Litauen wurde zuerst unabhängig, Kasachstan war die letzte Republik. Dem Zerfall des Sowjetimperiums 1991 ist nun eine reichlich bebilderte Ausstellung gewidmet. Eine Zeitreise mit vielen Höhen und Tiefen.
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Postsowjetische Lebenswelten in Bildern
Die kommunistische Sowjetunion zerfiel 1991 in 15 Staaten, die von Osteuropa über den Kaukasus bis nach Zentralasien reichen. Die Länder haben sich sehr unterschiedlich entwickelt.
Bild: Maschatin/EPA/picture-alliance/dpa
Michail Gorbatschow tritt zurück
Eine Familie in Moskau verfolgt die im TV übertragene Rede, in der Michail Gorbatschow am 25. Dezember 1991 seinen Rücktritt vom Amt des Staatspräsidenten erklärt. Mit seinem Glasnost (Transparenz) und Perestroika (Umstrukturierung) genannten Kurs hat der Reform-Kommunist seit 1985 den Wandel in seinem Land eingeleitet.
Bild: Sergei Kharpukhin/AP Photo/picture alliance
Georgien feiert Unabhängigkeit
Am 9. April 1991 feiern die Menschen in Georgiens Hauptstadt Tbilisi ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion, für die sich bei einer Volksabstimmung 98,9 Prozent ausgesprochen haben.
Bild: ITAR-TASS/EPA/picture-alliance/dpa
Mstislaw Rostropowitsch dirigiert
Der weltberühmte Cellist, Pianist und Komponist Mstislaw Rostropowitsch dirigiert am 29. September 1993 ein Konzert auf dem Roten Platz in Moskau. Die Sowjetunion hatte den Musiker wegen seines Engagements für Menschenrechte 1976 ausgebürgert.
Bild: Juri Abramotschkin/RIA Nowosti/picture-alliance
Luxuswohnungen hinter Zäunen
Im Südwesten Moskaus errichtet das russisch-amerikanische Joint Venture “Perestroika” im Sommer 1992 eine “Gated Community” für Geschäftsleute aus dem In- und Ausland. Für die meisten Menschen bleibt hingegen das Wohnen in Plattenbauten Normalität.
Bild: Alexey Ditjakyn/Sputnik/picture alliance
Moderne Architektur
Die Friedensbrücke über den Fluss Kura und das Musiktheater im Rike-Park im Zentrum der georgischen Hauptstadt Tbilisi sind von italienischen Architekten entworfen worden.
Bild: robertharding/picture alliance
Moderne Ausbeutung
Saisonarbeiter aus Usbekistan, die um ihren Lohn geprellt wurden, sitzen bei eisigen Temperaturen im Januar 2012 im Bezirk Kotelnikowo in der russischen Region Wolgograd fest.
Sowjetische Juden drängen sich 1990 in Moskau am Eingang der niederländischen Botschaft, die die diplomatische Vertretung Israels übernommen hat. Zuvor hatte die israelische Regierung der Einwanderung von 230.000 Juden aus der Sowjetunion zugestimmt.
Bild: Dominique Mollard/AP Photo/picture alliance
Russische Mafia in Spanien
Bei einer europaweit koordinierten Operation gegen die Organisierte Kriminalität werden im Juni 2005 in einer Villa 20 Kilometer südwestlich von Barcelona zahlreiche Mitglieder eines russischen Mafia-Clans verhaftet.
Bild: EPA/EFE/HO/picture-alliance/dpa
Krieg in Tschetschenien
Blick auf die fast völlig zerstörte Hauptstadt Grosny, nachdem russische Truppen im Dezember 1994 in die abtrünnige Kaukasus-Republik einmarschiert waren. Im März 1996 verkündete Präsident Boris Jelzin das Ende des Einsatzes.
Bild: Maschatin/EPA/picture-alliance/dpa
Schwulen-Parade in Kiew
Mehrere Tausend Menschen beteiligen sich im Juni 2019 unter massivem Polizeischutz in der ukrainischen Hauptstadt an der “Gay Pride Parade”. Homophobie und anderen Formen der Ausgrenzung und Bedrohung sind alltäglich.
Bild: NurPhoto/picture alliance
Religion und Politik
Orthodoxe Priester stellen sich im Januar 2014 in Kiew im vollen Ornat zwischen die pro-europäischen Demonstranten und die martialisch gerüstete Bereitschaftspolizei auf dem zentralen Platz Majdan Nesaleschnosti.
Bild: Sergei Grits/AP Photo/picture alliance
Umwelt-Katastrophe
Die frühere Hafenstadt Muinak lag bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts auf einer Halbinsel am südlichen Ende des Aralsees. Der einst viertgrößte See der Welt zwischen Usbekistan und Kasachstan ist auf zehn Prozent seiner ursprünglichen Größe geschrumpft.
Bild: Sadat/Xinhua/Photoshot/picture alliance
Wahlkampf in Belarus
Teilnehmerinnen einer Kundgebung halten im Juli 2020 Porträts der oppositionellen Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja und ihrer Mitstreiterinnen Veronika Zepkalo und Maria Kolesnikowa in die Höhe. Der seit 1994 zunehmend diktatorisch regierende Präsident Alexander Lukaschenko lässt Protest brutal unterdrücken.
Vertreter der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition Aserbaidschans erinnern 2015 am Grab Elmar Huseinows an das Schicksal des regierungskritischen Journalisten, der zehn Jahre zuvor erschossen worden war.
Bild: Aziz Karimov/Pacific Press/picture alliance
Obzöner Luxus
Werbung in Jekaterinburg für ein Luxus-Mobiltelefon, das 2008 sagenhafte 4.520.000 russische Rubel kosten soll. Das waren damals umgerechnet 126.000 Euro. Nach Jahrzehnten des Mangels können sich aber viele verarmte Menschen auch weniger teure Luxus-Artikel nicht leisten.
