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Das Fauchen der Löwen: Englands erster Sieg

Marko Langer
13. Juni 2021

Wie ein künftiger Champion sind sie allenfalls in den ersten 20 Minuten aufgetreten. Aber Kroatien spielt man auch nicht einfach an die Wand. Und Englands Trainer Southgate kann es sich leisten, Joker spät zu bringen.

Euro 2020 | Fussball Europameisterschaft - England v Kroatien - britische Fans
"We still believe" - Englands Fans hoffen auf den Titel, das Finale ist schließlich in WembleyBild: Laurence Griffiths/AP/picture alliance

Mit den Engländern ist es ja so, dass sie – an sich – die besten Fußballer Europas sind. Ach, Europas .... Das Problem ist nur, dass andere Mannschaften das mit den besten Fußballern in den letzten Jahrzehnten nicht wussten und einfach klüger, moderner, anspruchsvoller und damit auch erfolgreicher gespielt haben als Englands Nationalteam. Und so mussten sich die – an sich – besten Fußballer Europas zumeist mit Ananas-Trophäen oder sonstigen Obsttellern begnügen.

Die Sehnsucht in Wembley

Aber jetzt, let's go: Wembley-Stadion, 13. Juni 2021, eine von der Corona-Pandemie gebeutelte Nation träumt einmal mehr von einem großen Titel. Und die drei Löwen, die jene stolzen Tiere in ihrem Wappen auf dem Trikot tragen, haben im ersten Spiel bei der Fußball-Europameisterschaft zumindest geliefert. Den nicht einfachen Gegner Kroatien besiegt zu haben, dürfte die Sehnsucht der Einheimischen unter den 22.500 Zuschauern in Wembley bestärkt haben. 

Raheem Sterling: Nach einer knappen Stunde lässt der "Mann des Tages" die englischen Fans jubelnBild: Catherine Ivill/AFP

Die Analyse des Spiels rechtfertigt den erhitzt-träumerischen Blick der Engländer auf das Team von Trainer Gareth Southgate nur bedingt. Sicher, die ersten 20 Minuten waren derart druckvoll aus der 4-2-3-1-Formation vorgetragen, dass sich die eigens eingeflogenen Kroaten tatsächlich wie in einem Auswärtsspiel vorkommen mussten. Doch jenes bekannte 4-2-3-1 bedeutet ja in schlechten Momenten auch, dass sich alle Augen auf die "1" richten, also auf Kapitän Harry Kane in der Sturmspitze. Dass die ersten Chancen des Spiels dann von den Außen Raheem Sterling und Phil Foden ausgingen, war da schon bezeichnend. Von Sterling wird noch die Rede sein.

Beißhemmung 

Als die ersten 20 Minuten vorbei waren und sich Kroatien langsam aus dem Schwitzkasten befreite, musste man zu dem Schluss kommen: Die "Three Lions" fauchen, aber sie brüllen nicht. Dass der auf der anderen Seite der nach der Papierform durchaus bissige Sturm mit Ivan Perisic, Andrej Kramaric und Ante Rebic an diesem Tag eine gewisse Beißhemmung an den Tag legte, half den Gastgebern.

Typisch für die Probleme im Spiel der Engländer war eine Szene aus der 53. Minute: Klassisch im Zentrum über Kane wird der Ball in die Hälfte der Kroaten getragen, doch dann kommt man nicht weiter und legt den Rückwärtsgang ein. Als Kane später gegen den in Dortmund reüssierenden Jude Bellingham ausgewechselt wird, könnten Übellaunige dies auch als ein Eingeständnis sehen: Allein der charismatische und normalerweise recht torgefährliche Kapitän wird die Engländer bei diesem Turnier nicht zum Erfolg führen.

Beifall für die eigenen Fans nach der Auswechslung: Kapitän Harry KaneBild: Andy Rain/REUTERS

Die gute Nachricht: Das muss er auch nicht. Es ist der schnelle Raheem Sterling von Manchester Citry, der sich nach einem präzisen Ball in die Spitze weder von einem zu späten Tackling noch vom kroatischen Keeper Dominik Livakovic beirren lässt und den entscheidenden Treffer macht (57.). Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, als man nicht unbedingt zu einem Londoner Buchmacher gelaufen wäre, um noch ein paar zusätzliche Pfund auf das heimische Team zu setzen. Aber egal. 1:0 reicht, denn das ist ein Tor mehr, als der in dieser Form zu harmlose Gegner Kroatien geschossen hat. Mehr braucht es nicht, an sich. 

Dass Coach Southgate bis zur 71. Minute warten kann, um mit einem gewissen Marcus Rashford mehr Torgefahr zu bringen, sollte einem zu denken geben. Und auch Dortmunds Bellingham, mit 17 Jahren der jüngste EM-Teilnehmer überhaupt, bringt dem Spiel der Engländer eine Dynamik, von dem das Team noch profitieren dürfte. Und: Es war ein Sieg zum Turnierbeginn, auch das gab es noch nicht so oft bei den Löwen. "Amazing to win", es sei "unglaublich, zu gewinnen", meint ein stolzer Kapitän Kane nach der Partie im ARD-Interview. Und: "Wir haben gut begonnen."