200.000 Einwohner, die im Einzugsgebiet der Talsperre leben, absoluten Vorrang.

Folgen des Klimawandels: Ein fast ausgetrockneter Stausee in SpanienBild: Carlos Castro/EUROPA PRESS/dpa/picture alliance

Auch die Olivenbauern leiden 

Das Drama der Avocado-Bauern ist kein Einzelfall. Die gesamte Landwirtschaft der Nation leidet unter der schlimmsten Dürre, die in Spanien seit Jahren registriert wurde, berichtet der Bauernverband Asaja: Oliven, die an Millionen Bäumen auf andalusischen Plantagen wachsen, verschrumpeln. An der Mittelmeerküste im Raum Valencia vertrocknen Orangen, Mandarinen und Zitronen. In den Weinbergen in Nordspanien versuchen die Winzer, durch eine vorgezogene Weinlese ihre Ernte vor dem Vertrocknen zu bewahren.  

Auf kurzfristige Rettung vom Himmel können Spaniens Landwirte derzeit nicht hoffen. Wenigstens bis Oktober, glauben die Meteorologen des staatlichen Wetterdienstes Aemet, werde die Dürreperiode wohl anhalten - vielleicht sogar länger. Auch für die nächsten Jahre haben die Wetterexperten keine guten Nachrichten. "Die Prognosen signalisieren, dass die Dürrezeiten in Spanien künftig noch öfter auftreten werden", sagt Aemet-Sprecher Rubén del Campo. Das sei eine klare Folge des durch die Treibhausgase verursachten Klimawandels.

Noch kommt Wasser - hier an einem Brunnen in Sevilla Bild: Daniel Gonzalez Acuna/dpa/picture alliance

Düstere Aussichten für die Bauern, die sich darauf einstellen müssen, dass sie dieses Jahr drastische Ernteausfälle erleiden. So rechnen zum Beispiel die spanischen Olivenöl-Produzenten damit, dass sie nur die Hälfte der üblichen Ernte einfahren. Diese Ausfälle werden die Preise des ohnehin nicht billigen Olivenöls in Europa weiter in die Höhe treiben, warnt Aurelio Juzgado, Chef der Fabrikantenvereinigung. Spanien ist mit Abstand der größte Olivenölproduzent der Welt.

Landwirtschaft "größter Wasserverschwender"? 

Beim Anbau der Sonnenblumen, die auf vielen Feldern entlang der spanischen Autobahnen wachsen, sieht es nicht viel besser aus: Hier schätzt die Branche die erwarteten Einbußen auf bis zu ein Drittel der Erntemenge des Vorjahres. Auch das wird sich vermutlich auf dem europäischen Markt bemerkbar machen, wo seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine das Sonnenblumenöl knapp ist. Die Ukraine und Russland sind weltweit die größten Exporteure von Sonnenblumen-Öl, Spanien ist einer der großen Hersteller innerhalb der EU. In Deutschland haben die Landwirte als Reaktion auf die Entwicklung den Anbau von Sonnenblumen mehr als verdoppelt.

Das Landwirtschaftsministerium in Madrid rechnet zudem mit einer deutlich geringeren Getreideernte. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Efe könnten die Dürre-Einbußen beim Abbau von Gerste, Roggen und Weizen bei rund 25 Prozent liegen. Landwirtschaftsminister Luis Planas versprach den Bauern inzwischen Millionenhilfen, um ihre Felder für eine Zukunft mit längeren Dürrezeiten und weniger Wasser vorzubereiten - etwa mit effizienterer Technik. "Wir müssen das Wasser besser nutzen", sagt Planas.

Umweltschützer kritisieren seit Langem, dass Spaniens Landwirtschaft der größte Wasserverschwender der Nation ist. Auf vielen Feldern wird das Wasser immer noch mit veralteten Beregnungsanlagen weitflächig und ziemlich ungezielt auf die Plantagen geschüttet. 70 bis 80 Prozent des gesamten nationalen Trinkwassers versickert auf den Feldern. Der Umweltverband WWF nennt dies einen "selbstmörderischen Umgang" mit dem immer knapper werdenden Gut Trinkwasser.

Spaniens Wasserkrise sei hausgemacht, sagt Greenpeace-Sprecher Julio Barea. Er wirft der spanischen Regierung und den lokalen Umweltbehörden vor, die aktuelle Notlage durch Mangel an Voraussicht mit verursacht zu haben. Die Wassersparpläne seien viel zu spät aktiviert worden. "Die Dürren muss man bekämpfen, wenn es noch genügend Wasser gibt", sagt Barea, "und nicht erst, wenn wir keines mehr haben."

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