Bild: Matthias Toedt/picture-alliance/ZB
Singend nach Europa
Die Sängerin Ruslana aus der Ukraine gewinnt 2004 in Istanbul mit ihrem Lied "Wild Dance" den Eurovision Song Contest. Seit der Jahrtausendwende triumphieren sechsmal Musikerinnen und Musiker aus Nachfolgestaaten der Sowjetunion den jährlich stattfindenden Wettbewerb.
Bild: Ulrich Perrey/picture-alliance/dpa
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Das 70-jährige Jubiläum konnte die 1922 gegründete Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) nicht mehr zelebrieren. Zu stark war der Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit – im Baltikum, im Kaukasus, in Zentralasien. Zwischen März 1990 und Dezember 1991 entstanden 15 Staaten neu oder kehrten zu ihren Wurzeln zurück. Noch früher, am 9. November 1989, fiel die Berliner Mauer. Ein knappes Jahr später feierte das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Ost und West geteilte Deutschland dank der friedlichen Revolution in der DDR seine Wiedervereinigung.
Geburtshelfer und Totengräber: Michail Gorbatschow
Die Freiheitsbewegung in der Mitte und im Südosten Europas ließ das sowjetische Einflussgebiet und Teile des eigenen Imperiums von der politischen Landkarte verschwinden. Auslöser dieser Zeitenwende war der Reform-Kommunist Michail Gorbatschow, der seit 1985 als Kreml-Chef in Moskau mit Glasnost (Transparenz) und Perestroika (Umstrukturierung) einen neuen Kurs einschlug. Einen Kurs, an dessen Ende die Sowjetunion Geschichte ist. Aber auch 30 Jahre später sind die Spuren des Zerfalls dieser damals neben den USA zweiten Supermacht sichtbar und spürbar.
Gorbatschow und die Russen
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Das ungleich verteilte Erbe befeuert noch immer Hoffnungen und Träume, ist aber auch Ursache für Auseinandersetzungen und Kriege wie in der Ukraine. Von diesen Gegensätzen handelt die Foto-Ausstellung "Postsowjetische Lebenswelten", die ab Mitte September Open Air in Berlin zu sehen ist. Konzipiert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem auf Russland und Belarus spezialisierten Online-Portal dekoder.org. Ein Angebot für die internationale, grenzüberschreitende Bildungs- und Kulturarbeit, das in Plakat-Form weltweit und mehrsprachig bestellt werden kann: neben Deutsch und Russisch auf Englisch, Französisch und Spanisch.
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Den Blick über Russland und Moskau hinaus richten
Die 120 Motive, ergänzt durch kurze Texte und QR-Codes für Youtube-Videos, illustrieren die ganze Bandbreite des Alltags und der Gesellschaft: Plattenbauten und Popkultur, Religion und Personenkult, Krieg und Kriminalität, Armut und Luxus. Autor sowohl der Ausstellung als auch des im Metropol-Verlag erschienenen deutsch-englischen Begleitbandes ist der Osteuropa-Historiker Jan Behrends vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam (ZZF). Sein Credo im DW-Gespräch: "Man erlebt viele Überraschungen, wenn man den Blick von Russland und Moskau abwendet, was ja immer sehr im Fokus der deutschen Medien steht."
Zwar gebe es eine gemeinsame postkommunistische Erfahrung, aber tatsächlich sei Postkommunismus in Georgien ein ganz anderer als in Lettland, in Turkmenistan, in Russland oder in der Ukraine. Behrends erinnert beispielhaft an die Entwicklung im Südkaukasus, "wo schon ab 1991 die Gesellschaften in Krieg und Bürgerkrieg abrutschen". Also in dem Moment, als die Sowjetunion in ihre Einzelteile zerfällt.
Bilder im Kopf: Plattenbauten hier, Luxus dort
Ganz anders die Geschichte des Baltikums, wo eine Erfolgsgeschichte geschrieben werde: Beitritt zur Europäischen Union (EU) und in das nordatlantische Verteidigungsbündnis (NATO). In Estland, Lettland und Litauen entstehen stabile Demokratien. Wenn man heute nach Riga fahre, sei der Unterschied zu den skandinavischen Ländern auf der anderen Seite der Ostsee gar nicht mehr so groß, "dass es sofort ins Auge fällt", sagt Behrends.
Historiker Jan Behrends: "Man erlebt viele Überraschungen..."
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Den Titel seiner Ausstellung findet Behrends durchaus gewagt – denn was typisch postsowjetisch sei, könne man gar nicht so genau sagen. Man habe ein Bild im Kopf – Plattenbauten auf der einen Seite und ein Luxuslabel wie "Versace" auf der anderen. Wenn man aber genauer hinschaue, dann differenziere es sich doch sehr. "Und das soll Interesse daran wecken, sich vielleicht mal einzelne dieser 15 Staaten genauer anzuschauen." Durchaus auch im Vergleich zu Ostdeutschland, Polen oder Tschechien. Also Ländern und Landesteilen mit eigener Kommunismus- und Sozialismus-Vergangenheit.
30 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion registriert Behrends ein gestiegenes Interesse an dem Thema, vor allem wegen der "dramatischen politischen Situation". Der Osteuropa-Kenner verweist auf das System Putin, den Krieg in der Ukraine und die Freiheitsproteste in Belarus. "Das sind ja alles aktuelle Themen, die sich letztendlich aber nur verstehen lassen, wenn wir sie historisch erklären." Dazu soll die multimediale Ausstellung "Postsowjetische Lebenswelten" ihren Teil beitragen.