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Das Leben der Bäume

Wenn im Frühjahr die Blätter des Buchenwaldes "Heilige Hallen" sprießen, hat man das Gefühl, man stünde in einer großen, von Säulen getragenen Halle. Daher der Name des Waldes, der zu den ältesten in Deutschland gehört.

Ein Wald aus Buchenbäumen
Grün beruhigt die AugenBild: dpa

Die "Heiligen Hallen" bei Lüttenhagen in Mecklenburg-Vorpommern sind Deutschlands ältester Buchenwald mit über 350-jährigen Bäumen. Bereits vor 150 Jahren war Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz so beeindruckt von dem Baumbestand, dass er anordnete, den Wald "für alle Zeiten zu schonen".

Wie ein großer und leerer Raum, dessen Dach von starken Säulen getragen wird, wirkte der Wald von 25 Hektar mit seinen hohen und alten Bäumen, die in den Himmel ragten und dessen Stämme an gotische Kirchenbauten erinnerten. Die Natur hatte sich gewissermaßen einen eigenen Dom erschaffen mit dichten Laubkronen als Gewölbe.

Begehrtes Wandergebiet

Der Wald als begehrtes WandergebietBild: picture-alliance / ZB

Seit 1938 sind die "Heiligen Hallen" Naturschutzgebiet, das um einen 40 Hektar großen Schutzgürtel erweitert wurde. Ein begehrtes und viel besuchtes Wandergebiet, in dem der Naturfreund einen sehr urigen Wald mit dicken Bäumen, interessanten Wucherungen, reicher Tierwelt und Pilzen erlebt, wie ihn der Wirtschaftswald selten bietet.

Der Baumbestand ist in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) aus einer Naturverjüngung entstanden. Von Mitte des 18. Jahrhunderts an befand sich der Buchenbestand in der sogenannten Optimalphase der Entwicklung, die sich durch besonders gerade und hohe Bäume in großer Dichte ausgezeichnet hat. Seit 1950 sind die Heiligen Hallen Totalreservat: Es darf kein Totholz mehr entnommen werden. Der Eingriff des Menschen beschränkt sich auf die Pflege der Wege.

Biologische Altersgrenze

Heute befindet sich der Wald in einer Zerfalls- und Verjüngungsphase. Der Hallencharakter löst sich auf, viele der alten über 50 Meter hohen Buchenriesen beginnen abzusterben. Sie haben ihre biologische Altersgrenze erreicht und sind deshalb anfällig für Pilze und andere Schwächeparasiten. Die kranken Bäume werden vom Sturm gebrochen und geworfen, bleiben liegen und zersetzen sich. Die geschädigten Buchen hinterlassen Lücken im Bestand, durch die das Sonnenlicht bis auf den Waldboden gelangt. Dadurch erhalten die schon lange im Dunkel sitzenden Keimlinge bessere Wachstumsbedingungen. Es kann sich eine neue Baumgeneration heranbilden. Zum anderen bilden sich an den acht bis neun Meter hohen Hochstümpfen neue Kronen.

Kreislauf von Vergehen und Wachsen

Forstamtsleiter Frank Hartzsch in den "Heiligen Hallen" (Archiv)Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Durch diesen Kreislauf von Vergehen und Wachsen haben die Heiligen Hallen Zukunft. Die meterdicken Stämme sind ein Refugium für äußerst seltene Pilze wie Igel-, Korallen- und Dorniger Stachelbart, Buchenschleimrübling und Wolliger Scheibling. Auch Insekten wie Bockkäfer, Kopfhornschröter und Holzwespen wirken im Zersetzungsprozess mit und schaffen damit die Grundlagen für neues Leben. So werden im Laufe von Jahrzehnten die toten Bäume in Humus verwandelt.

Entdeckungen für Kinder

Auch die Tierwelt wird nicht durch Forstarbeiten aufgeschreckt: Rot- und Damwild, Wildschweine, Waldfledermäuse wie das Große Mausohr oder der Abendsegler, Hohltauben oder alle fünf Spechtarten teilen sich einträchtig die Heiligen Hallen. Im "Waldmuseum Lüttenhagen" gehen vor allem Kinder gern auf Entdeckungsreise und erfahren Wissenswertes über den Wald, seine tierischen und pflanzlichen Bewohner sowie die Zusammenhänge des Ökosystems. Das "Lütt Holthus" ist ein Museum zum Anfassen, Sehen und Riechen, regt spielerisch zum Nachdenken über das "Kraftwerk Wald" an. Ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen zu den Heiligen Hallen. (pg/gri/kna)

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