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Politik

Das EU-Flüchtlingsabkommen - Eine Bilanz

Gezal Acer
18. März 2018

Seit zwei Jahren ist das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei in Kraft. Im Zentrum der Diskussion steht das Geld, das die EU der Türkei zur Regulierung der Flüchtlingsströme und Versorgung der Menschen überweist.

EU Türkei Migration Flüchtlingsabkommen
Bild: DW/D. Cupolo

Seit zwei Jahren ist das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei in Kraft. Am 18. März 2016 wurde es unterzeichnet, um das wichtigste Problem Europas zu lösen: die Flüchtlingsströme.

Während syrische Flüchtlinge nach Ländern suchten, in denen sie und ihre Familien in Sicherheit leben können, waren die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU großen Spannungen ausgesetzt.

Was geschah im zweiten Jahr des Abkommens?

Nach Angaben der Vereinten Nationen befanden sich in der Türkei 2.900.000 Flüchtlinge. Ihre Zahl stieg nach Angaben der Türkei zuletzt auf rund 3.500.000 an.

Immer wieder wiederholte die Türkei, sie werde das Abkommen aufkündigen, weil zum einen der vereinbarte Betrag nicht ausgezahlt und die im Rahmen des Abkommens vorgesehene Visa-Freiheit für türkische Bürger nicht umgesetzt wurde.

Auf Seiten der EU ging es um die Frage, wie man das Geld zusammenbekommt, während es für die Türkei wichtiger war, wann das Geld ankommt. Dr. Çiğdem Nas, Vorsitzende der Stiftung zur Wirtschaftlichen Entwicklung,  macht darauf aufmerksam, das größte Problem seien die unterschiedlichen Sichtweisen bezüglich der Frage, wie das Geld aus dem Fond zwischen der Türkei und der EU verwendet werden soll. Während die Türkei Druck machte und vor allem die vorrangigen Bedürfnisse der Flüchtlinge befriedigen wollte, sei es zu Verzögerungen gekommen, weil das Geld aus den Fonds der Mitgliedstaaten erst von der EU kontrolliert wurde.

Die Expertin für Asylpolitik, Dr. Başak Yavçan von der Wirtschafts- und Technologie Universität der Union der Kammern und Börsen, betont, dass viel Geld für die hohen administrativen Kosten von internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgegeben wurde. Aus diesem Grund habe weniger Geld die Flüchtlinge erreicht, so Yavçan.

Was hat der EU bisher bezahlt?

Innerhalb des Abkommens wurde der Türkei finanzielle Hilfe von sechs Milliarden Euro versprochen, die die türkische Regierung bei Projekten für syrische Flüchtlinge einsetzen sollte. Nach Angaben der EU-Kommission sind drei Milliarden Euro bereits in die Türkei geflossen mit denen die Schulbildung von 500.000  syrischen Kindern finanziert wurde.

Syrische Kinder im März 2017 außerhalb von AnkaraBild: DW/D. Cupolo

Die EU-Kommission beschloss am Mittwoch, dass die im Flüchtlingsabkommen in Aussicht gestellte zweite Tranche in Höhe von drei Milliarden Euro bereitgestellt werden soll. Die türkische Regierung hingegen erklärte, sie habe von der EU bislang eine Milliarde 850 tausend Euro erhalten. Die finanzielle Hilfe aus dem EU-Fond erreicht die Türkei über Projekte. Die Hilfen landen nicht in der Staatskasse.

Wieviele Flüchtlinge gibt es in der Türkei?

Aufgrund des Abkommens nahm ab 2016 die Zahl der Flüchtlinge, die über die Ägäis illegal nach Europa kamen, ab. Auch wenn die Zahlen weit unter denen von 2015 lagen als die Krise begann, sieht der Vordenker des Flüchtlingspakts und Vorsitzender der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI), Gerald Knaus, das Abkommen in Gefahr. In der ersten Hälfte des Jahres 2017 seien knapp 9.000 Menschen über die Ägäis nach Europa gekommen, in der zweiten Hälfte des Jahres sei diese Zahl auf 20.000 angestiegen, so Knaus. Nach Angaben der EU-Kommission hingegen nahm die Zahl der Flüchtlinge, die über die Türkei nach Griechenland kamen, im Vergleich zu Zeiten vor dem Abkommen um 97 Prozent ab.

Im Rahmen des Abkommens kommt es zu einem Austausch unter den syrischen Flüchtlingen zwischen der Türkei und den EU-Ländern. Die EU schickt alle Syrer, die seit dem 20. März 2016 die griechischen Inseln illegal erreichen, in die Türkei zurück. Im Gegenzug werden legale syrische Flüchtlinge akzeptiert.

Weil die Rücksendungs-Prozeduren in Griechenland nur langsam vorangehen, wurden zwischen 2016-2018 nur 1.564 Syrer zurückgeschickt. Daneben wurden im Rahmen des Abkommens zwischen der Türkei und Griechenland 600 weitere Syrer in die Türkei zurückgeschickt. Im Gegenzug wurden 12.489 Syrer aus der Türkei in EU-Ländern akzeptiert. Deutschland nahm 4.313, Holland 2.608, Frankreich 1.401 und Finnland 1.002 syrische Flüchtlinge auf. Daneben nahmen die EU-Mitgliedstaaten Ungarn, Polen, Tschechien, Bulgarien und Dänemark keine Flüchtlinge an.

Wie ist die Lage der Flüchtlinge in der Türkei?

Syrer in der Türkei haben nicht den offiziellen Flüchtlingsstatus. Aus diesem Grund entsprechen ihre Bedingungen nicht den internationalen Schutzstandards. Jeden Tag würden rund 1.000 Syrer unter vorübergehenden Schutz gestellt. Die Expertin für Asylpolitik,  Dr. Yavçan sagt, mehr als 3,5 Millionen Syrer stünden unter Schutz. Dieser Status gibt ihnen das Recht auf Bildung und Gesundheitsdienste.

Die Hilfe in Form von Bargeld für Familien ist an die Bedingung geknüpft, dass die Familien ihre Kinder zur Schule schicken. Auf diese Weise werde gewährleistet, dass 65 Prozent der Flüchtlinge im Schulalter eine Bildung bekommen, erklärte Yavçan.

Wie sieht die Zukunft der Syrer in der Türkei aus?

Die EU stellt weitere Milliarden für Flüchtlinge in der Türkei zur Verfügung. Doch wofür soll dieses Geld eingesetzt werden? Damit es nicht zu Verzögerungen wie bei der ersten Tranche der Hilfe kommt und damit die von der EU zur Verfügung gestellten Ressourcen transparenter werden, müssten auch die Stadtverwaltungen in der Türkei Projektanträge stellen, so Nas. Während bei der ersten Hälfte der Hilfen die unmittelbaren Bedürfnisse der Flüchtlinge im Zentrum standen, müsste die zweite Hälfte für kulturelle Integration, das Erlernen der Sprache, die Berufsausbildung und Beschäftigung verwendet werden, erklärte Nas.

In Zukunft müsse sich die Türkei bezüglich des Abkommens eine Frage stellen, so Nas: „Wie soll die Zukunft der Syrer aussehen?"

Das wichtigste für die Flüchtlinge sei jetzt, dass sie die Sprache sowie einen Beruf erlernen sowie Arbeit finden, so Yavçan. Derzeit hätten nur 20.000 Syrer eine Arbeitserlaubnis, mindesten 800.000 Syrer arbeiteten illegal, viele von ihnen Kinder, erklärte sie. 

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