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Kunst

Unser Gehirn - das größte Rätsel des Menschen

28. Januar 2022

Seit Menschengedenken ist das Gehirn das größte Rätsel des Menschen. Die Bundeskunsthalle in Bonn sucht - mit Hilfe von Wissenschaft und Kunst - nach Antworten.

Illustration menschliches Gehirn und Erdkugel
Bild: Bildagentur-online/picture alliance

Es ist so groß wie zwei geballte Fäuste, sieht aus wie eine überdimensionierte Walnuss und wiegt rund 1,5 Kilogramm: Aber nicht nur das. Im Gehirn laufen sämtliche Fäden unseres Denkens und Fühlens zusammen. "Diese Ausstellung ist eine große Reise durch dieses Organ", sagt Eva Kraus, die Intendantin der Bonner Bundeskunsthalle. Mit über 300 Exponaten tauche man ein "in diesen Kosmos, das letzte Rätsel unseres Körpers".

Was also gibt es Neues vom Gehirn? Und was sagt die Kunst zu unserem Denkorgan? Die Bonner Ausstellung "Das Gehirn in Kunst und Wissenschaft" versucht nicht mehr und nicht weniger als einen kulturgeschichtlichen Überblick. "Sie ist ein interdisziplinäres Experiment", wie Ausstellungskuratorin Henriette Pleiger betont, denn sie verbindet viele Disziplinen - die Hirnforschung mit der Philosophie, der Religion, der Medizingeschichte, der Psychologie - und schließlich auch der Kunst.

Wie funktioniert unser Gehirn?

Dieser Schädel stammt vom berühmten Philosophen René Descartes. Was ging wohl in seinem Gehirn zu Lebzeiten vor?Bild: Muséum national d’histoire naturelle – JC Domenech

Was haben wir da im Kopf? Wie funktioniert unser "Oberstübchen"? Immer schon zermarterten sich die Menschen das Hirn über den Inhalt ihres Schädels. Platon (428/427-348/347 v. Chr.) vermutete, dass Erinnerungen sich einprägen wie Abdrücke auf Wachstäfelchen, wie sie in der Antike gebräuchlich waren. Aristoteles hielt das Gehirn für ein Kühlaggregat des Blutkreislaufes. Goethe (1749- 1832) verglich den Denkprozess mit dem Schiffchen eines Webstuhls, das hin- und her saust und ein Gedankengewebe bildet.

Was passiert im Gehirn, wenn wir denken und fühlen?

Die Medizin näherte sich dem Organ über die Jahrhunderte an, etwa über Wachsmodelle, wie sie Friedrich Ziegler Ende des 19. Jahrhunderts anfertigte, um die Entwicklung des Gehirns beim Embryo darzustellen. Heute lässt sich mit modernster Technik in Sekunden ins Innere des Gehirns reisen. "Die Problematik ist, dass man versucht, mit dem Hirn andere Hirne zu verstehen", sagt der Berliner Hirnforscher John-Dylan Haynes, Co-Kurator der Ausstellung, der an der Berliner Charité forscht.

Die Ausstellung ist klar gegliedert und kreist um fünf Fragen: Da geht es um den Bauplan und die Funktionsweise des Gehirns, die evolutionäre und embryonale Entwicklung und die Geschichte der Hirnforschung. Dann wird beleuchtet, was im Gehirn passiert, wenn wir denken und fühlen. Dazu kennt die Sprache eine Vielzahl von Analogien und Metaphern: Wir "speichern" etwas im Gehirn ab, oder wir haben ein "Gedächtnis wie ein Sieb". Manchmal "tickt" unser Gehirn nicht richtig oder unser Verstand "rostet ein" wie eine Maschine.

Lässt sich das menschliche Gehirn noch optimieren?

Philosophisch wird es, wenn die Schau das menschliche Bewusstsein ins Visier nimmt oder auch das Verhältnis von Seele und Körper. Gibt es ein unveränderliches Ich, eine Frage, die viele Religionen stellen. Und was ist mit dem so genannten "freien Willen"? Wie die Welt in den Kopf kommt, fragt die Ausstellung. Wie verlässlich sind Wahrnehmung und Gedächtnis? Was bedeuten Nahtoderfahrungen und Hirntod? Schließlich diskutiert die Schau über eine Optimierung des Gehirns, sei es mittels Technik, durch Medikamente oder Drogen. Bereits heute gibt es Hirnschrittmacher als Implantate, die zum Beispiel die Symptome der Parkinson-Erkrankung lindern.

Medizin, Philosophie, Religion: alle interessieren sich für das Gehirn

Viele Exponate zeigen: Der Weg zwischen Kunst und Wissenschaft ist manchmal gar nicht weit. Computer-Scans des menschlichen Gehirns sehen aus wie abstrakte Kunstwerke, auch gezeichnete Landkarten des menschlichen Denkorgans, Gehirnmodelle und Bilder von Gehirnschnitten haben hohen ästhetischen Wert.

Zu sehen ist die Bonner Ausstellung "Das Gehirn. In Kunst & Wissenschaft" noch bis zum 26. Juni 2022. Unter den rund 330 Werken und Exponaten aus Kunst, Kulturgeschichte und Wissenschaft finden sich berühmte Objekte der Wissenschaftsgeschichte wie der Schädel von René Descartes oder Korbinian Brodmanns Zeichnungen zur Kartierung des Gehirns. Daneben präsentiert die Schau Werke bekannter Künstlerinnen und Künstler, Arbeiten etwa von Willi Baumeister, Max Ernst, Isa Genzken und Wilhelm Lehmbruck. Sie alle nähern sich dem Rätsel Gehirn mit ihren ganz eigenen Fragen.

sd/so (dpa, kna, epd)

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