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Politik

Albanien: Das "kleine teuflische Land"

Ani Ruci | Lindita Arapi
21. Januar 2020

Das NATO-Mitglied Albanien macht sich Sorgen um seine Sicherheit, nachdem der Konflikt zwischen den USA und Iran eskaliert ist. Was hat das kleine Balkanland mit den großen Konflikten dieser Welt zu tun?

Albanien Tirana Feierlichkeiten 10 Jahre NATO Mitgliedschaft
Im vergangenen Jahr feierte Albanien zehn Jahre NATO-Migliedschaft in Tirana.Bild: Ministry of Defence Repubik of Albania

"Es gibt ein kleines aber teuflisches europäisches Land, in dem Amerikaner mit den Verrätern Irans gegen die Islamische Republik komplottieren." Diese Worte sprach niemand Geringeres aus als das geistliche und staatliche Oberhaupt der Islamischen Republik Iran, Ajatollah Ali Khameni. Und das kurz nach der Tötung des iranischen Generals, Ghassem Soleimani durch eine US-Drohne Anfang Januar 2020.

Das Land, von dem Khamenei spricht und das in den letzten Tagen in die Mitte des sich verschärfenden Konflikts zwischen den USA und Iran in den Fokus der internationalen Politik geraten ist, ist Albanien. Die Regierung des NATO-Mitgliedsstaates auf dem Balkan begrüßte die Tötung Soleimanis unmittelbar danach. Kurz darauf wies die Regierung in der Hauptstadt Tirana zwei iranische Diplomaten aus - wegen Aktivitäten, die mit ihrem Diplomatenstatus unvereinbar seien.

USA und Albanien - eine "unerschütterliche Allianz"

Aber was hat gerade das kleine Adria-Land mit den großen Konflikten dieser Welt zu tun? Die Geschichte reicht einige Jahre zurück und ist mit den Mitgliedern der sogenannten Mojahedin-e-Khal (MEK) verbunden. Diese meist "Volksmudschahedin" genannte iranische Organisation agierte lange vom Nachbarland Irak aus gegen das islamistische Regime im Iran.

2009 wurde Albanien zusammen mit Kroatien NATO-Mitglied

Weil das Leben der MEK-Mitglieder seit dem Sturz Saddam Huseins immer öfter durch iranische Raketenangriffe gefährdet wurde - die Führung in Irans Hauptstadt Teheran sieht die MEK als Terrororganisation-, bemühten sich die mit den Regimegegnern verbündeten Amerikaner jahrelang um einen Bleibeort. Letztendlich erklärte sich das NATO-Land Albanien, der treueste Verbündete der USA auf dem Balkan, bereit mehr als 3000 MEK-Anhänger aufzunehmen.

Nach einem Vertrag auf humanitärer Basis zwischen der albanischen und amerikanischen Regierung im Jahr 2013 wurden sie in Albanien angesiedelt. Die Aufnahme geschah im Rahmen "der unerschütterlichen Allianz mit den USA", so Albaniens Premierminister Edi Rama in einer Reaktion nach der Drohung Khameneis vergangene Woche.

Rama wertet die Aufnahme der Volksmudschahedin zwar als Risiko für sein Land - aber auch als "ein Risiko, das Albanien ehrt und die albanische Tradition weiterführt". Damit ist der Schutz der Juden in Albanien während des Zweiten Weltkrieges gemeint, von denen kein einziger an die Nazis ausgeliefert wurde.

Die Volksmudschahedin fühlen sich nirgendwo sicher

Heute leben die Volksmudschahedin in einem großen, gut gesicherten Camp in der Nähe der Adriastadt Durrës, keine 30 Kilometer weit von Tirana entfernt. Nachdem Iran mit Vergeltung für die Tötung Soleimanis gedroht hat, haben sie Angst. Die Sicherheitsmaßnahmen rund um das Camp wurden deutlich verschärft. Der juristische Berater der MEK in Albanien, Behzad Saffari, sagt der Deutsche Welle, dass sich die Volksmudschahedin nirgendwo sicher fühlen können.

"Wir sind überall auf der Welt vom Terror des iranischen Regimes bedroht. Die iranische Botschaft in Tirana und auch die Botschaften in anderen Hauptstädten Europas sind Zentren der terroristischen Operationen dieses Regimes", so Saffari weiter. Dass seine Organisation Ziel der iranischen Spionage ist, sei auch von den deutschen Sicherheitsbehörden bestätigt worden.

Die Ausweisung der iranischen Diplomaten begrüßen MEK-Vertreter in Tirana. "Das ist ein mutiger und würdiger Schritt im Kampf gegen den Terrorismus und zum Schutz der nationalen Sicherheit Albaniens. Und er schützt iranische Dissidenten im Exil", sagt Saffari.

Die Folgen für die Sicherheit Albaniens

Die Aufnahme der Volksmudschahedin hat in den vergangenen Jahren immer wieder zu Spannungen zwischen Albanien und dem Iran geführt. Im Oktober 2019 etwa deckte die albanische Polizei eine vom Regime in Teheran gesteuerte terroristische Zelle auf. Ihr Ziel: Terrorangriffe gegen die MEK im Balkanland zu organisieren. Albaniens Polizei sieht in der Gruppe einen Teil der "Quds" (arabisch für Jerusalem) genannten Elitetruppe der iranischen Revolutionsgarden.

Albaniens Premierminister Edi Rama (r.) und NATO-Generalsektretär Jens Stoltenberg im Juni 2019 in Tirana.Bild: DW/A. Ruci

"Es gibt eine immer konkretere Bedrohung Albaniens durch das iranische Regime", sagt der albanische Sicherheitsexperte Redion Qiriazi, "vor allem durch einzelne Cyber- und terroristische Angriffe. Iran hat in dieser Hinsicht stabile und erprobte Kapazitäten. Diese Angriffe könnten auf albanischem Territorium geführt werden, aber auch in anderen Ländern, in denen albanische Soldaten Teil internationaler Truppen sind, besonders im Mittleren Osten oder Zentralasien", so Qiriazi zur Deutschen Welle.

Bedroht werden durch derartige Aktionen nicht nur Albanien, sondern der ganze Balkan, meint MEK-Berater Saffari: "In der langfristigen Strategie des Iran ist der Balkan das Einfallstor für islamischen Fundamentalismus und Terrorismus in Europa." Der amerikanische General Michael Barbero sagte bei einer Sicherheitskonferenz Anfang Januar in Tirana, Albanien müsse wachsam sein, weil jeder Alliierte der USA in den Fokus des Irans kommen könne. Er versicherte dem Land die Unterstützung durch USA und NATO: "Die Allianz wird auf jeden Angriff gegen eines ihrer Mitglieder reagieren".

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