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Literatur

Das Geheimnis des verstoßenen Professors

18. Dezember 2003

In der Verfilmung von Philip Roths Bestseller "Der menschliche Makel" geht es um öffentliche Heuchelei, private Lebenslüge und Rassismus. Es ist die Geschichte eines angesehenen Professors, der zum Außenseiter wird.

Hopkins und Kidman spielen ein ungleiches PaarBild: Concorde

Im Sommer 1998, als sich die amerikanische Nation lediglich über die Sex-Eskapaden des Mannes im Weißen Haus erregt, wird der angesehene College-Professor Coleman Silk (Anthony Hopkins) wegen angeblicher rassistischer Äußerungen gegenüber schwarzen Studenten entlassen. Die absurde Ironie des Vorwurfs: Der jüdische Intellektuelle ist in Wahrheit selbst Afroamerikaner. Ein Geheimnis, das er dank seiner hellen Haut und dem brutalen Bruch mit seiner Vergangenheit jahrzehntelang selbst vor seiner Ehefrau hüten konnte. Silks Frau stirbt aus Kummer über diese Demütigung. Der Professor selbst will ein Buch über den Skandal schreiben. Er sucht die Hilfe eines Autors, der sich nach einer schweren Lebenskrise in eine Waldhütte zurückgezogen hat – aus dessen Perspektive wird der Film erzählt.

Seltsames Liebespaar

Nicole KidmanBild: Concorde

Der gesellschaftliche Skandal ist komplett, als der in Ungnade Gefallene eine Affäre mit der 34-jährigen Putzfrau Faunia (Nicole Kidman) beginnt. Aber Silk ist nicht länger bereit, sein Leben nach den verlogenen Moralvorstellungen anderer auszurichten. Es wird ein Kampf auf Leben und Tod, denn auch Faunia – die die Asche ihrer beider Töchter in einer Blechdose unter dem Bett aufbewahrt – wird von den Dämonen ihrer Vergangenheit eingeholt.

"Der menschliche Makel" ist ein intensives Lehrstück über selbstgewählte Freiheiten und Fesseln im Angesicht gesellschaftlicher Doppelmoral. In der Figur des Coleman Silk ist der amerikanische Traum vom "self-made man" ebenso grotesk wie konsequent auf die Spitze getrieben.

Schwierige Romanverfilmung

Der zweifache Oscar-Preisträger Robert Benton hat nach einem Drehbuch von Nicholas Meyer die literarische Vorlage von Philip Roth mit ausgeprägtem Feingefühl für die große Leinwand umgesetzt – kein leichtes Unterfangen. Ohne die schauspielerische Leistung des großen Anthony Hopkins hätte die filmische Umsetzung leicht scheitern können. Billiant spielt Hopkins die Rolle des Außenseiters, der Anerkennung gewinnt, sie verliert, wieder zum Außenseiter wird und so endet. Der kürzlich verstorbene Kameramann Jean Yves Escoffier, dem der Film auch gewidmet ist, hat die Tragödie des Mannes in vielen atmosphärisch dichten Großaufnahmen im Cinemascope-Format auf die Leinwand gebracht. Die Dialoge sind ausgefeilt und geistvoll, die Musik von Rachel Portmann unaufdringlich.

Drama ohne Höhepunkt

Benton, dem vor vielen Jahre mit dem Scheidungsdrama "Kramer gegen Kramer" ein populärer Kinohit gelang, zeigt dieses Mal ein Kammerspiel, das nur tragisch enden kann. "Souverain inszeniert und gespielt entwickelt sich die Geschichte, ohne wirklich zu einem Höhepunkt zu finden", meinte ein Kritiker beim Filmfestival in Venedig. Wer den Roman gelesen hat, wird viele Feinheiten des großen Autors Philip Roth vermissen. "Der menschliche Makel" ist kein ganz großer Wurf, aber Kino, das anspruchsvollere Besucher ansprechen wird. (fro)

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