Das Einmaleins der Panini Sticker
12. Mai 2016Wenn ein großes Fußballevent ansteht, rattern die Maschinen der Panini-Produktionsstätte in Norditalien nur so vor sich hin. 21 Stunden am Tag, sechs Tage die Woche spucken sie die kleinen Klebeportraits von hunderten Fußballspielern aus, die Sammlerherzen höher schlagen lassen. Diese Maschinen, "Fifimatics", sortieren und packen bis zu acht Millionen Sticker – und bringen der italienischen Firma Panini seit Jahrzehnten eine Menge Geld ein.
Im diesjährigen Album für die UEFA Europameisterschaft gibt es 680 leere Plätze zu füllen. Das heißt 680 unterschiedliche Bilder von Spielern jedes antretenden Nationalteams, inklusive Sondersticker mit Bildern des Stadions, Turnierlogos, des Turnier-Balles oder der Trophäe. Keine leichte Aufgabe, aber es gibt Wege, die Chancen auf ein vollständiges Album zu erhöhen – und das auch ohne ein Vermögen für die kleinen Fünferpacks auszugeben.
Die magische Zahl
Panini gibt an, dass seine Fifimatics-Maschinen dafür sorgen, dass in keinem der Pakete zweimal die gleiche Karte ist. Für die Berechnung wie viele Pakete man kaufen muss, um das Heft vollzubekommen, ist das eine wichtige Information. Das Ganze ist ein Kampf gegen die Wahrscheinlichkeit, sagen drei Mathematiker im Interview mit DW. Je mehr Sticker man bereits gekauft hat, desto schwieriger wird es, alle Lücken im Album zu füllen, da nach Angaben von Panini jedes Bildchen in gleicher Anzahl gedruckt und zufällig verteilt wird.
Professor Ehrhard Behrends von der Freien Universität Berlin schätzt, dass jeder Käufer durchschnittlich 961 Pakete kaufen müsste – das wären 4.805 Sticker. Um das zu belegen, hat er per Computer eine Million Mal den Versuch simuliert, ein vollständiges Album zusammenzubekommen. Bei einem Einzelpreis von 70 Cent pro Paket, müsste jeder Sammler demnach 672,70 Euro auf den Tisch legen. Eine Menge Geld, vor allem wenn man überlegt, dass die meisten jungen Sammler die Sticker mit ihrem Taschengeld bezahlen.
Teamarbeit
Diese hohe Summe basiert auf der Wahrscheinlichkeitstheorie. Hier ein Beispiel: Der erste Sticker, den man kauft, ist zu 100 Prozent einer, der noch fehlt. Beim zweiten Sticker ist die Wahrscheinlichkeit noch sehr gering, dass es der gleiche ist wie der erste. Mathematisch gesagt liegt sie bei 1 zu 680.
Doch beim letzten Sticker sieht es schon wieder ganz anders aus: Nach der Wahrscheinlichkeitstheorie benötigt man durchschnittlich 680 Versuche, um den Richtigen zu bekommen. 679 Sticker wären damit überzählich.
"Solche Problemstellungen machen es ungeheuer schwer, den letzten, fehlenden Sticker für das Album zu bekommen", sagt Professor Paul Harper von der Cardiff University's School of Mathematics in Großbritannien. Die Tatsache, dass Panini die Klebebildchen in Fünferpacks verkauft, vergrößere die Chance auf den letzten Sticker auch nicht wirklich. Der Unterschied zwischen 1 zu 680 und 5 zu 680 sei einfach nicht besonders groß.
Harper hat die Wahrscheinlichkeit ebenfalls berechnet und kommt fast zum selben Ergebnis wie Behrends: Der Sammler müsste danach 963 Sticker kaufen. Eine Zusammenarbeit mit anderen Sammlern lohne sich in jedem Fall, sagt er. Bei einem weiteren "Handelspartner" verringere sich die benötigte Anzahl schon um 30 Prozent. Zu dritt um 46, zu zehnt um 68 Prozent.
Auf Abruf kaufen
Ein Maschinenbaustudent der Universität Braunschweig hat sogar noch einen Schritt weitergedacht. Malte Braband entwickelte eine mathematische Tabelle, die Sammlern dabei helfen soll, die noch fehlenden Sticker direkt aus der Fabrik zu bekommen. Der 19-Jährige meint, dass Paninifans ihr Album dadurch schon für 233 bis 278 Euro ohne Tauschgeschäfte vervollständigen können. Das heißt aber nicht, dass Braband gegen Teamwork ist. Bei drei Leuten lägen die Kosten für jeden schließlich nur noch zwischen 124 und 149 Euro. Stickersammeln ist eben doch - genau wie Fußball - ein Teamsport.