Es war ein Jahr großer Filme, großer Comebacks und großer Skandale. Kassenträchtiges stand neben künstlerischen Erfolgen. Welcher der beste Film des Jahres war, das ist wie immer eine sehr subjektive Entscheidung.
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Das Kinojahr 2017 - 10 Filme, die in Erinnerung bleiben
Nicht schlecht fiel die filmische Ernte des Jahres 2017 aus. Die großen Festivals fanden würdige Sieger. Oscar und europäischer Filmpreis präsentierten sich formstark. Die deutsche Kritik feierte einen Film von 2016.
Ildikó Enyedi holt den Goldenen Bären mit "Körper und Seele"
Die Regisseurin Ildikó Enyedi feierte im Februar bei der 67. Berlinale ein tolles Comeback. Fast 20 Jahre hatte die Ungarin keinen Spielfilm mehr gedreht, nun präsentierte sie ihr neues Werk "Körper und Seele" und gewann den begehrten Goldenen Bären. Sie freute sich gemeinsam mit Festivalchef Dieter Kosslick, für den das Jahr 2017 nicht ganz so glücklich endete: Kosslick stand im Feuer der Kritik.
Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer
Oscar für "Moonlight"
Ein paar Tage nach der Berlinale blickte die Welt nach Los Angeles. Bei der 89. Oscarverleihung gab es eine Überraschung. Mit der Rekordzahl von 14 Nominierungen war das Musical "La La Land" ins Rennen gegangen. Den wichtigsten Oscar für den "Besten Film" gewann indes Barry Jenkins "Moonlight", der die Geschichte eines jungen afroamerikanischen Mannes in drei filmischen Kapiteln aufblättert.
Bild: A24/DCM
Zweiter Sieger "La La Land"
Mit "nur" sechs Oscars musste sich das Musical von Regisseur Damien Chazelle begnügen. Doch dem Film, der zuvor schon zahlreiche andere Preise abgeräumt hatte, tat das nicht weh. "La La Land" eroberte die Herzen der Zuschauer auf der ganzen Welt. Er sorgte für das Comeback eines ganzen Kinogenres und auch dafür, dass der Oscar wieder an Renomée gewann - indem er zwei herausragende Filme prämierte.
Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Robinette
Kunstsatire holt Goldene Palme: "The Square"
Der wichtigste Festival-Preis der internationalen Filmwelt ging dann im Mai an einen schwedischen Regisseur. In einem eher mittelprächtigen Wettbewerb in Cannes setzte sich Ruben Östlund mit seiner Satire auf die Welt der Kunst durch. "The Square" nimmt das elitäre Gehabe von Kuratoren, Museumsmachern und Künstlern aufs Korn. Zum Jahresende gab's dafür auch noch sechs europäische Filmpreise.
Bild: Magnolia Pictures
Löwenbändiger Guillermo del Toro mit "The Shape of Water"
Das Festival in Venedig stellte 2017 die Konkurrenz aus Cannes klar in den Schatten. In einem Wettbewerb mit vielen Glanzlichtern gewann der Mexikaner Guillermo del Toro den "Goldenen Löwen". Sein Film "The Shape of Water", eine originelle Mischung aus Kaltem-Kriegs-Drama, Fantasy und Wissenschafts-Thriller überzeugte die Jury und das Publikum. In Deutschland startet der Film erst im Februar 2018.
Bild: 2017 Twentieth Century Fox Film Corporation
Fortsetzung des Jahres: "Blade Runner 2049"
Dass einer der größten Kultfilme der Kinogeschichte 35 Jahre nach seiner Entstehung eine Fortsetzung erleben sollte, war ein großes Wagnis. Dass auf Ridley Scotts "Blade Runner" aus dem Jahre 1982 aber nun ein Werk folgte, das sich des ersten Films als würdig erwies, war eine schöne Kino-Überraschung. Zu verdanken hatte die Filmwelt das dem kanadischen Regisseur Denis Villeneuve.
Bild: Sony Pictures Releasing GmbH
Späte Ehrung für "Toni Erdmann"
Ein Filmjahr schlägt manchmal seltsame Volten. Maren Ades viel gefeierter "Toni Erdmann" hatte Publikum und Festivals schon 2016 beglückt. Im Cannes-Jahrgang 2016 hatte "Toni Erdmann" seinen Siegeszug angetreten, es folgte u.a. eine Oscarnominierung und der Erfolg an den Kinokassen. Das i-Tüpfelchen war dann der Deutsche Filmpreis im Frühjahr 2017 - da lag die Premiere schon ein Jahr zurück.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen
Deutscher Serienerfolg "Babylon Berlin"
Wo Film aufhört und Fernsehen anfängt, das ist in Zeiten von Netflix und Amazon nicht mehr so einfach zu definieren. Einig waren sich die Fans guter Serien und Filme aber im Herbst 2017: Da feierten die ersten Folgen der Serie "Babylon Berlin" Premiere. Zunächst auf großer Kinoleinwand bei Festival-Aufführungen und dann beim Privatsender Sky. Ein Triumph für Tom Tykwer und die anderen Regisseure.
Bild: 2017 X Filme/Frédéric Batier
Kassenschlager "Die Schöne und das Biest"
Das Märchen-Musical "Die Schöne und das Biest" ist international der kassenträchtigste Film des Jahres 2017. Rund 1,3 Milliarden Dollar spielte der Film von Regisseur Bill Condon ein. Zwar fußt der Stoff auch auf einer alten Vorlage und wurde bereits mehrfach verfilmt, doch haben sich die Macher immerhin um eine originelle Genre-Variante bemüht - kein typisches Hollywood-Sequel üblicher Machart.
