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Politik

"Das kann Technik einfach nicht ersetzen"

Marco Müller
2. November 2019

Ein Hund des US-Militärs war bei der Tötung von IS-Chef Al-Bagdadi dabei - und wird hoch gelobt. Wie wichtig Tiere für das Militär sind, erklärt Mieke Roscher, die sich mit Tier-Mensch-Beziehungen beschäftigt.

US Militärhund Conan
US-Militärhund ConanBild: U.S. Department of Defense

Deutsche Welle: Wie wichtig sind Hunde wie Conan, der bei dem Einsatz zur Tötung von US-Chef Al-Bagdadi dabei war, für das Militär?

Mieke Roscher: Das kann man auf zwei verschiedenen Ebenen beantworten. Materiell: Braucht es Hunde, um bestimmte Tätigkeiten durchzuführen? Und da können wir durch die ganze Geschichte hindurch sehen, dass das der Fall war. In beiden Weltkriegen wurden Hunde massiv eingesetzt. Allein die deutsche Wehrmacht hatte insgesamt um die 200.000 Hunde im Einsatz, um bestimmte Funktionen durchzuführen wie Spurensuche oder Sanitätsdienste. 

Prof. Mieke Roscher von der Universität KasselBild: Universität Kassel/Sonja Rode

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat es dann tatsächlich auch systematischere Formen angenommen. Sie kennen ja sicherlich die K9-Staffeln. K9 ist das internationale Zeichen für die Militärhunde. Und die haben in allen Ländern eine durchaus vergleichbare Ausbildung erhalten. Was ich sehr interessant finde, ist, dass wir eigentlich im Zeitalter der totalen Technisierung sind, und dennoch Tiere, vor allem Hunde, immer noch in Kriegen eingesetzt werden. Vielleicht sogar noch mehr als zuvor. 

Was ist denn heute die Aufgabe der Hunde beim Militär? Was kann die Technik nicht – oder der Mensch?Das war ja auch bei dem Einsatz [zur Tötung von IS-Chef Al-Bagdadi, Anm. d. Red.] so, dass sie abgerichtet sind auf bestimmte Gerüche. Das kann Technik einfach nicht ersetzen. Da braucht es die Hunde.

Bei der Minensuche sind Hunde verzichtbar. Da werden zum Teil Ratten eingesetzt. 

Das hat ganz viel mit Wertigkeiten zu tun, also : wie schätzen wir bestimmte Tiere und ihren Lebenswert ein? Die Suche nach bestimmten Minen ist natürlich ein gefährlicher Job. Da kann es auch passieren, dass Minen ausgelöst werden. Gerade zum Ende des Krieges wurden die Hunde absichtlich mit bestimmtem Gewicht ausgestattet, so dass sie, wenn sie auf die Minen traten, die auch auslösten. Heute wird darauf geachtet, dass sie sich vor allem auf die Suche spezialisieren und sich dann melden. Aber natürlich gibt es auch Unfälle. Und das Leben eines Hundes wird durchaus höher eingeschätzt als das einer Ratte.Was sind denn neben Hunden und Ratten sonst noch Tiere, die für Militär oder andere Sicherheitsbehörden eingesetzt werden?

Eine Ratte bei der Minensuche in MosambikBild: Imago/Anka Agency International

Da ist der Fantasie keine Grenze gesetzt. Es ist so, dass alle Transporttiere in Kriegen eingesetzt wurden oder eingesetzt werden, also Pferde, Kamele - Elefanten nicht mehr. Aber die größte Aufmerksamkeit liegt auf den ganzen kleinen Lebewesen, also Bakterien, Bienen und Insekten allgemein.

Was sollen die machen?

Sie sind einerseits Teil von biologischer Kampfführung, indem sie selbst bestimmte Erreger transportieren - oder im Gegensatz dazu, diese entdecken.

Woran wird denn heute geforscht? Was könnte zukünftig der Einsatz für Tiere sein?

Gut zu beobachten ist, dass in der militärischen Forschung nicht mehr so sehr mit oder an Tieren gearbeitet wird, sondern dass versucht wird, bestimmte tierische Merkmale zu kopieren, beispielsweise Abwehrmechanismen. Tiere werden als Vorlage genommen, um sie militärisch einzusetzen. Es ist ja auch kein Zufall, dass fast alle Waffensysteme nach Tieren benannt werden. Denken Sie nur an die ganzen Panzer – Leopard und wie sie alle heißen. Es wird heute also eher geschaut, welche Eigenschaften bestimmte Tiere haben, um diese militärisch zu nutzen.

Was sagen Sie zu Donald Trumps Lob über den Hund Conan?

Wenn Sie sich diese Ansprache Donalds Trumps anhören, dann redet er über den Hund als Helden, bezeichnet aber gleichzeitig ja auch Al-Bagdadi als Hund. Das ist sehr interessant: ein Hund kann sowohl Held sein kann als auch der Feigling schlechthin – in einer Ansprache. Das nimmt durchaus eine Art von sozialer Hierarchisierung an, dass also der Hund über dem Menschen steht, über Al-Bagdadi, der ja ein feiger Hund ist. Der Hund der Amerikaner ist dagegen ein mutiger, ein heldenhafter Hund.


Mieke Roscher ist Professorin für Sozial- und Kulturgeschichte unter besonderer Berücksichtigung des Tier-Mensch-Verhältnisses am Fachbereich Gesellschaftswissenschaft der Universität Kassel. 

Das Interview führte Marco Müller.