Das Libanon-Projekt
29. Januar 2015Sein Rücken ist mit Narben übersät, seine Gliedmaßen verkrüppelt. Karim kann nicht sprechen, nicht gehen, nicht alleine essen. Karim war ca. 14 Jahre alt, als er in einem Heim für Behinderte in Beirut abgegeben wurde. Seine Nachbarn hatten Schreie gehört und den Jungen eingesperrt in einer Kiste gefunden. Karims Schicksal ist kein Einzelfall im Libanon.
„In einem Land, das am Boden liegt und versucht, sich wieder zu berappeln, sind natürlich die Behinderten die Letzten, an die man denkt.“ Der 19-jährige Abiturient Franziskus von Heereman kommt 1997 das erste Mal in den vom Bürgerkrieg gezeichneten Libanon und ist entsetzt von der Situation der Behinderten und den Zuständen in den für sie betriebenen Einrichtungen. Die Heime sind schlecht ausgestattet und es gibt nicht genügend Personal. Die wenigen Schwestern können die Patienten geradeso mit dem Nötigsten versorgen, an eine Betreuung, geschweige denn Förderung, ist nicht zu denken. Viele Heimbewohner sind angebunden, stecken in Zwangsjacken oder sind mit Medikamenten ruhig gestellt. Was von Heereman am meisten schockiert, ist die Einsamkeit der Heimbewohner. Zusammen mit einem befreundeten libanesischen Priester entwickelt er die Idee zu einem Sommercamp für die Behinderten.
Ein Jahr später kehrt er mit Unterstützung des deutschen Malteserordens und in Begleitung von 27 Freiwilligen zurück in den Libanon. Der Plan: In einem in den libanesischen Bergen gelegenen Camp wollen sie den Menschen, die unter zumeist erbärmlichen Umständen in den Heimen leben, einen unvergesslichen, wenn auch auf wenige Tage beschränkten, Urlaub ermöglichen. Während dieser Zeit soll sich jeweils ein Betreuer rund um die Uhr um einen Behinderten kümmern.
Tatsächlich erweist sich die Idee, die Behinderten mit all ihren Wünschen ernst zu nehmen und zu versuchen, eine Freundschaft mit ihnen aufzubauen, als bestechend. Jeden Sommer fahren seit 1998 rund 150 Heimbewohner aller Altersgruppen ins Camp - und die Freiwilligen des Libanon-Projekts kommen längst nicht mehr nur aus Deutschland. Besonders im krisengeschüttelten Libanon findet das Projekt großen Anklang. Inzwischen veranstalten libanesische Schüler und Studenten selbst Camps für ihre Behinderten. Zudem wird in den Bergen östlich von Beirut noch in 2015 ein komplett renovierter Gebäudekomplex eröffnet, der in Zukunft als Feriendomizil für die Behinderten dienen soll.
„Dadurch, dass der Funke auf die libanesischen Jugendlichen übergesprungen ist, ist die Sache natürlich auch wieder viel weiter verwurzelt im Alltag unserer Gäste. Man merkt das in den Heimen. Man merkt es in der Weise, wie die Pfleger selber auf ihre Kranken gucken.“ Von Heereman will den Erfolg des Libanon-Projekts nicht überbewerten, doch manchmal ist er selbst überrascht von der Entwicklung dessen, was er als 19-jähriger Abiturient angestoßen hatte.
Der Film von Hans Christian Ostermann begleitet den Anfang und das Ende eines vierwöchigen Sommercamps. Im Mittelpunkt stehen dabei die Volontäre und deren Gäste, die Behinderten aus den Heimen in Beirut. Es geht um die besonderen Herausforderungen für alle Teilnehmer, um die Krisen und die Höhepunkte dieses außergewöhnlichen Projekts.
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