Bild: picture alliance/dpa/Disney
Zeki Müller schlägt in Deutschland alle: "Fack Ju Göhte 3"
In Deutschland kam "Die Schöne und das Biest" mit 3,4 Millionen Besuchern auf Platz vier der erfolgreichsten Filme 2017. Eindeutig geschlagen wurde die US-Produktion von dem deutschen Film "Fack Ju Göhte 3", den bisher fast 5,7 Millionen Besucher sehen wollten. Ein grandioser Kassenerfolg für den dritten Teil der Schul-Saga mit dem charmanten Elyas M’Barek in der Hauptrolle.
Bild: picture-alliance/Constantin Film Verleih GmbH/R. Bajo
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War das ein gutes Kinojahr? Wenn man auf die Siegerfilme der drei großen Festivals blickt, sicher ja. "Körper und Seele" der ungarischen Regisseurin Ildikó Enyedi, "The Square" des Schweden Ruben Östlund und "The Shape of Water" des Mexikaners Guillermo del Toro - keine schlechte Ausbeute für Berlin, Cannes und Venedig. Dazu starkes Kino aus Hollywood wie "Moonlight" und "La La Land", die bei den Oscars absahnten und auch künstlerisch überzeugen konnten.
Kasse versus Kunst: das Filmjahr 2017
Doch Kunst ist nicht gleich Kasse. Wie (fast) immer findet sich in der Liste der kommerziell erfolgreichsten Filme kaum etwas, was auf Festivals oder bei der Kritik prämiert wurde. Unter den Top Ten der Kassenerfolge finden sich neun Hollywood-Produktionen und ein Film aus China. Davon wird künstlerisch wenig in Erinnerung bleiben.
Und was bedeutet eine solche Liste schon wirklich? Der achte Teil der Star-Wars-Saga startete weltweit am 14. Dezember in den Kinos und wird wahrscheinlich schon nach ein paar Tagen an die 2017er-Erfolgsliste anklopfen. In zwölf Monaten, wenn 2018 Bilanz gezogen wird, dürfte "Star Wars: Die letzten Jedi" ganz oben stehen. Doch das ist Zukunftsmusik.
In Deutschland zogen fast nur Hollywood-Filme die Menschen in die Kinos
Auch bei den deutschen Erfolgsfilmen muss man natürlich unterscheiden: "Fack Ju Göhte 3" zog Millionen in die Kinos, ansonsten dominierte Hollywood. Auch und vor allem mit Filmen wie der Fortsetzung von "Fifty Shades of Grey", "Baywatch" und "The Boss Baby". Hoffnung auf einen Festival- oder Kritikerpreis durfte sich Bora Dagtekins Schulkomödie nicht machen, aber das war wohl auch nicht sein Ansinnen.Künstlerisch wurde das Kinojahr hierzulande immer noch geprägt von "Toni Erdmann", aber auch neuere Filme wie Fatih Akins "Aus dem Nichts" mit einer großartigen und in Cannes ausgezeichneten Diane Kruger begeisterten das Publikum. Deutsche Serienmacher erregten darüber hinaus Aufmerksamkeit mit auch international erfolgreichen Mehrteilern wie "Babylon Berlin", "Das Verschwinden" und "Dark".
Der Weinstein-Skandal erschütterte nicht nur Hollywood
2017, das wird aber natürlich auch in Erinnerung bleiben mit unschönen Ereignissen wie dem Skandal um den US-Produzenten Harvey Weinstein, der monatelang die Berichterstattungen in den Medien beherrschte - der #MeToo war Ausdruck weltweiter Reaktionen. In Russland erzürnte der Zarenfilm "Matilda" die Hüter des reinen Russentums und der orthodoxen Kirche. Und in Deutschland elektrisierte in den letzten Wochen des Jahres die Debatte um die künftige Führung des größten deutschen Filmfestivals die Szene. Dieter Kosslick, 2019 scheidender Berlinale-Chef, sah sich plötzlich einer großen Kritiker-Schar gegenüber.
Und was war nun der "beste" Film des Jahres? Unmöglich, darauf eine objektive Antwort zu geben. Weil jede Jahres-Bestenliste immer stark subjektiv gefärbt ist, endet unser Jahresrückblick deshalb auch mit der ganz persönlichen Lieblingsliste unseres Kinokritikers Jochen Kürten:
Dokumentarfilm des Jahres:"I Am Not Your Negro" von Raoul Peck (Frankreich, USA, Belgien, Schweiz)
Serie des Jahres:"Das Verschwinden" von Hans-Christian Schmid (Deutschland)
Filme des Jahres, die in den vergangenen 12 Monaten ihren deutschen Kinostart hatten:
Platz 10: "Hell or High Water" von David Mackenzie (USA)
Platz 9: "Subbura" von Stefano Sollima (Italien/Frankreich)
Platz 8: "Die Überglücklichen" von Paolo Virzì (Italien)
Platz 7: "Dunkirk" von Christopher Nolan (GB, USA, Frankreich, Holland)
Platz 6: "Schlösser aus Sand" von Olivier Jahan (Frankreich)
Platz 5: "Manchester by the Sea" von Kenneth Lonergan (USA)
Platz 4: "La La Land" von Damien Chazelle (USA)
Platz 3: "Moonlight" von Barry Jenkins (USA)
Platz 2: "Neruda" von Pablo Larraín (Chile, Argentinien, Frankreich, Spanien)
Platz 1: "Der Wein und der Wind" von Cédric Klapisch (Frankreich)
Mehr über das Filmjahr 2017 erfahren Sie auch in unserer neuen Ausgabe von KINO.